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Siddhartha

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Siddhartha

Eine indische Dichtung

Suhrkamp,

15 mins. de lectura
12 ideas fundamentales
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¿De qué se trata?

Hermann Hesses beliebtestes Buch ist eine literarisch-spirituelle Reise: die Suche des Brahmanensohnes Siddhartha nach Sinn und Wert des Lebens.


Literatur­klassiker

  • Bildungsroman
  • Moderne

Worum es geht

Ein indischer Lebenslauf

Der Zusammenbruch der europäischen Welt infolge des Ersten Weltkriegs erschien vielen wie der totale Untergang. Hermann Hesse war von der Krise der westlichen Zivilisation und ihrer Werte zutiefst erschüttert. Seiner Herkunft aus einer Missionarsfamilie wegen sehr religiös geprägt, fand er in den überkommenen Formen von Glauben und Theologie keinen Halt mehr. Beeinflusst von seinem Studium fernöstlicher Religionen und Weisheitslehren sowie von seiner Reise nach Ceylon und Sumatra im Jahr 1911 suchte er eine Brücke zwischen Orient und Okzident zu schlagen. Ihn beschäftigte die Frage nach dem gemeinsamen Kern aller Religionen und danach, was dieses Urreligiöse über einen selbst und das Leben an sich sagt. In Siddhartha schildert Hesse den Werdegang eines Brahmanensohns. Für diesen sind die Gemeinschaft der Asketen und seine Begegnung mit Buddha als Daseinserfahrung genauso wichtig wie sein weltliches Leben als Kaufmann und seine Liebe zu der schönen Kamala. Auf poetische Weise, in entfernter Anlehnung an eine Heiligenlegende, gestaltet Hesse die lebenslange Suche Siddharthas nach dem Sinn des Seins in der Welt.

Take-aways

  • Siddhartha ist Hermann Hesses beliebtestes Werk. Die „indische Dichtung“ wurde zum Kultbuch der Hippiebewegung.
  • Der Autor selbst sah den Text als persönliche Antwort auf die Sinn- und Wertekrise und die große Unordnung in Europa nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.
  • In Siddhartha schildert Hesse die Suche eines jungen Brahmanen nach wahrer Erkenntnis jenseits der äußeren Formen und Lehren von Religionen.
  • Ähnlich wie bei einer Heiligenlegende verfolgt der Leser die verschiedenen Stationen von Siddharthas Lebensweg.
  • Bei jeder Station gewinnt Siddhartha neue Erkenntnisse über sich und die Welt, doch stets spürt er, dass er auf die eigentliche Daseinsfrage noch keine Antwort erhalten hat.
  • Siddhartha lebt in verschiedenen religiösen Gemeinschaften, arbeitet jahrelang als Kaufmann und hat eine Beziehung zu einer Kurtisane, die ihm einen Sohn schenkt.
  • Mehrere Male kreuzt sich sein Weg mit dem seines Jugendfreundes Govinda, der ihm von allen Menschen am nächsten steht.
  • Als älterer Mann begnügt sich Siddhartha mit dem ihn völlig erfüllenden Dasein als Fährmann auf einem Fluss.
  • Den Hinweisen eines anderen Fährmanns und der erschütternden Sorge um seinen Sohn verdankt Siddhartha schließlich die Erkenntnis vom göttlichen Sinn des Lebens.
  • Wesentliche Anregungen für Siddhartha holte sich Hesse durch seine jahrelange Beschäftigung mit fernöstlichen Lehren und eine Reise nach Ceylon und Sumatra.
  • Während der Niederschrift hatte der Autor familiäre Probleme und durchlitt eine Schaffenskrise, die er dank einer psychoanalytischen Behandlung überwand.
  • Beides – fernöstliche Spiritualität und europäische Psychoanalyse – hat deutliche Spuren in Hesses Werk hinterlassen.

Zusammenfassung

Siddharthas Jugend

Dem jungen, schönen und geistig außerordentlich begabten Brahmanensohn Siddhartha wird die Zuneigung aller zuteil, die ihn umgeben. Sein gelehrter Vater respektiert ihn, seine Mutter freut sich an ihm, sein Freund Govinda liebt und verehrt ihn und schließt sich ihm in jeder Hinsicht an. Siddhartha wächst ganz in der Familientradition der Brahmanen, der aristokratischen Priesterkaste des alten Indien, auf und strebt allein nach geistiger Vervollkommnung im Sinne der vedischen Weisheitslehren. Doch obwohl er schon als junger Mann zu großer geistiger Reife gelangt ist, trägt er keine Freude im Herzen. Er spürt, dass er trotz aller Bücherweisheit, trotz seiner nahezu perfekten Beherrschung der Kunst der Meditation noch nicht zum tiefsten, innersten Verständnis des eigentlichen Weltgrundes vorgedrungen ist. Die Erkenntnis von „Atman“ (Lebenshauch, Atem, Seele) blieb ihm bisher versagt – und das quält ihn wie ein nie verlöschender Durst. Siddhartha spürt, dass es ihm möglicherweise weniger an Erkenntnis als vielmehr an Erlebnis mangelt.

Siddhartha wird ein Samana

Beeindruckt von einer Gruppe durch die Stadt ziehender Asketen entscheidet sich Siddhartha gegen die Bedenken seines Vaters, sich diesen so genannten Samanas anzuschließen. Der treue Govinda folgt ihm auf diesem Weg. Die Samanas sind bettelarme, schmutzige Asketen, die hauptsächlich im Wald leben und sich strengsten Fastenriten unterwerfen. Sie üben sich in der Kunst der Versenkung, aber sie benötigen keine Bücherweisheit und beschränken sich auf die elementarsten Grundbedürfnisse: einfachste Kleidung, ein Dach über dem Kopf, nur die allernotwendigste Nahrung, niemals etwas Gekochtes. In ihrer Kasteiung, ihrer selbst auferlegten Qual entdeckt Siddhartha sein neues Ziel: vollkommen leer zu werden, nach Möglichkeit bis zum Anhalten des Atems, um auf diese Weise zum Innersten vorzudringen. Von den Älteren der Samanas lernt Siddhartha schnell. Er erlangt die Fähigkeit einer Selbstentseelung, die so radikal ist, dass seine Seele in der Meditation zu jener eines toten Schakals, eines Steins oder einer Pfütze werden kann.

„Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flussufers bei den Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, der schöne Sohn des Brahmanen, der junge Falke, zusammen mit Govinda, seinem Freunde, dem Brahmanensohn.“ (S. 11)

Doch bei den Samanas wird Siddhartha etwas klar: Ihre Lebensform ist am Ende nichts anderes als eine Art Flucht vor dem Ich, ein kurzzeitiger Triumph der extremen Qual der Selbstkasteiung über das als mindere Qual empfundene, gewöhnliche irdische Dasein. Siddhartha merkt, dass es ihn nicht befriedigen würde, eines Tages vielleicht einen alten Samana damit in Entzücken zu versetzen, dass er übers Wasser wandeln könnte. Der Erfahrung des Samana-Daseins verdankt Siddhartha jedoch eine wichtige neue Erkenntnis: Das Wissenwollen, die Lernbegierde ist der Feind des eigentlichen Wissens.

Die Begegnung mit dem Buddha

Zum Zeitpunkt dieser Erkenntnis dringt eine neue Kunde zu den Samanas: Man hört von einem Buddha, also einem Erleuchteten, namens Gotama, der das Leid der Welt und den Kreislauf der Wiedergeburten, das Gekettetsein an das irdische Dasein, das alle wahrhaft Suchenden als demütigendes Elend empfinden, überwunden haben soll. Gemeinsam mit Govinda macht sich Siddhartha, genauso wie zahllose Fürsten- und Kaufmanns- und andere Brahmanensöhne, auf den Weg zu dem Hain, wo der Buddha lehrt. Dort hat sich eine riesige Anhängerschaft versammelt und jeder ist willkommen. Siddhartha ist von Gotama zutiefst beeindruckt. Dieser heilige Mann verkündet in absolut glaubwürdiger Weise seine Lehre der Erlösung vom Leid. Govinda beschließt, ein Jünger des Buddha zu werden; Siddhartha jedoch will weiterziehen. Im Buddha-Hain trennen sich die Wege der beiden Jugendfreunde. Vor seinem Abschied erläutert Siddhartha in einem kurzen Gespräch mit Gotama die Gründe, warum er nicht bleiben will. Er anerkennt die Vollkommenheit von Gotamas Lehre, die kristallklare Erkenntnis der Ursachen von Gut und Böse, wie sie das Rad des Lebens beherrschen und wie es zu überwinden wäre. Allein, Siddhartha weiß längst, dass ihm die letzte und tiefste Erkenntnis nicht durch irgendeine Lehre zuteilwird. Denn auch der Buddha habe das innerste Geheimnis seiner Erleuchtung anderen nicht zu enthüllen vermocht. Siddhartha ahnt, dass er fortan seiner inneren Stimme folgen muss und nicht äußeren Befehlen – genau wie einst Gotama, als er sich unter einen Baum setzte, wo er erleuchtet wurde.

Siddharthas Wende

Diese Begegnung markiert das Ende von Siddharthas Wunsch, „Lehrer zu haben und Lehren zu hören“. Er hat erkannt, dass die geistige Welt eine Zuflucht ist, eine Flucht vor dem Ich. Er hat viele geistige Wege beschritten und über viele Dinge etwas erfahren, nur über sich selbst weiß er nichts. Nun will er sich der Welt zuwenden, um das Geheimnis namens Siddhartha kennen zu lernen.

„Dieser Mann, dieser Buddha, war wahrhaftig bis in die Gebärde seines letzten Fingers. Dieser Mann war heilig.“ (S. 34)

Auf seinen weiteren Wanderungen sieht er die Welt mit anderen Augen. Er wird empfänglich für die Schönheiten der Natur und vollzieht das genaue Gegenteil von der Abtötung der Sinne, die er bisher betrieben hat. So gelangt er eines Tages an einen Fluss, wo ihm der freundliche Fährmann Vasudeva ein Nachtquartier anbietet, bevor er ihn am nächsten Tag übersetzt. Siddhartha macht eine Bemerkung über die Schönheit des Flusses, worauf der Fährmann erwidert, er höre dem Fluss zu, man könne viel von ihm lernen. Auch prophezeit er, Siddhartha werde eines Tages wiederkommen, denn alles komme wieder – so habe er es vom Fluss gelernt.

Liebhaber einer Kurtisane und Gehilfe eines Kaufmanns

Siddhartha ist nun auch bereit für die Erfahrung der Sinnlichkeit. Ein erstes Begehren angesichts einer jungen Frau kann er noch unterdrücken, aber vor der nächsten großen Stadt betrachtet er bewundernd und – da er immer noch die Samana-Lumpen am Leib trägt – ein wenig verschämt den luxuriösen Tross einer schönen, reichen Kurtisane auf dem Weg in ihren Lustgarten. Umgehend lässt er sich rasieren, baden und parfümieren, und am nächsten Tag meldet er sich bei ihr an. Auf sein Ansinnen, sie möge seine Liebeslehrerin werden, reagiert Kamala, so ihr Name, zwar keineswegs abweisend. Doch sie gibt ihm unmissverständlich zu verstehen, dass „hübsche Kleider, hübsche Schuhe und viel Geld im Beutel“ dafür unerlässliche Voraussetzungen sind.

„Die Lehre aber, die du von mir gehört hast, ist nicht meine Meinung, und ihr Ziel ist nicht, die Welt für Wissbegierige zu erklären. Ihr Ziel ist ein anderes; ihr Ziel ist Erlösung vom Leiden.“ (Gotama, S. 38)

Damit er sich all das beschaffen kann, vermittelt Kamala ihm ein Vorstellungsgespräch bei dem Kaufmann Kamaswami. Der ist zunächst ein wenig belustigt darüber, dass ein Brahmanensohn, der „nur denken, warten und fasten“ gelernt hat, für ihn arbeiten will. Doch er erkennt auch die praktische Schreibgewandtheit, die Klugheit und die Geduld Siddharthas. Er nimmt ihn auf und lässt ihn an seinen Handels- und Geldgeschäften teilhaben. Wiederum lernt Siddhartha schnell alles Notwendige, um alsbald Kamala in schicklicher Kleidung und mit den erwarteten Geschenken aufsuchen zu können. Gemeinsam mit ihr pflegt er regelmäßig den Kult der Lust als Spiel von Geben und Nehmen höchster sinnlicher Reize. Kamala kommt jedoch bald zur Einsicht, Siddhartha sei nicht fähig, einen Menschen wahrhaft zu lieben; und auch Kamaswami hat bereits bemerkt, dass Siddhartha zwar ein guter Geschäftsmann ist, den Handel aber völlig leidenschaftslos betreibt.

Das weltliche Spiel

Jahrelang lebt Siddhartha als erfolgreicher Kaufmann und raffinierter Liebhaber in der Stadt. Die Ängste und Sorgen, Hoffnungen und Freuden seiner Mitmenschen lernt er nicht zu teilen, er betrachtet sie als kindisch. Sein brahmanisches Erbe, die Mäßigung des Lebens, den Ansporn des Denkens verliert er jedoch allmählich. Und in gleichem Maße wird Siddhartha von der Trägheit und Bequemlichkeit der Welt eingefangen. Genusssucht, Kleinlichkeit, Missmut, Kränklichkeit, Habgier sowie die seelischen Folgen des Wohlstandes und des Reichtums bemächtigen sich seiner. Nun träumt er sogar von Geld, denn er benötigt davon eine Menge, um im Würfelspiel mithalten zu können. Als Siddhartha seiner eigenen Verkommenheit gewahr wird, lässt er in einer Nacht sein ganzes bisheriges Leben an sich vorüberziehen. Überwältigt von Ekel lässt er alles hinter sich und verschwindet aus der Stadt.

Das Leben am Fluss

Aller Ziele beraubt und von Todessehnsucht erfüllt wandert Siddhartha umher und gelangt an den Fluss, wo er einst übergesetzt wurde. Kurz bevor er sich ins Wasser fallen lassen will, erklingt aus seinem Innern wie ein Echo seiner Seele die Silbe „Om“, ein Zeichen göttlichen Lebens, und er fällt in einen tiefen Schlaf. Als er wieder zu sich kommt, findet er Govinda neben sich sitzend, der ihn jedoch nicht erkannt hat und nur aus Barmherzigkeit Siddharthas Schlaf bewachen wollte. Der buddhistische Mönch bleibt seiner Lehre treu und zieht zu ihrer weiteren Verkündigung von dannen. Siddhartha spürt zum ersten Mal echte Freude über sein wiedergefundenes Leben und erkennt, dass er in seinem Brahmanen- und in seinem Samana-Dasein Buße tat, ohne die Sünde zu kennen. Erst in seiner Habgier und Wollust hat er die Sünde erlebt und nun auch das überwunden. Er fühlt sich jetzt frei und bereit, das Leben rein um des Lebens willen zu leben, hier am Fluss. Der Fährmann Vasudeva nimmt ihn wieder auf, hört sich geduldig seinen langen Lebensbericht an und lehrt ihn die einfachen Verrichtungen seines Berufs und seines Daseins. Siddhartha lernt nun auch die Botschaft des Flusses: dass die Vorstellung vom Kreislauf der Zeit eben nur eine Vorstellung ist, dass alles nur Gegenwart ist. Denn der Fluss ist überall gleich, ob an der Quelle, bei der Fähre, an Stromschnellen oder Wasserfällen oder an der Mündung. Hat man die Zeit überwunden, so hat man auch das Leid überwunden. Die Botschaft des Flusses lautet: „Om“. Die Reisenden, die von den beiden Fährmännern im Lauf der Jahre über den Fluss gebracht werden, sehen in ihnen zwei wunderliche, stillvergnügte ältere Männer.

Wiedersehen mit Kamala

Als der Strom der Reisenden mit einem Mal anschwillt, stellt sich heraus, dass sie alle zu dem sterbenden Gotama Buddha pilgern, den sie noch einmal sehen wollen. Unter den Reisenden befindet sich auch Kamala mit ihrem Kind – Siddharthas Sohn. In der Nähe der Fähre erzwingt der Junge eine Rast, bei der Kamala von einer Schlange gebissen wird. Sie wird zur Fährhütte gebracht. Dort erkennen Siddhartha und Kamala, die sich seit Langem nur noch ihrem Sohn gewidmet hat, einander wieder. Sie vertraut das Kind seinem Vater an, bevor sie sterben muss. Der Junge erweist sich als ausgesprochen verzogenes Muttersöhnchen, und trotz aller geduldigen Versuche Siddharthas, ihn an das Leben im Fährhaus zu gewöhnen, wird er immer widerspenstiger. Vasudeva rät, ihn zu seinesgleichen in die Stadt zurückzuschicken, doch das bringt Siddhartha nicht fertig. In der Liebe zu dem Kind erfährt er alle Torheiten blinder Leidenschaften, eine für ihn gänzlich neue Erfahrung. Er lässt sich so lange schikanieren, bis der Junge aus eigenem Entschluss die Flucht mit dem Fährboot ergreift. Obwohl Siddhartha sich noch einmal vehement dagegen aufbäumt, folgt er schließlich doch Vasudevas Rat, den Sohn seine eigenen Wege gehen zu lassen.

Siddharthas Wandlung und Erkenntnis

Der Verlust des Sohnes hat in Siddhartha eine schmerzliche Wunde hinterlassen. Er erkennt nun vor allem beim Anblick von Kindern und selbst noch in den lächerlichsten Regungen von Elternliebe die Leidenschaften als den großen Beweggrund des Lebens – all die Leidenschaften, die er mit seiner brahmanischen Gesinnung verachtet hat, die Leidenschaften, um deren Verleugnung, ja Abtötung er sich einen großen Teil seines Lebens so intensiv bemüht hat. Diese Begehrlichkeiten, Hoffnungen, Wünsche und Triebe begreift er nun als die starken, unabänderlichen, notwendigen Antriebskräfte des Daseins, die sich jeder Beurteilung entziehen. Ja mehr noch: Diese Kräfte sind das Leben selbst, sind unmittelbare Manifestationen von Atman und Brahman, Einzel- und Weltseele. Sie sind gleichzeitig Grund und Ausdruck des Daseins, sie fließen zusammen zum Fluss des Geschehens, zur „Musik des Lebens“.

„Ich will mich nicht mehr töten und zerstücken, um hinter den Trümmern ein Geheimnis zu finden.“ (Siddhartha, S. 43)

In einem letzten Gespräch mit Govinda, der gekommen ist, nachdem er in einer nahen Stadt von dem weisen Fährmann am Fluss gehört hat, fasst Siddhartha seine aus Erlebnis und Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Govinda, der immer noch auf der Suche ist, erfährt von Siddhartha, dass die Suche, die Ausrichtung auf ein Ziel, blind machen kann für das naheliegende Eigentliche, Wichtige. Dass man frei und ohne Scheuklappen sein muss, um sich selbst zu finden. Dass Weisheit nicht mitteilbar ist, sondern nur erleb- und erfahrbar; mitteilbar ist einzig das Wissen. Und dass eine vollkommene Welt nicht einer gewünschten, ausgedachten, eingebildeten Vorstellung entspricht, sondern der Welt, so wie sie tatsächlich ist. Govinda sieht das Lächeln Siddharthas – und es ist das gleiche Lächeln wie das des Buddha.

Zum Text

Aufbau und Stil

Siddhartha lehnt sich an eine literarische Form des Mittelalters an: an die Queste, die Suchwanderung: Der Held zieht aus seiner Heimat fort auf der Suche nach Abenteuern – oder in diesem Fall auf der Suche nach Erkenntnis. Im Mythos, im Märchen oder im Abenteuer- und Fantasyroman sind es feindlich gesinnte Mächte, die es zu überwinden gilt. Hier sind es neue geistige Herausforderungen und Erfahrungen, die Siddhartha sucht. Der Handlungsablauf ist daher äußerlich wenig dramatisch. Während sich der erste Teil des Buches mit Siddharthas Suche nach Wissen befasst, beschreibt der zweite seine Suche nach Erfahrung in der Welt. Weil bei beiden Teilen die geistige und persönliche Entfaltung eines jungen Menschen im Zentrum steht, handelt es sich bei Siddhartha um einen typischen Bildungsroman. Hesse lässt nur an wenigen Stellen eine Szene oder Personen durch Dialogpassagen lebendig werden. Der größte Teil ist berichthaft – allerdings nicht etwa in nüchterner Sprache: Vielmehr ist die Schilderung von Siddharthas Suche üppig durchsetzt mit poetischem Vokabular und verfasst in einer Sprachmelodie, die sehr kennzeichnend ist für Hesses Stil („Siddhartha ging zum Kaufmann Kamaswami, in ein reiches Haus ward er gewiesen.“). Hesse nannte sein Werk im Untertitel bezeichnenderweise auch: „Eine indische Dichtung“.

Interpretationsansätze

  • Siddhartha spiegelt Hermann Hesses Auseinandersetzung mit der Religion und Philosophie Indiens. Er vermischt Elemente der tradierten Buddha-Legende mit eigenen dichterischen Erfindungen und versucht mit den Mitteln der Fiktion zu ergründen, was die allgemein menschliche Basis ist, die alle Religionen gemein haben.
  • Siddhartha wird zunächst als Intellektueller gezeigt, der mit allen geistigen Kräften nach Erkenntnis strebt. Erst allmählich sieht er, dass dieses Streben vergeblich ist, weil es die eigentliche Bedeutung menschlichen Daseins verfehlt. Am Ende erfährt er eine Erleuchtung, die derjenigen Buddhas gleicht.
  • Die Welt Siddharthas ist zwar Indien, doch man kann sie auch als Spiegelbild der europäischen Gesellschaft um die Zeit des Ersten Weltkriegs verstehen. Die Brahmanenwelt entspricht der Gelehrtenwelt der Universitäten, in den Samanas sind wohl am ehesten anarchistische oder extremistische Tendenzen zu erkennen, und die Welt von Kamala und Kamaswami reflektiert das genussfreudige, oberflächliche Erwerbsleben der großen Städte.
  • Die Begegnung Siddharthas mit dem Buddha steht für die Auseinandersetzung mit einer Heilslehre. Das mag für manchen jungen Menschen in Europa eine geistige Auseinandersetzung mit fernöstlichen Religionen bedeutet haben. Es kann aber auch die Beeinflussung durch den Marxismus gemeint sein. Gemäß Siddhartha ist jegliche Lehre ohnehin nur eine „Durchgangsstation“.
  • Das Streben nach Selbsterkenntnis gewinnt im Lauf der Erzählung an Bedeutung. Diese Suche nach Selbstverortung ist auch ein wesentliches Anliegen der zu Hesses Zeit aufgekommenen Psychoanalyse, der sich ebenfalls der Autor selbst unterzog.

Historischer Hintergrund

Sinnsuche in krisenhafter Zeit

Um 1900 geriet die bürgerliche Gesellschaft Europas in eine Krise, in der Aufbruchs- und Untergangsstimmung dicht beieinanderlagen. Die Moderne in Kunst und Wissenschaft zeigte ihre bahnbrechenden Neuansätze vor einem Hintergrund überwiegend stockbiederer bürgerlicher Gesinnung und Lebensformen. Kubismus, abstrakte Malerei, Expressionismus, atonale Musik, Psychoanalyse, Relativitätstheorie, Quantentheorie – all das war schon vor 1914 präsent. Gleichzeitig hatten Frauen in vielen Staaten noch kein Wahlrecht, „Ehrenmänner“ duellierten sich, Herrschaften ließen sich von ihrem Gesinde bedienen und die europäischen Nationen befanden sich in einem Rüstungswettlauf sondergleichen und belauerten sich gegenseitig auf der Suche nach einer Gelegenheit zum Losschlagen. Hermann Hesse sah das Unheil heraufziehen und engagierte sich vehement für die Gewaltlosigkeit. Vergeblich: Freudig singend und siegesgewiss fuhren die jungen Männer aller europäischen Nationen im September 1914 an die Front, wo Abermillionen ihr Leben lassen mussten. Am Ende des Ersten Weltkriegs standen der ökonomische Zusammenbruch und ein Umbruch der Staatsverfassungen sowie der ganzen Gesellschaftsordnung bevor. Hermann Hesse fühlte sich schon lange unbehaglich in einer Kultur, in der Werte nur noch Lippenbekenntnisse und bürgerliche Rituale weitgehend sinnentleerte, rein äußerliche Konventionen waren. Doch Siddharthas Thema ist nicht die gesellschaftliche Neuordnung oder Neuorientierung, sondern die individuell-religiöse Erlösung. Von allen großen Themen seiner Entstehungszeit ist in Siddhartha am ehesten die Psychoanalyse präsent, indem der Prozess der Selbsterkenntnis thematisiert wird.

Entstehung

Mit der Niederschrift von Siddhartha begann Hesse 1919, also kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Das Buch entstand in zwei Etappen, was auch durch die bestehen gebliebene Gliederung in zwei Teile deutlich sichtbar ist. In den Anfangskapiteln verarbeitete Hesse die Erfahrungen einer Ceylon- und Sumatra-Reise, die er 1911 unternommen hatte, sowie seine Auseinandersetzung mit Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus, jenen fernöstlichen Philosophien, die er ebenfalls in jener Zeit für sich entdeckt hatte. In die Entstehungsphase von Siddhartha fiel Hesses Übersiedlung von Bern ins Tessin, nachdem er eine schwere Krise erlebt hatte, die durch die psychische Erkrankung seiner Frau ausgelöst worden war. Nach dem Umzug wurde Hesse sowohl als Schriftsteller als auch als Maler sehr produktiv, und von Februar bis August 1920 entstanden die ersten vier Kapitel des Buches. Dann kam es zu einer erneuten Schaffenskrise. Hesse unterzog sich einer Psychoanalyse. Danach schrieb er den zweiten Teil von Siddhartha. Das Manuskript schickte er am 30. Mai 1922 an seinen Verleger Samuel Fischer nach Berlin. Bereits seit August 1920 waren in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften einzelne Kapitel als Vorabdruck erschienen. Die Buchausgabe folgte im Oktober 1922 in einer Erstauflage von 6050 Exemplaren. Zu Lebzeiten Hesses erreichte das Buch eine Gesamtauflage von 150 000 Exemplaren.

Wirkungsgeschichte

Über die literarische Qualität von Hesses Werken herrscht nicht gerade Einigkeit. Während Thomas Mann Hesse bewunderte, war sein Werk für Alfred Döblin „langweilige Limonade“. Der Vorwurf des Kitsches hält sich hartnäckig, was der Beliebtheit von Hesses Büchern aber keinen Abbruch tut: Die Weltauflage von Siddhartha liegt mittlerweile längst im zweistelligen Millionenbereich, die amerikanischen und japanischen Übersetzungen erreichten sogar höhere Auflagen als die deutsche Originalausgabe. Die ungeheure Wirkung von Hesses Werk setzte erst in den 60er Jahren richtig ein und erreichte ihren Höhepunkt in den 70ern. So war es auch kein Zufall, dass dem Experimentalfilmer Conrad Rooks gerade 1972 eine kongeniale Verfilmung des Romans gelang. Der amerikanische Autor Henry Miller erklärte 1973, Siddhartha sei für ihn „eine wirksamere Medizin als das Neue Testament“. Der Roman war bei seinem Erscheinen kein überragender Erfolgstitel, wurde aber später immer wieder neu aufgelegt. Seine Wirkung muss im Zusammenhang mit der Wiederentdeckung von Hesses Gesamtwerk viele Jahre nach dem Tod des Autors gesehen werden. Literarische Wirkung dieser Art beruht auf Wiedererkennung: Es dürften die Themen der individuellen Wertorientierung und der Sinnsuche sein, die so viele jüngere Menschen in ihren Bann schlagen. Die Suche nach der richtigen Lebensform ist in der postmodernen Gesellschaft, in der alle Wertsysteme endgültig kompromittiert erscheinen, mehr und mehr eine Angelegenheit des Individuums. Geistig rege Menschen können sich in dem Bildungsweg Siddharthas, der trotz aller indischen Exotik eben doch eine sehr westlich-europäische Figur ist, leicht wiedererkennen. Spirituelle Erfahrungen jenseits der traditionellen europäischen Religion wie in Siddhartha waren eine Zeit lang sehr beliebt, was sicher zum gewaltigen Erfolg von Hesses Büchern vor allem in den USA und Japan beigetragen hat.

Über den Autor

Hermann Hesse wird am 2. Juli 1877 im Schwarzwaldstädtchen Calw als Sohn des Missionars Johannes Hesse und der ebenfalls missionarisch tätigen Marie Gundert geboren. 1881 zieht die Familie nach Basel, wo der Vater die Schweizer Staatsangehörigkeit annimmt. Nach der Rückkehr nach Calw im Jahr 1883 besucht Hesse die Lateinschule in Göppingen. 1891 tritt er in das evangelische Klosterseminar in Maulbronn ein. Ein Jahr später flüchtet er jedoch von dort, um Dichter zu werden. Nach einem Selbstmordversuch besteht er 1893 das Einjährig-Freiwilligen-Examen (mittlere Reife) am Gymnasium in Cannstatt. Im gleichen Jahr beginnt er eine Buchhändlerlehre, die er jedoch nach nur drei Tagen hinwirft. Nach einer Ausbildung zum Mechaniker fühlt er sich wieder bereit für Geistiges und beendet die zweite begonnene Buchhändlerlehre erfolgreich. Nach den Gedichtsammlungen Das deutsche Dichterheim und Romantische Lieder bringt der Roman Peter Camenzind (1904) Hesse den Durchbruch als Autor. In diesem Werk und im zwei Jahre später fertiggestellten Unterm Rad (1906) verarbeitet er seine schlechten Erfahrungen aus der Schulzeit. 1911 unternimmt er die einzige große Reise seines Lebens, die ihn nach Ceylon und Sumatra führt. Die dort empfangenen Eindrücke werden für sein weiteres Werk sehr wichtig. 1916 erleidet er einen Nervenzusammenbruch. Der Grund ist der Tod seines Vaters und die voranschreitende Schizophrenie seiner Frau Maria Bernoulli. Hesse begibt sich in die psychotherapeutische Behandlung eines Schülers von C. G. Jung. Die Beschäftigung mit der Jung’schen Archetypenlehre findet ihren literarischen Niederschlag in der 1919 veröffentlichten Erzählung Demian und im Roman Narziß und Goldmund (1929/30). Hesses Bücher bekommen einen fernöstlich beeinflussten, meditativen Charakter, besonders Siddhartha (1922). 1927, zwischen seiner zweiten und seiner dritten Heirat, erscheint der Roman Der Steppenwolf. Während der NS-Herrschaft werden viele Bücher Hermann Hesses in Deutschland verboten. In dieser Zeit schreibt er sehr lange (1930–1943) an seinem großen Spätwerk Das Glasperlenspiel. 1946 erhält Hesse den Nobelpreis für Literatur, 1955 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Am 9. August 1962 stirbt Hermann Hesse in Montagnola in seiner Wahlheimat, der Schweiz.

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