Zum Inhalt springen
Zur Ausgabe
Artikel 1 / 18

Narzissmus in deutschen Führungsetagen Die Jungbullen kommen

Narzissten in Unternehmen – das sind doch Führungskräfte vom alten Schlag, oder? Falsch. Die größte Studie zum Thema weltweit zeigt, dass junge Menschen heute narzisstischer sind als frühere Generationen. Spätestens bei der Besetzung von Führungspositionen wird das zum Problem. Was können Unternehmen tun?
aus Harvard Business manager 5/2021
Für seine Fotoserie "success is just a smile away" hat der Berliner Konzeptkünstler Andy Kassier ein ironisch gemeintes Alter Ego erschaffen, das er seit 2013 in unzähligen Selbstporträts auf Instagram inszeniert. Mit seinen Bildern erzählt er die Geschichte eines von Geld, Erfolg und äußerem Glanz angetriebenen Selfmademan – ein beliebtes Narrativ der spätkapitalistischen Gesellschaft.

Für seine Fotoserie "success is just a smile away" hat der Berliner Konzeptkünstler Andy Kassier ein ironisch gemeintes Alter Ego erschaffen, das er seit 2013 in unzähligen Selbstporträts auf Instagram inszeniert. Mit seinen Bildern erzählt er die Geschichte eines von Geld, Erfolg und äußerem Glanz angetriebenen Selfmademan – ein beliebtes Narrativ der spätkapitalistischen Gesellschaft.

Foto: Andy Kassier; white horse, 2017

Sie können den Artikel leider nicht mehr aufrufen. Der Link, der Ihnen geschickt wurde, ist entweder älter als 30 Tage oder der Artikel wurde bereits 10 Mal geöffnet.

Tina Dreimann erinnert sich gut an den Anfang vom Ende ihrer Konzernkarriere. Als Talent sollte sie in einem Training für weibliche Nachwuchsführungskräfte gefördert werden. Das Programm sah vor, dass sie lernen sollte, bestimmter und aggressiver zu kommunizieren. Sie sollte Statussymbole künftig gezielt einsetzen.

"Die unterschwellige Botschaft war unmissverständlich: Wenn ihr nach oben wollt, müsst ihr euch das Verhalten der klassisch männlichen Alpha-Leader aneignen", sagt Dreimann. "Es hat mich erschüttert, meine eigenen Werte so verraten zu müssen, um Erfolg zu haben." Ihr war der Preis einer derartigen Karriere zu hoch. Sie orientierte sich im Start-up-Umfeld und gründete zuletzt mit zwei Partnern den Frühphaseninvestor Better Ventures.

Unternehmen haben ein Problem. Das wurde uns klar, als wir knapp 10.000 Deutsche daraufhin untersuchten, wie ausgeprägt ihr Narzissmus ist. Die Studie bestätigt: Narzissmus ist in Führungsetagen weit verbreitet, viel weiter als in der Gesamtbevölkerung. Und diese Tendenz hat mit New Work und anderen modernen Managementmethoden keineswegs abgenommen. Viele Unternehmen dulden Narzissten und belohnen narzisstische Verhaltensweisen. Sie vermitteln weiterhin falsche Ideale und schaffen damit ein toxisches Arbeitsklima – mit verheerenden Folgen.

Autoren

Marcus Heidbrink ist Organisationspsychologe und Mitgründer des People-Analytics-Anbieters Zortify. Er unterstützt Aufsichtsräte und Inhaber bei der Analyse von C-Level-Kandidaten und der Besetzung von Positionen für das Topmanagement.

Victoria Berg ist Wirtschaftsingenieurin und forscht zu erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeiten. Als ausgebildeter Systemischer Coach und Beraterin unterstützt sie Führungskräfte bei der Karriere- und Persönlichkeitsentwicklung.

Florian Feltes ist Professor für Digital Leadership und HR an der XU Exponential University in Potsdam sowie Mitgründer von Zortify. In seiner Forschung und Lehre beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit New Work und Erfolgsfaktoren von Gründer- und Innovationsteams.

Besonders erschreckend war für uns eine weitere Erkenntnis: Narzissmus nimmt in der jüngeren Generation enorm zu, und zwar sehr viel stärker, als wir es vermutet hatten. Junge Menschen weisen die höchsten narzisstischen Werte aller Altersgruppen auf, höher als die Generationen vor ihnen. Der Trend betrifft Männer und Frauen.

Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass es unter Bewerbern, Mitarbeitern und Managern künftig eher mehr als weniger Narzisstinnen und Narzissten geben wird. Sie müssen handeln und ihre Instrumente zur Auswahl, Einstellung und Entwicklung von Führungskräften überarbeiten.

Größte Studie weltweit

Testen Sie sich selbst: Sind Sie ein Narzisst?

In Zusammenarbeit mit dem People-Analytics-Unternehmen Zortify bietet der Harvard Business manager allen Leserinnen und Lesern einen kostenlosen Selbsttest an. Haben Sie einfach nur gesundes Selbstvertrauen, oder zeigen sich da schon narzisstische Züge? Ihr KI-gestützter Report zeigt, wie stark Ihre "dunkle Triade" aus Narzissmus, Machiavellismus und subklinischer Psychopathie ausgeprägt ist. Vergleichen Sie sich außerdem mit den Benchmarks für europäische Führungskräfte aller Altersklassen und erfahren Sie, wie Sie mit der dunklen Seite Ihrer Kollegen umgehen.

Zum Test

Unsere Studie ist nach unseren Recherchen die bislang größte empirische Einzelstudie über Narzissmus weltweit. Dabei befragten wir zwischen Mai und November 2020 genau 9918 Personen in Deutschland, darunter 2510 Führungskräfte. Um die Auswirkungen narzisstischen Verhaltens von Führungskräften greifbarer zu machen, führten wir neben der quantitativen Studie 34 qualitative Tiefeninterviews mit exponierten Topführungskräften aus deutschen Unternehmen durch. Alle Befragten – 100 Prozent – hatten in ihrer eigenen Karriere unmittelbare, negative Erfahrungen mit Narzissten gemacht. Sie waren überzeugt, dass Narzissmus auf Führungsebene zerstörerische Auswirkungen auf Unternehmen hat. Die Namen unserer Interviewpartner nennen wir in diesem Artikel nicht, da viele negative Konsequenzen und Rachsucht ehemaliger und aktueller Vorgesetzter mit narzisstischer Persönlichkeit fürchten.

Wie Narzissmus schadet

Narzissten handeln rücksichtslos, verfolgen ihre eigenen Ziele, sind manipulativ und gefährden das Unternehmen (siehe dazu den Kasten "So handeln narzisstische Manager"). Weltweit beträgt der Verlust, den Unternehmen 2019 aufgrund betrügerischer Aktivitäten vorzuweisen hatten, 42 Milliarden US-Dollar. Diese Schäden gehen zwar nicht ausschließlich auf narzisstische Führungskräfte zurück, doch spielen diese eine gewichtige Rolle.

Kompakt

Die Situation
Narzissmus ist ein virales Problem unserer Zeit. Vor allem in Führungsetagen ist es weitverbreitet. Der Preis für dieses Verhalten ist hoch: Es geht auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und letztlich des gesamten Unternehmens.

Die Studie
Erstaunliche Erkenntnisse zum Thema Narzissmus hat eine Studie unter 9918 Deutschen, darunter 2510 Führungskräfte, ans Licht gebracht. Vor allem die hohen Narzissmuswerte in der jüngeren Bevölkerung überraschten die Wissenschaftler. Zudem fanden sie heraus, dass Frauen im Management kaum weniger narzisstisch sind als ihre männlichen Kollegen.

Die Lösung
Unternehmen stehen diesem Problem keineswegs hilflos gegenüber. So zeigen Fallbeispiele von A. Lange & Söhne, Mitsubishi Electric Europe und der Deutschen Lufthansa, wie sich Narzissten schon im Recruitingprozess aussortieren lassen – oder wie ihre toxischen Tendenzen durch Feedback und Selbstreflexion im Zaum gehalten werden können.

Harvard Business manager plus

Jetzt weiterlesen. Mit dem passenden manager Abo.

Einen Monat für € 0,99 testen. Jederzeit kündbar.

Ihre Vorteile:

  • manager magazin+ und Harvard Business manager+ im Paket
  • Alle Inhalte von m+ und HBm+ auf der Seite manager-magazin.de und in der manager-Nachrichten-App
  • Der Inhalt der gedruckten Magazine inkl. E-Paper (PDF)
Jetzt für € 0,99 testen

Ihre Vorteile:

  • Alle Inhalte von HBm+ auf der Seite manager-magazin.de und in der manager-Nachrichten-App
  • Einmal anmelden und auf allen Geräten nutzen
  • Der Inhalt des gedruckten Magazins inkl. E-Paper (PDF)
Jetzt für € 0,99 testen

Sie sind bereits Digital-Abonnentin oder -Abonnent? Hier anmelden

Weiterlesen mit manager+

Immer einen Einblick voraus

Ihre Vorteile mit manager+

  • manager magazin+

    in der App

  • Harvard Business manager+

    in der App

  • Das manager magazin und den Harvard Business manager lesen

    als E-Paper in der App

  • Alle Artikel in der manager-App

    für nur € 24,99 pro Monat

Sie haben bereits ein Digital-Abonnement?

manager+ wird über Ihren iTunes-Account abgewickelt und mit Kaufbestätigung bezahlt. 24 Stunden vor Ablauf verlängert sich das Abo automatisch um einen Monat zum Preis von zurzeit 24,99€. In den Einstellungen Ihres iTunes-Accounts können Sie das Abo jederzeit kündigen. Um manager+ außerhalb dieser App zu nutzen, müssen Sie das Abo direkt nach dem Kauf mit einem manager-ID-Konto verknüpfen. Mit dem Kauf akzeptieren Sie unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärung .

Zur Ausgabe
Artikel 1 / 18