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Das Treibhaus
Buch

Das Treibhaus

Stuttgart, 1953
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2010 more...

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Ein politisches Buch?

Der Stoff des Romans Das Treibhaus ist durchaus politisch: eine Nahaufnahme des Bonner Politzirkus aus der Frühphase der BRD, kurz nach dem Krieg. Es war eine Zeit, in der selbst das Unpolitischsein politisch war; trat doch eine ganze Nation, geschichtsmüde und schuldbeladen, die kollektive Flucht ins Private an. In dieser „Weigerung, sich dem tatsächlich Geschehenen zu stellen“, wie es die Philosophin Hanna Arendt nannte, lag ein himmelschreiender Skandal. Ihm verlieh Koeppen in seinem Roman Ausdruck. Insofern ist Das Treibhaus ein politisches Buch – manche sagen, ein verfehltes, und werfen Koeppen vor, sich geirrt zu haben, wenn er in der Bonner Republik die nahtlose Fortsetzung des Dritten Reiches sah. Mit seiner Desillusionierung und existenziellen Krise langte Koeppen bei einem alles überschattenden Pessimismus an. In der Darstellung dieser Krise ist Das Treibhaus ein unpolitisches Buch – und als solches ein gutes.

Zusammenfassung

Der Abgeordnete

Der Politiker Felix Keetenheuve ist im Zug nach Bonn unterwegs. Er kommt von der Beerdigung seiner Frau Elke. Als Abgeordneter sitzt er für eine Oppositionspartei im Bundestag. Keetenheuve ist kein typischer Vertreter seiner Zunft. Er hat sich den Idealismus seiner Jugend bewahrt, hat den Glauben an Veränderung, an die Kraft der Erkenntnis und an die Möglichkeit und Notwendigkeit moralischen Handelns nie aufgegeben. Entsprechend fremd sind ihm die meisten seiner Kollegen, die er für zynische Opportunisten hält. Im Bonner Politikbetrieb der Nachkriegszeit sieht Keetenheuve eine mehr schlecht als recht kaschierte Fortsetzung des Dritten Reiches. Das Gefühl der Fremdheit beruht auf Gegenseitigkeit: Selbst Keetenheuves Parteigenossen begegnen ihm mit Misstrauen oder schlicht Verachtung, und auch das Wahlvolk will mit dem stillen, grüblerischen Schöngeist nicht richtig warm werden. Dass er dennoch in eine relativ einflussreiche Position gelangt ist, verdankt Keetenheuve eher glücklichen Umständen als eigenem Zutun. Vor dem Krieg war er Journalist. Nach der Machtergreifung der Nazis entschied er sich für das Exil...

Über den Autor

Wolfgang Koeppen wird am 23. Juni 1906 als uneheliches Kind in Greifswald geboren. Der Vater erkennt den Sohn nie an, deshalb verbringt dieser seine Kindheit nur in der Obhut der Mutter, zunächst in Ortelsburg in Ostpreußen. Mit 13 Jahren kehrt er nach Greifswald zurück. Um Geld zu sparen, muss der ehemalige Gymnasiast die Mittelschule besuchen, die er ohne Abschluss verlässt. 1919 beginnt er eine Buchhändlerlehre und hört Vorlesungen an verschiedenen Universitäten, vor allem in den Fächern Theaterwissenschaft und Literaturgeschichte. Stationen als Dramaturg in Würzburg (1926) und Feuilletonredakteur beim Berliner Börsen-Courier folgen. Neben Theater-, Film- und Literaturkritiken entstehen auch erste literarische Arbeiten. Ende 1933 muss Koeppen seinen Redakteursposten aufgeben. Er reist nach Italien und siedelt ein Jahr später in die Niederlande über. Zuvor erscheint sein erster Roman Eine unglückliche Liebe (1934) und ein Jahr später Die Mauer schwankt. 1938 kehrt Koeppen nach Deutschland zurück, weil er sich im Ausland keine Existenzgrundlage hat schaffen können. In Berlin schreibt er Drehbücher für die UFA, zieht dann in die Nähe des Starnberger Sees und nach München um, wo er unter anderem für Bavaria-Film arbeitet. Von 1951 bis 1954 erscheinen seine drei Romane Tauben im Gras, Das Treibhaus und Der Tod in Rom, die als „Trilogie des Scheiterns“ den Autor in der literarischen Welt bekannt machen. Koeppen schreibt in der Folge, gefördert durch den als Kulturredakteur beim Süddeutschen Rundfunk arbeitenden Alfred Andersch, vermehrt Reiseliteratur: Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre veröffentlicht er nach längeren Reisen Berichte über Russland, die USA und Frankreich. 1962 wird Koeppen der Büchner-Preis verliehen. Der Autor schreibt nur noch wenig, erst 1971 wagt er sich an den Prosaband Romanisches Café und 1976 an den autobiografischen Roman Jugend. Koeppen, von der Kritik oft als großer Schweiger der deutschen Literatur bezeichnet, veröffentlicht bis zu seinem Tod vor allem kleinere Schriften, Erzählungen und weitere Reiseberichte. Er stirbt am 15. März 1996 in München.


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