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Rheinsberg
Buch

Rheinsberg

Ein Bilderbuch für Verliebte

Berlin, 1912
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 2008 plus...

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Literatur­klassiker

  • Kurzprosa
  • Neue Sachlichkeit

Worum es geht

Eine letzte Idylle vor dem Krieg

Im Jahr 1911 verlebten Kurt Tucholsky und Else Weil in Rheinsberg einige schöne Urlaubstage. Zurück in Berlin schrieb Tucholsky dann etwas, was man eher mit der Antike in Verbindung bringt als mit dem 20. Jahrhundert: eine literarische Idylle. Tucholsky kümmerten Mode und Zeitgeist wenig. Ihn beschäftigte vielmehr ein alltägliches Missgeschick: Zwei junge Menschen verlieben sich und finden keine Freiräume, ihre Gefühle offen und ehrlich auszuleben. Literarisch wurde ihnen geholfen, und dafür musste nicht einmal der Fundus der alten Idyllendichter geplündert werden: Hirten, Putten oder Badenixen sucht man in Rheinsberg vergeblich. Fürs Liebesglück genügt eine kleine Wunderwaffe: der dadaistische Sprachgebrauch. Mit Scherz und Unsinn lassen sich nämlich die Feinde der Verliebten vertreiben: die spießigen Bürger, die spröden Monisten und die engherzigen Ehrgeizlinge. Das Pärchen selbst leistet dabei herzlich wenig, es feiert nur sich selbst, seine Fantasie und sein Erleben. Mit seiner modernen Idylle gelang Tucholsky etwas wahrlich Seltenes: ein Prosatext, der glaubhaft fürs kleine Glück wirbt. Kein Wunder, dass Rheinsberg ein großer Publikumserfolg wurde.

Zusammenfassung

Zwei Verliebte gehen auf Reisen

Der Himmel strahlt blau, als der Schnellzug Löwenberg erreicht. Wolfgang und Claire steigen in eine klapprige Kleinbahn um. Die Landschaft, durch die sie fahren, wirkt gewöhnlich. Doch weil alles schön friedlich daliegt, gefällt es den zwei Reisenden. Nach kurzer Zeit hält die Bahn schon wieder an. Sie hat Funken gesprüht, die das Laub entzündet haben. Wolfgang will sogleich beim Löschen helfen und rollt sich übermütig den Abhang hinunter. Sein drolliger Eifer erheitert die Passagiere, Claire verdreht die Augen, aber Wolfgang lächelt stolz: Schön, mal wieder tätig gewesen zu sein.

Ankunft in Rheinsberg

Dem Pärchen fällt ein Mitreisender auf, ein schwer bepackter Jäger. Er macht einen erfahrenen Eindruck, so als könne sein Gewehr ein Reh geradezu wittern. Doch der Jäger belehrt die beiden, es sei doch Schonzeit, und verlässt das Coupé. Claire und Wolfgang müssen nun schreien, so laut rumpelt die Bahn. Für einen kleinen Streit, in dem es darum geht, ob der Baum eben eine Akazie oder eine Magnolie gewesen sei, verstehen sie sich aber noch gut genug. Sie ersticken den Wortwechsel...

Über den Autor

Kurt Tucholsky wird am 9. Januar 1890 in Berlin als Sohn eines jüdischen Bankkaufmanns geboren. Sein Vater stirbt bereits 1905. Vier Jahre später nimmt Tucholsky ein Jurastudium auf und beginnt parallel dazu als Journalist für linksliberale Zeitschriften zu arbeiten. 1912, noch zu Studienzeiten, veröffentlicht er mit der idyllisch-erotischen Liebeserzählung Rheinsberg einen ersten Erfolgstitel. Im April 1915, kurz nach Beendigung des Studiums, wird er eingezogen. Er nimmt am Ersten Weltkrieg zunächst als Frontsoldat, später als Herausgeber einer Feldzeitung teil und kehrt 1918 als überzeugter Pazifist aus dem Militär zurück. Für zwei Jahre übernimmt er die Chefredaktion eines satirischen Wochenblatts, dann schreibt er vor allem für die linksliberale Wochenzeitschrift Weltbühne. Seine unzähligen Beiträge veröffentlicht er unter wechselnden Pseudonymen, darunter Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel. Tucholsky wird zu einem der führenden Publizisten der Weimarer Republik. Kompromisslos kritisiert er den reaktionären Geist, die verbohrte Vaterlandsliebe und die militaristische Gesinnung der Deutschen. Daneben schreibt er Lieder, Revuen, Glossen und satirische Gedichte. Er ist zweimal kurz verheiratet, aber nie treu. In mehreren linken Gruppierungen engagiert sich Tucholsky auch direkt politisch. 1924 geht er als Korrespondent nach Paris. Von nun an lebt er, wie sein Vorbild Heinrich Heine, nur noch sporadisch in Deutschland. 1930 siedelt er nach Schweden über und gibt die journalistische Arbeit nach und nach auf. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 schwinden seine Publikationsmöglichkeiten in der Heimat. Im August desselben Jahres wird er ausgebürgert, seine Bücher werden verboten und verbrannt. Nach längerer Krankheit und in tiefer Resignation stirbt Tucholsky am 21. Dezember 1935 an einer Überdosis Schlaftabletten – ob absichtlich oder nicht, ist unklar.


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