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Utilitarismus
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Utilitarismus

London, 1861
Diese Ausgabe: Meiner, 2006 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Viktorianische Ära

Worum es geht

Gemeinwohl als Glück jedes Einzelnen

Reines Nutzendenken schädigt das Gemeinwohl? Wer nur das eigene Glück im Kopf hat, ist ein Egoist? Eine Moral, die nach Lust strebt, ist verdorben? Ganz im Gegenteil, behauptet John Stuart Mill in seiner leidenschaftlichen Verteidigungsschrift des Utilitarismus. Alle Menschen streben nach Glück, das ist eine empirisch zu beobachtende Tatsache. Die Utilitaristen zogen daraus zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Schluss: Was Lust bringt, ist moralisch richtig, was Schmerz verursacht, dagegen falsch. Um verbreitete Einwände gegen diese ethische Haltung zu kontern, trennt Mill sinnliche, rein körperliche Lust von intellektuellen Vergnügen, denen er einen höheren Wert beimisst. Wahres Glück, das über den Augenblick hinausreicht, kann demnach nur erlangen, wer sich geistig betätigt und sich fürs Gemeinwohl einsetzt. Mills Denken ist nicht akademisch abgehoben, sondern eine sehr praktische Philosophie, die im angloamerikanischen Raum bis heute zu den einflussreichsten, aber auch umstrittensten Theorien zählt.

Zusammenfassung

Das alte Problem der Moralphilosophie

Seit über 2000 Jahren beschäftigt sich die Philosophie mit dem Problem der moralischen Grundlagen. Viele Schulen und Parteien haben sich gebildet, und doch ist man in der Frage, was der Maßstab für Richtig und Falsch sei, seit Platon keinen Schritt weitergekommen. In einem Punkt allerdings sind sich die ernst zu nehmenden Denker aller Schulen einig: Moralische Urteilskraft ist keine Fähigkeit der Sinneswahrnehmung wie etwa Sehen oder Hören, sondern Teil der Vernunft. Wir besitzen abstrakte moralische Prinzipien, die wir jeweils auf den konkreten Fall anwenden. Woher diese Prinzipien allerdings stammen und auf welche grundlegende Maxime sie sich zurückführen lassen, ist bis heute nicht geklärt. Zwar hat Immanuel Kant als Ursprung moralischer Verpflichtung ein universelles erstes Prinzip aufgestellt, das lautet: „Handle so, dass die Maxime deiner Handlung von allen vernünftigen Wesen als ein allgemeines Gesetz angenommen werden kann.“ Sobald er aber konkrete moralische Pflichten daraus ableiten soll, versagte er. Die Menschen würden, seinem Prinzip gemäß, auch die unmoralischsten Regeln annehmen; nur die Folgen wolle niemand tragen.

Über den Autor

John Stuart Mill wird am 20. Mai 1806 als ältestes von neun Kindern in London geboren. Sein Vater, der Theologe und Ökonom James Mill, sieht in der Bildung seines hochbegabten Sohnes einen „Wettstreit zur Schaffung eines Genies“. Als guter Freund des Philosophen Jeremy Bentham erzieht er ihn konsequent im Geist des Utilitarismus. Bereits mit drei Jahren erhält John Stuart Mill altsprachlichen Unterricht, er liest schon früh die Klassiker der Philosophie und absolviert mit 13 einen kompletten Kurs in Ökonomie. Der berühmte Ökonom David Ricardo, ebenfalls ein Freund des Vaters, lädt den Jugendlichen zu Spaziergängen ein, auf denen über Wirtschaftspolitik diskutiert wird. Mit 14 reist Mill nach Montpellier, wo er Chemie, Zoologie, Mathematik, Logik und Metaphysik studiert. Er wohnt bei Benthams Bruder Samuel; erstmals in seinem Leben hat er hier Gelegenheit, Freundschaften mit Gleichaltrigen zu pflegen. Nach seiner Rückkehr nach England erhält Mill auf Betreiben des Vaters 1823 eine gut bezahlte Stelle bei der Ostindien-Kompanie, die es ihm erlaubt, gleichzeitig seinen literarischen Interessen nachzugehen. Ende der 1820er Jahre leidet Mill an einer schweren Depression. Sie bringt ihn dazu, seine Vorstellung vom Glück und seine Ansichten zum Utilitarismus grundsätzlich zu überdenken. Er verschlingt die zeitgenössische Literatur; Goethe und Auguste Comte, der Begründer der Soziologie, prägen sein Denken. Großen Einfluss auf sein Werk übt auch die Feministin Harriet Taylor aus, die er nach dem Tod ihres Ehemanns 1851 heiratet. Neben seinen Tätigkeiten als Angestellter und als Herausgeber der radikal liberalen Zeitschrift London Review arbeitet Mill unermüdlich an seinen Essays und Schriften. In rascher Folge veröffentlicht er Bücher, darunter die Principles of Political Economy (Grundsätze der politischen Ökonomie, 1848) und das berühmte On Liberty (Über die Freiheit, 1859). Nach der Schließung der Ostindien-Kompanie lässt er sich 1858 in Frankreich nieder, kehrt aber ein paar Jahre später vorübergehend in seine Heimat zurück. Als Mitglied des Unterhauses setzt er sich für das Frauenwahlrecht und gegen die Todesstrafe ein. Er stirbt in Avignon am 8. Mai 1873.


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