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Sprache und Geist
Buch

Sprache und Geist

New York, 1968
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 1973 Mehr

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Literatur­klassiker

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Worum es geht

Auf der Spur der Universalgrammatik

Wenn Kinder eine Sprache lernen, ist man immer wieder verblüfft: Mit großer Leichtigkeit eignen sie sich Wortschatz und Grammatik an – wenn es sein muss, sogar von verschiedenen Sprachen. Dieser Prozess wurde viele tausend Male beobachtet, aber die Wissenschaft konnte sich lange Zeit nicht erklären, wie genau das Sprachlernen vor sich geht. In der Mitte des 20. Jahrhunderts waren sich namhafte Sprachwissenschaftler darüber einig, dass kleine Kinder nur imitieren, was sie von den Erwachsenen vorgesprochen bekommen. Dieser Theorie konnte Noam Chomsky nicht zustimmen. Seine Forschungen wiesen in eine ganz andere Richtung. Weil sich jeder Satz auf unterschiedliche Weisen sagen lässt (die Aussage „John liebt Mary“ kann z. B. in „Mary wird von John geliebt“ umformuliert werden) und Menschen auch Sätze verstehen können, die sie nie zuvor gehört haben, vermutete Chomsky eine Universalgrammatik, die jeder konkreten Sprache zugrunde liegt: Die generative Grammatik war geboren. Bis heute hat Chomsky mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht und sich damit in die Annalen der Linguistik eingeschrieben. Sprache und Geist vereint drei Vorlesungen, die sich mit den Hauptelementen seiner Theorie befassen und nebenbei eine Geschichte und eine Zukunftsvision der Linguistik liefern.

Zusammenfassung

Absage an den Behaviorismus

Das Studium der Sprache war und ist geeignet dazu, die menschliche Natur allgemein zu erforschen und zu versuchen, sie zu verstehen. Im 19. und 20. Jahrhundert war eine Tendenz erkennbar, die künstlichen Trennungen zwischen den Einzeldisziplinen Psychologie, Philosophie und Linguistik aufzuheben. Doch nach dem Krieg wurden strukturelle Modelle der Sprache kaum noch entwickelt, denn man verließ sich auf das behavioristische Modell der Sprachkompetenz. Man wartete auf den Computer, der die schiere Masse von Sprechanalysen entwirren und die dahinterliegenden Systeme freilegen würde. Doch inzwischen hat sich herausgestellt, dass diese Methode gänzlich falsch war. Statt auf ein Schema von Reiz und Reaktion zu setzen, wie es die Behavioristen tun, müssen wir ein kognitives System annehmen, das die Sprachkompetenz eines Sprechers darstellt, und zwar unabhängig von seinen konkreten Sprachäußerungen. Sprachkompetenz besitzt der Mensch von Kindesbeinen an; sie ist es, die dem jeweils unterschiedlichen Sprechverhalten der Menschen zugrunde liegt. Die Erforschung der konkreten Sprachphänomene führt nicht dazu, die darunterliegenden Strukturen der Sprachkompetenz...

Über den Autor

Noam Chomsky wird am 7. Dezember 1928 in Philadelphia (Pennsylvania) geboren. Er besucht dort die High School und studiert anschließend an der University of Pennsylvania, wo er 1955, nach einem Harvard-Stipendium, seine Promotion abschließt. In seiner Doktorarbeit legt er den Grundstein zu seiner späteren Veröffentlichung Syntactic Structures (Strukturen der Syntax, 1957). Nach der Promotion ist er zunächst Assistenzprofessor für Moderne Sprachen und Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT). 1961 wird er Professor und ab 1966 ist er am selben Institut Inhaber des Ferrari-Ward-Lehrstuhls für Moderne Sprachen und Linguistik. Chomskys wissenschaftliches Projekt ist die Erforschung einer Universalgrammatik, die für alle Sprachen der Welt gilt. In den 50er Jahren entwickelt er die generative Transformationsgrammatik, ein Meilenstein in der Geschichte der Linguistik. Zu seinen wichtigsten sprachwissenschaftlichen Veröffentlichungen gehören Language and Mind (Sprache und Geist, 1968) und Reflections on Language (Reflexionen über die Sprache, 1975). Mitte der 60er Jahre tritt Chomsky, der sich selbst als Anarchist bezeichnet, verstärkt mit politischen Vorträgen und Publikationen an die Öffentlichkeit. Er ist ein Gegner des Vietnamkriegs und prangert die US-Politik (samt einiger militärischer Interventionen) in Kuba, Haiti, Osttimor, Nicaragua, Palästina, im Irak und im Kosovo an. Bis heute äußert er sich kritisch zur US-Außenpolitik und zur Macht der Medien. Auch nach dem Attentat auf das World Trade Center in New York 2001 meldet sich der streitbare Professor zu Wort und erntet mit seiner in den Augen vieler als antiamerikanisch aufgefassten Haltung auch Widerspruch. Chomsky gilt als einer der Vordenker der Globalisierungskritik. Er hat mehrere Auszeichnungen erhalten und ist unbestreitbar einer der wichtigsten Intellektuellen Amerikas.


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