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Vita activa
Buch

Vita activa

oder Vom tätigen Leben

Chicago, 1958
Diese Ausgabe: Piper, 2002 more...

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Verherrlichung der Arbeit

Was tun wir eigentlich, wenn wir tätig sind? Wie kommt es, dass Arbeit – in der Antike noch verachtet und bevorzugt Sklaven überlassen – in unserer modernen Gesellschaft zur höchsten Tätigkeit aufsteigen konnte? Das sind die Fragen, die im Mittelpunkt von Hannah Arendts 1958 erschienenem Buch Vita activa oder Vom tätigen Leben stehen. Arendt kritisiert die neuzeitliche Tendenz, Arbeit zu verherrlichen, politisches Handeln dagegen als sinnlos und überflüssig zu betrachten. Die Konsequenz einer solchen Haltung ist, dass der Mensch nicht mehr in seiner Welt beheimatet ist, der technischen Entwicklung nicht folgen kann und sich willenlos in den ewigen Kreislauf von Arbeiten und Konsumieren einfügt. Doch Arendt zeichnet die Situation nicht als ausweglos. Im gemeinsamen, öffentlichen Handeln erkennt sie die Chance des Menschen, seine Entfremdung von der Welt zu überwinden. Statt sich in private Hobbys oder Konsum zu flüchten, müsse er politisch aktiv werden und immer wieder einen Neuanfang setzen. Mitunter wirkt das Buch wie elitäre Kulturkritik. Doch Arendts scharfe Analyse der „Jobholdergesellschaft“, in der das Individuum funktionieren muss, um sich zu erhalten, ist bis heute hochaktuell.

Zusammenfassung

Die Zerstörung des öffentlichen und des privaten Raums

Zur Zeit des Sokrates und des antiken Stadtstaates hatte der Begriff der Vita activa noch eine politische Bedeutung. Bereits Platon und Aristoteles, besonders aber das christliche Mittelalter mit seinem Glauben an ein Leben nach dem Tod, werteten Tätigkeiten jeder Art, auch politisches Handeln und Denken, gegenüber Ruhe und einer kontemplativen Lebensweise ab. Das in antiken Religionen verankerte Streben nach Unsterblichkeit durch herausragende Leistungen galt im christlichen Denken als eitel und überflüssig. Politisch aktiv zu sein, bedeutete in der antiken Polis: reden und handeln. Alles Politische wurde mit Worten geregelt, nicht mit Zwang und Gewalt. Der Bereich des Politischen, in dem die Bürger frei und gleich waren, war von demjenigen des Familienhaushalts streng geschieden, wo die Notwendigkeit, das Überleben zu sichern, Gewalt und Zwangsherrschaft durch das Familienoberhaupt rechtfertigte. Die Polis beruhte auf Freiheit und Pluralität der Bürger, der Haushalt auf Unterordnung.

In der Neuzeit verschwand die Kluft zwischen Polis und Haushalt, zwischen öffentlicher und privater Sphäre. Mit der Ausbreitung...

Über die Autorin

Hannah Arendt wird am 14. Oktober 1906 in Linden bei Hannover geboren. Ihre Eltern sind assimilierte Juden. Nach dem Abitur studiert sie 1924 in Marburg Philosophie bei Martin Heidegger, mit dem sie eine Liebesbeziehung eingeht. Die Affäre zwischen dem 35-jähigen, verheirateten Professor und seiner 18-jährigen Studentin endet mit Arendts Umzug nach Heidelberg, wo sie 1928 bei Karl Jaspers mit einer Arbeit über den Liebesbegriff bei Augustinus promoviert wird. Ein Jahr später zieht sie nach Berlin und heiratet den Philosophen Günter Anders. Nach kurzer Inhaftierung 1933 flieht Hannah Arendt aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Paris. Dort arbeitet sie bei zionistischen Organisationen als Sozialarbeiterin. Sie entkommt nach mehrwöchiger Internierung dem südfranzösischen Lager Gurs und emigriert 1941 mit ihrem zweiten Ehemann Heinrich Blücher – die erste Ehe wurde 1937 geschieden – und ihrer Mutter in die USA. In New York ist Arendt zunächst als Publizistin für die deutschjüdische Wochenzeitschrift Aufbau tätig. Nach einem Zwischenspiel als Lektorin im jüdischen Schocken-Verlag wird sie 1948 Direktorin der Jewish Cultural Reconstruction Corporation, einer Organisation zur Rettung jüdischen Kulturguts. Mit ihrem Werk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (The Origins of Totalitarianism, 1951), das die strukturelle Ähnlichkeit von Faschismus und Stalinismus untersucht, festigt sie ihren Ruf als herausragende Politikwissenschaftlerin. 1953 erhält Arendt, inzwischen amerikanische Staatsbürgerin, eine Professur am Brooklyn College in New York. 1958 erscheint ihr philosophisches Hauptwerk Vita activa oder Vom tätigen Leben (The Human Condition). Als Reporterin für den New Yorker beobachtet sie 1961 in Jerusalem den Prozess gegen den Naziverbrecher Adolf Eichmann. Aus ihren Reportagen geht das Buch Eichmann in Jerusalem (1963) hervor, das kontrovers diskutiert wird. In den folgenden Jahren ist Arendt vor allem essayistisch tätig und erhält viele Preise, darunter 1967 den renommierten Sigmund-Freud-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Hannah Arendt stirbt am 4. Dezember 1975 in New York an einem Herzinfarkt.


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