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Die Dreigroschenoper

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Die Dreigroschenoper

Suhrkamp,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Wer kennt nicht die Ballade von Mackie Messer? Hier ist die ganze Geschichte von Brechts turbulenter, bizarrer und amüsanter Dreigroschenoper.


Literatur­klassiker

  • Drama
  • Moderne

Worum es geht

Theater um Mackie Messer

Vor dem Hintergrund der krisengebeutelten Weimarer Republik, der Massenarbeitslosigkeit und der wirtschaftlichen Depression musste Bertolt Brechts Dreigroschenoper dem Berliner Publikum einfach gefallen: Das sozialkritische Sujet, Lieder mit echter Gassenhauer-Qualität und satirisch überspitzte Dialoge machten aus Brechts Version der englischen Beggar's Opera eines der erfolgreichsten und meistgespielten Bühnenstücke Deutschlands. Das Räuber-und-Gendarmen-Drama mit den Liedkompositionen von Kurt Weill wurde 1928 unter großem Zeitdruck uraufgeführt und trat sofort seinen Siegeszug um die Welt an. Dass die Nationalsozialisten Brechts Werk auf die schwarze Liste der verbotenen Bücher setzten, tat der Popularität des Autors keinen Abbruch: Die Dreigroschenoper schaffte es nicht nur auf die Bühnen zahlreicher europäischer Städte, sondern feierte auch in den USA und sogar in Japan Erfolge. Kurt Weills Kompositionen wurden zu Klassikern, die von bekannten Chansonsängern und Schauspielern mit Begeisterung interpretiert wurden. Selbst der Popstar Robbie Williams überraschte auf seinem Album Swing when you're winning (2001) mit einer englischsprachigen Version der bekannten Moritat von Mackie Messer.

Take-aways

  • Brechts Drama Die Dreigroschenoper feierte am 31. August 1928 Premiere im Theater am Schifferbauerdamm in Berlin.
  • Das Stück basiert auf der Beggar's Opera des Engländers John Gay von 1728.
  • Brecht verlegt die Handlung ins viktorianische England, um die Sozial- und Kapitalismuskritik des Stücks nicht zu vordergründig wirken zu lassen.
  • Der Gangsterkönig Macheath, genannt Mackie Messer, entführt und heiratet die Tochter des Bettlerkönigs Peachum.
  • Daraufhin zettelt Peachum ein Komplott gegen Mackie an, um ihn an den Galgen zu bringen.
  • Der Polizeichef Brown ist jedoch ein alter Kriegskamerad des Gangsters und vereitelt die Verhaftung.
  • Schließlich muss er aber doch zustimmen, weil Peachum ihm droht, die Krönungsfeierlichkeiten der englischen Königin mit seinen organisierten Bettlern zu stören.
  • Nach zwei Fluchtversuchen landet Mackie unterm Galgen, wird jedoch in letzter Sekunde von einem reitenden Boten der Königin begnadigt.
  • Das Zusammenspiel von Brechts Wortwitz und der Musik von Kurt Weill machten das Stück zu einem internationalen Erfolg.
  • Brecht parodiert das Bürgertum und verspottet den Kapitalismus: Die Bettler- und Gaunerwelt unterscheidet sich nicht vom Bürgertum.
  • Im Stück gibt es keine Person, die nur gut oder böse ist: Der Verbrecher kann auch ehrbarer Bürger sein - und umgekehrt.
  • Die Dreigroschenoper ist ein "Versuch in epischem Theater". Durch die Verfremdungseffekte soll der Zuschauer zum reinen Betrachter werden. Die Identifikation mit den Figuren soll nicht mehr gelingen.

Zusammenfassung

Peachums Bettlerladen

Das Stück eröffnet mitten auf einem Jahrmarkt in London. Hier in Soho gehen die Bettler, Diebe und Huren ihren Geschäften nach. Ein Moritatensänger mit einer Drehorgel betritt den Platz und singt die Moritat (eine Art Lied) von Mackie Messer, dem stadtbekannten Verbrecher („Und der Haifisch, der hat Zähne ...“).

„Und der Haifisch, der hat Zähne / Und die trägt er im Gesicht / Und Macheath, der hat ein Messer / Doch das Messer sieht man nicht.“ (Moritatensänger, S. 7)

Szenenwechsel: In seinem Laden „Jonathan Jeremiah Peachums Bettlergarderoben“ beklagt sich selbiger Peachum über sein schweres Geschäft. Doch in Wahrheit geht es ihm gar nicht so schlecht, denn Peachum hat die Bettler der Stadt fest im Griff: Er stattet sie mit Bettlerslogans und der passenden Kleidung aus. Unter seinem Kommando scheffelt der Haufen richtig viel Geld – wovon Peachum ein schönes Sümmchen abbekommt. Aber Menschen, so klagt er, stumpfen zu schnell ab. Es müssen immer jämmerlichere Verkleidungen und immer eindrucksvollere Sprüche her, damit die Leute Mitleid zeigen. Anschließend streitet sich Peachum mit seiner Gattin, Frau Peachum, die gerade tadellose Anzüge mit Wachsflecken überzieht, damit sie schön schmuddelig aussehen. Bei dem Streit geht es wieder einmal um Peachums Tochter Polly: Sie trifft sich mit einem geheimnisvollen Fremden, der sich selbst als „Captn“ bezeichnet. Peachum passt dies gar nicht: Er ahnt, dass eine Heirat für sein gutes Geschäft das Aus bedeuten könnte. Die Beschreibung des Verehrers macht ihn noch misstrauischer: Gute Manieren, Glacéhandschuhe, Gamaschen, Lackschuhe, eine Narbe und ein exorbitanter Lebensstil – das klingt für ihn ganz nach Mackie Messer.

Hochzeit im Pferdestall

Noch weiß Peachum nicht, wie Recht er hat: Denn in einem leeren Pferdestall im Herzen von Soho bereitet Mackie Messer seine heimliche Hochzeit mit Polly Peachum vor. Mackies Kumpane sind gerade damit beschäftigt, den muffigen Stall mit allerlei geklautem Mobiliar für die Feierlichkeiten herzurichten. Polly ist vom Ort der Zeremonie nicht gerade angetan, aber Mackie beruhigt sie und weist seine Verbrecherkollegen an, sich in Gegenwart seiner künftigen Frau einer vornehmeren Ausdrucksweise zu befleißigen. Nach und nach füllt sich der Pferdestall. Mackies Genossen bauen ein zusammengeklautes Buffet auf und überreichen dem Hochzeitspaar artig einige Geschenke. Während alle auf den Geistlichen warten, beginnt die große Schlemmerei. Mackie ist über die Tischsitten seiner Kumpel entsetzt. Nachdem Hochwürden Kimball eingetroffen ist, feuert Mackie seine Kumpane zu einem Kantus an. Heraus kommt jedoch ein reichlich zotiges „Hochzeitslied für ärmere Leute“. Mackie wünscht sich ein Lied mit mehr Pep. Also startet seine Braut selbst einen Versuch: Im „Lied der Seeräuber-Jenny“ singt Polly von dem Abwaschmädchen, das in einer miesen, dreckigen Kneipe hockt und auf ihre Seeräuber-Freunde wartet, die bald die ganze Stadt in Schutt und Asche legen werden.

„In diesem Pferdestall findet heute meine Hochzeit mit Fräulein Polly Peachum statt, die mir aus Liebe gefolgt ist, um mein weiteres Leben mit mir zu teilen.“ (Mackie, S. 17)

Kaum ist das Lied beendet, kommt noch ein Gast zur Hochzeitsfeier: Es ist der Polizeichef von London, der von den versammelten Verbrechern ehrfurchtsvoll „Tiger-Brown“ genannt wird. Aber anstatt die ganze Bande festzunehmen, gratuliert er Mackie zu seiner Hochzeit. Obwohl er sehr wohl erkennt, dass die aufgetürmten Köstlichkeiten und Einrichtungsgegenstände allesamt geklaut sind, verhaftet er niemanden: Er sei schließlich nicht im Dienst, meint Brown. Er und Mackie haben gemeinsam im Kolonialkrieg in Indien gedient. Auch wenn ihre Karrieren danach etwas unterschiedlich verlaufen sind, hat dies keinen abträglichen Einfluss auf ihre Freundschaft. Keine Razzia, ohne dass Mackie vorher einen kleinen Hinweis erhält: Das ist doch Ehrensache unter alten Kameraden. Nach ihrem gemeinsamen „Kanonen-Song“ macht sich Brown wieder auf den Weg: Die Krönung der englischen Königin steht an, und er hat eine Menge zu tun, damit es während des Festaktes keine Zwischenfälle gibt.

Komplott gegen Mackie

Wieder zurück bei ihren Eltern, muss Polly Peachum ihnen Rede und Antwort stehen. Das macht sie, wie könnte es anders sein, mit einem Lied. Die Reaktion: Ihr Vater beschimpft sie als „Verbrecherschlampe“, die Mutter fällt in Ohnmacht und kann nur mit einem doppelten Cordial Medoc wieder ins Leben zurückgeholt werden. Polly kann die Missgunst ihrer Eltern gegenüber Mackie nicht verstehen: Er sei schließlich der größte Verbrecher der Stadt und könne ihr ein Leben in Luxus bieten. Peachum ist das egal: Scheidung heißt für ihn das Gebot der Stunde. Aber seine Frau bringt ihn auf eine noch bessere Idee: Wer einen gesuchten Verbrecher anzeigt, erhält dafür 40 Schilling als Belohnung. Der Umstand, dass Mackie den Polizeichef gut kennt, scheint Peachum nicht sonderlich zu stören: Er will den Verbrecher, der seine Tochter entführt hat, auf der Stelle anzeigen, während seine Frau die Huren der Stadt besticht, damit sie ihr Mackies Aufenthaltsort mitteilen.

Der neue Boss ist eine Frau

Polly warnt ihren Ehemann vor dem Komplott ihrer Eltern: Es ist ihrem Vater tatsächlich gelungen, den Polizeichef Tiger-Brown weich zu klopfen, sodass dieser nun nach Mackie fahnden lässt. Der hält das zunächst für lächerlich. Erst nachdem Polly ihm die inzwischen stattliche Liste der Anschuldigungen von Scotland Yard vorgelesen hat, sieht der Verbrecherkönig ein, dass er fliehen muss. Als Polly sich eine letzte Zärtlichkeit erhofft, hat Mackie dafür wenig übrig: Sie müsse sich in seiner Abwesenheit um die Geschäfte kümmern. Er gibt ihr genaueste Instruktionen, wie die einzelnen Bandenmitglieder zu führen sind. Die bevorstehenden Krönungsfeierlichkeiten dürfe sich die Bande keinesfalls entgehen lassen. Der Gewinn der Beutezüge soll auf das Konto bei einer Bank gehen, die Mackie demnächst übernehmen möchte: Denn eine Bank zu führen sei noch viel einträglicher und zugleich sicherer als die Räuberei. Seine Kumpels werde er dann gesammelt der Polizei übergeben. Polly ist geschockt. In diesem Moment erscheinen besagte Kumpels und Mackie stellt ihnen ihren neuen „Boss“ vor: Polly. Anfängliche Unmutsbekundungen gegenüber einer Frau als Anführerin weiß diese schnell niederzuknüppeln: Mit scharfen Worten, im besten Gossenslang, verschafft sie sich Respekt. Polly, die ahnt, dass es ihrem Liebsten bald an den Kragen geht, verabschiedet sich von Mackie. Sie warnt ihn außerdem, sich von Prostituierten fern zu halten.

„In Scotland Yard liegt nicht das Geringste gegen dich vor.“ (Tiger-Brown zu Mackie, S. 32)

Bei einer solchen, genannt die „Spelunken-Jenny“, befindet sich gerade Frau Peachum. Die beiden machen ein Geschäft: Sobald Mackie sich bei ihr blicken lässt, ruft sie die Polizei. Dafür gibt es dann zehn Schilling. Jenny ist skeptisch: Warum sollte ein Mann, der auf der Flucht ist, es sich in einem Bordell gut gehen lassen? Frau Peachum beantwortet dies mit der „Ballade von der sexuellen Hörigkeit“: Frauen im Allgemeinen und Huren im Besonderen könnten jeden Mann zu Fall bringen.

Alte Gewohnheiten und schlechte Ratgeber

Zur Verblüffung aller anwesenden „Damen“ und Gangster erscheint Mackie Messer am Donnerstag tatsächlich im Hurenhaus in Turnbridge. Die Anklage hindert ihn nicht daran, seine alten Gewohnheiten zu pflegen. Während er seinen Kaffee trinkt, liest ihm Spelunken-Jenny aus der Hand: Er werde von einer Frau verraten, deren Name mit einem „J“ beginnt. Mackie kann das nicht glauben, müsse es doch ein „P“ sein! Jenny schleicht sich hinaus und ruft einen Polizisten herbei. Der ergreift Mackie, gerade als dieser seine „Zuhälterballade“ im Duett mit Jenny beendet hat: In früheren Zeiten, als er noch nicht der Verbrecherkönig von London war, lebte Mackie mit Jenny zusammen und „lieh“ sie dann und wann an zahlende Freier aus. Kurz bevor die Handschellen sich um seine Handgelenke schließen, gelingt es Mackie, dem Constable (Stadtpolizist) zu entkommen. Mit einem Satz durchs Fenster landet er – direkt in den Armen von Frau Peachum, die dort mit etlichen weiteren Polizisten Stellung bezogen hat. Angesichts der aussichtslosen Lage lässt Mackie sich verhaften.

Eifersucht nach Noten

Polizeichef Tiger-Brown zittert um seinen alten Kumpel Mackie: Er wünscht sich, dass seine Polizisten ihn nicht erwischen. Doch gleich darauf führen sie den Verbrecherkönig zur Türe herein. Brown bittet seinen alten Freund um Nachsicht, doch Mackie blickt ihn nur stumm und ernst an: ein Trick, den er sich, wie er sagt, aus der Bibel abgeguckt hat, um Leuten ein schlechtes Gewissen zu machen. Brown weint denn auch wie ein Schlosshund und verdrückt sich.

„Ich mache aus jedem Mann in fünf Minuten ein so bejammernswertes Wrack, dass ein Hund weinen würde, wenn er ihn sieht. Was kann ich dafür, wenn ein Mensch nicht weint!“ (Peachum, S. 37)

Mackie verhandelt mit dem Constable Smith: Mit einem Scheck über 50 Guinees kauft er sich von den unangenehmen Handschellen frei. Smith sperrt ihn daraufhin in einen Käfig. Mackie sinniert darüber nach, dass jetzt wohl auch sein Verhältnis zu Browns Tochter Lucy auffliegen wird. Und kaum ist er mit seiner „Ballade vom angenehmen Leben“ fertig, rauscht besagte Lucy auch schon herein. Sie beschwert sich wutentbrannt, dass er hinter ihrem Rücken Polly geheiratet hat. Doch Mackie leugnet diese Heirat vehement und setzt noch eins oben drauf: Polly hätte da wohl einige Nettigkeiten seinerseits missverstanden und es sei sehr ärgerlich, dass sie überall herumposaunt, sie wären verheiratet. In diesem Augenblick erscheint Polly, und das „Eifersuchtsduett“ der beiden Rivalinnen beginnt. Auch in Pollys Anwesenheit weigert sich Mackie, die Ehe mit ihr anzuerkennen. Bevor Schlimmeres geschieht, erscheint Frau Peachum und schickt ihre Tochter mit Schimpf und Schande nach Hause. Mackie schwört der schwangeren Lucy ewige Treue. Sie reicht ihm Mantel und Stock in die Zelle. Als Smith dies bemerkt, kommt es zu einem Handgemenge, bei dem Mackie fliehen kann. Gerade rechtzeitig, um nicht dem erbosten Herrn Peachum zu begegnen. Als dieser sieht, dass Mackie verschwunden ist, droht er dem sichtlich erleichterten Brown einen Aufstand der Bettler an, der die Krönungsfeierlichkeiten der Königin garantiert vermasseln würde!

Ein zweiter Versuch

Während Peachum mit seinen organisierten Bettlern bunte Tafeln für die Störung der Krönungsfeier malt, rauscht Spelunken-Jenny herein und fordert das Judasgeld für Mackie Messer. Frau Peachum weist sie schroff ab: Der Verbrecher sei wieder frei, also gebe es auch kein Geld. Basta. Doch als Herr Peachum sich einschaltet, rutscht Jenny der Name der „Kollegin“ heraus, bei der sich Mackie gerade aufhält: Suky Tawdry. Schon will Peachum Inspektor Brown benachrichtigen. Da betritt dieser im selben Augenblick den Bettlerladen, um Peachums Plan zu vereiteln. Der Bettlerkönig lässt gegenüber Brown durchblicken, dass er bei ihm nur die besseren Bettler antreffen würde. Sollte Mackie jedoch nicht um sechs Uhr am Galgen baumeln, werde er hunderte von Bettlern mit den scheußlichsten körperlichen Entstellungen zur Krönungsfeier abkommandieren. Angesichts solcher Aussichten knickt Brown ein: Sofort schickt er seine Constables zu Suky Tawdry in die Oxford Street, um Mackie erneut zu verhaften.

Dreigroschen-Finale

In Gefängnis Old Bailey sucht Polly ihre Rivalin Lucy auf, um sich mit ihr zu versöhnen. Lucy eröffnet ihrer neuen Freundin, dass sie die Schwangerschaft nur mit einem Muff vorgetäuscht hat. Polly möchte zu gern den Aufenthaltsort von Mackie herausfinden, aber auch Lucy weiß nicht, wo er abgeblieben ist. Da kann Frau Peachum weiterhelfen, die wieder einmal unvermittelt erscheint: Mackie wurde soeben erneut verhaftet. Voller Vorfreude streift Frau Peachum ihrer Tochter schon mal das Witwenkleid über.

„Ich sage dir, Jenny, und wenn ganz London hinter ihm her ist, Macheath ist nicht der Mann, der seine Gewohnheiten deswegen aufgibt.“ (Frau Peachum, S. 49)

Freitagmorgen um fünf Uhr bereiten Smith und die anderen Constables bereits den Galgen für Mackie vor. Auf den Straßen strömen die Menschen herbei: Statt zur Krönung der Königin zieht es die Leute nun zum Richtplatz. Da die Hinrichtung für sechs Uhr vorgesehen ist, bleibt ihnen aber noch genügend Zeit, um anschließend einen Spaziergang zum Palast zu machen. Mackie versucht erneut, Smith zu bestechen. Leider fehlen ihm aber die nötigen Geldmittel. Mackie hält eine kleine Ansprache, in der er alle „Handwerker“ (wozu er auch sich selbst zählt) bedauert, weil ihre guten Geschäfte von den Großunternehmen zunichte gemacht würden. In ihrem Gefolge kämen auch noch die Banken, die weitaus größere Verbrechen begingen als jeder ehrliche Dieb. In einem letzten Lied leistet Mackie Abbitte und wird anschließend zum Galgen geführt. Doch bevor der Henker an die Arbeit gehen kann, tritt Peachum hervor und verkündet, dass man sich einen anderen Schluss für das Drama ausgedacht hat. Prompt erscheint ein reitender Bote und verkündet, dass die Königin Mackie Messer begnadigt hat. Noch dazu wird er in den Adelsstand erhoben, erhält ein Schloss und eine satte Leibrente. Alle Anwesenden sind glücklich und singen Hand in Hand am Bühnenrand ein munteres Liedchen. Für das Publikum wird der Text zum Mitsingen an die Wand projiziert: „Ihr, die euren Wanst und unsre Bravheit liebt / Das eine wisset ein für allemal: / Wie ihr es immer dreht und wie ihr’s immer schiebt / Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Vorhang.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das Stück besteht, ganz wie klassische Dramen, aus drei Akten und einem Vorspiel. Brecht selbst bezeichnet es als "einen Versuch im epischen Theater". Jede der neun Szenen wird mit knappen Inhalts- und Ortsbeschreibungen eröffnet. Den zahlreichen Songs gehen große Schrifttafeln voran, die dem Publikum gezeigt werden und die nicht nur typische Songtitel, sondern gleich ganze Inhaltsbeschreibungen liefern. So steht beispielsweise beim ersten Lied von Polly Peachum auf einer Tafel: "Durch ein kleines Lied deutet Polly ihren Eltern ihre Verheiratung mit dem Räuber Macheath an." Die Tafeln unterstützen den von Brecht erwünschten Effekt, dass die eigentliche Handlung durch die Lieder unterbrochen wird. Keinesfalls dürfe der Eindruck entstehen, dass die Schauspieler wie selbstverständlich in die Lieder gleiten: "Nichts ist abscheulicher, als wenn der Schauspieler sich den Anschein gibt, als merke er nicht, dass er eben den Boden der nüchternen Rede verlassen hat und bereits singt", betont Brecht. Der Text der Dreigroschenoper ist mit zahlreichen "Winken für die Schauspieler" gespickt, welche die Anlage der Rollen erleichtern bzw. falsche Interpretationen verhindern sollen.

Interpretationsansätze

  • Die Dreigroschenoper ist eine Parodie auf die durch den Kapitalismus pervertierten Ideale des Bürgertums. Der provokante Satz: "Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank", bringt diese Haltung auf den Punkt.
  • Bettler, Verbrecher und die Vertreter der bürgerlichen Ordnung haben im Grunde das gleiche Ziel: gute Geschäfte zu machen. Und das rechtfertigt in ihren Augen auch unmoralisches Verhalten.
  • Mackie Messers Kriegskamerad Tiger-Brown ist ein Beispiel für die von Brecht beklagte Falschheit der Bourgeoisie: Wenn er im Dienst ist, muss er Mackie jagen, als Privatmann geht er mit ihm gern einen trinken.
  • Auch die romantische Liebe fällt dem Geschäftssinn zum Opfer: Pollys Gefühlsduseligkeit wird von Mackie stets abgeschnitten, indem er das Gespräch zurück auf "sein Geschäft" bringt. Der Mond über Soho, das Symbol der romantischen Liebe, verwandelt sich folgerichtig in Pollys Traum in einen schmuddeligen Penny.
  • Brechts Figuren sind "grau": Niemand ist nur gut oder nur schlecht. Statt Schwarzweißmalerei zeigt er, dass Bürger kriminell und Kriminelle Gentlemen sein können.
  • Die von Kurt Weill komponierten Lieder treiben die Handlung nicht voran, sondern kommentieren sie. Dies gehört zu den wichtigsten Merkmalen des epischen Theaters.
  • Das abrupte, theatralische Ende, bei dem Mackie Messer auf Geheiß der Königin in den Adelsstand erhoben wird, ist eine überzogene Parodie eines "Happy End".

Historischer Hintergrund

Brechts episches Theater

Mit der Dreigroschenoper stellt Bertolt Brecht sein episches (erzählendes) Theater einem größeren Publikum vor. Brechts Dramentheorie könnte man als frühe Form eines „Edutainments“ bezeichnen: Der Zuschauer soll Spaß haben, aber auch etwas lernen. Diese aktive Lernhaltung provoziert Brecht durch epische Elemente, die er ins dramatische Geschehen einfügt: Dazu gehören beispielsweise Texttafeln, die vor den einzelnen Szenen oder Schlüsselstellen gezeigt werden und die Zuschauer darüber informieren, was sie zu erwarten haben. Gewissermaßen nehmen solche Texteinblendungen bereits die „Luft“ aus der kommenden Szene. Brechts Ziel: Das Publikum soll keinesfalls mit den Figuren „mitleiden“, wie dies bei klassischen Dramen erklärte Absicht der Autoren ist. Das Publikum soll eher eine Beobachterhaltung einnehmen und sich Gedanken über die Handlungen und Personen machen. Ein weiteres Mittel, um dies zu erreichen, sind die „Verfremdungen“, mit denen Brecht die typische Erwartungshaltung der Zuschauer untergräbt: Völlig überraschende Wendungen, wie beispielsweise der theatralische Schluss der Dreigroschenoper, sollen den Zuschauer aus einer ironischen Distanz heraus zum Nachdenken anregen.

Entstehung des Stücks

Das Vorbild für Die Dreigroschenoper ist die Beggar’s Opera des Engländers John Gay. Dieses Stück, das ursprünglich aus dem Jahr 1728 stammt, wurde 1920 mit großem Erfolg in London neu inszeniert. Brecht wurde auf den Stoff aufmerksam und ließ sich das Stück von seiner Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann übersetzen. Er verfasste eine Rohfassung der künftigen Dreigroschenoper, die im Mai 1928 vorlag. Gerade rechtzeitig: Hatte ihn doch der Schauspieler Ernst Josef Aufricht um ein Stück für sein Theater am Schifferbauerdamm in Berlin gebeten. Brecht schickte ihm das Manuskript und Aufricht war sofort Feuer und Flamme. Am 31. August 1928 sollte die Premiere stattfinden. Ein knapper Zeitplan, wie sich herausstellte. Kurt Weill, der die Musik für die Songs komponierte, war dem Theaterdirektor nicht genehm: Seine früheren Stücke erschienen ihm zu atonal und dissonant. Darum ließ er heimlich eine Parallelkomposition anfertigen, die jedoch angesichts der fabelhaften Songs von Weill nie gebraucht wurde. An der französischen Riviera, sozusagen in Klausur, vervollständigten Autor und Komponist ihr Werk, das jedoch erst bei den Proben sein endgültiges Gesicht erhielt. Vor allem den Allüren der Schauspieler der Premierenfassung sind etliche Änderungen zu verdanken: Harald Paulsen, der Darsteller des Mackie Messer, forderte beispielsweise eine große Eröffnungsnummer, die nur von ihm handeln sollte. Über Nacht wurde daraus die Moritat von Mackie Messer, die es später zu besonderem Ruhm bringen sollte.

Wirkungsgeschichte

Die Premiere am 31. August 1928 ging planmäßig im Theater am Schifferbauerdamm über die Bühne. Bis zur Hälfte des Stücks wirkte das Publikum etwas träge, doch nach dem Finale brandete frenetischer Beifall im Saal. Zweifache Reprisen der Songs wurden zur Pflicht. Das Publikum liebte das Stück, die Songs von Kurt Weill erfreuten sich innerhalb kürzester Zeit größter Beliebtheit. Der Erfolg entpuppte sich aber für Brecht als zweischneidiges Schwert: Das (bürgerliche) Publikum amüsierte sich so über die skurrilen Gestalten und den deftigen Wortwitz, dass Brechts pädagogischer Aspekt, den er mit dem epischen Theater beabsichtigt hatte, ad absurdum geführt wurde: Die Gesellschaftskritik verpuffte, die Zuschauer empfanden nicht, dass ihnen auf der Bühne ein Spiegel vorgehalten wurde. Die professionelle Kritik behandelte das Stück nicht so gnädig wie das Publikum. Vor allem die rechtsgerichtete Presse der Weimarer Republik prügelte erwartungsgemäß auf Die Dreigroschenoper ein, aber auch Schriftsteller aus dem linken Forum (u. a. Kurt Tucholsky) ließen wenig Gutes an dem Stück. Es kam sogar zu Plagiatsvorwürfen und einem Prozess. Dennoch: Auf der Bühne in Berlin lief das Stück ein Jahr lang mit großem Erfolg. In den folgenden Jahrzehnten gab es Aufführungen in Wien, Paris, Mailand, New York und sogar in Tokio. Brecht hatte einen internationalen Theaterknüller geschaffen.

Ein erfolgreiches Theaterstück schreit nach einem Film. So auch hier: Brecht schrieb an einem Skript für die Verfilmung der Dreigroschenoper (1930). Hier verschärfte er viele Elemente des ursprünglichen Textes und machte ihn erheblich sozialkritischer. Die Filmgesellschaft lehnte diese Änderungen allerdings ab. Den daraus hervorgehenden Dreigroschenprozess verarbeitete der Autor in einem Aufsatz gleichen Titels. Als seine Werke während der Naziherrschaft auf die schwarze Liste kamen, arbeitete Brecht im Exil den Stoff erneut auf: Mit dem Dreigroschenroman (1934) brach sich seine neue, vom Marxismus geprägte Weltanschauung Bahn.

Über den Autor

Bertolt Brecht wird am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1917 beginnt er mit einem Medizinstudium, das er jedoch wegen des Kriegsdiensts als Sanitätssoldat abbrechen muss. 1918 verfasst er Baal, sein erstes Theaterstück. Von 1924 an arbeitet er als Dramaturg bei Max Reinhardt in Berlin. Hier setzt sich Brecht mit der Philosophie des Marxismus auseinander. 1928 gelingt ihm mit der Dreigroschenoper ein grandioser Erfolg. In diesem Stück probiert er seine Technik des epischen Theaters aus, das sich erheblich von den traditionellen Theaterformen unterscheidet. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten werden Brechts Stücke verboten, ihm selbst wird die Staatsbürgerschaft entzogen. Er flieht ins Exil. Nach vielen Zwischenstationen, darunter Prag, Paris, Schweden, Finnland und die Sowjetunion, siedelt er sich mit seiner Frau, der Schauspielerin Helene Weigel, in Kalifornien an. Während des Exils entstehen seine berühmtesten Dramen, unter anderem Leben des Galilei (1938/39), Mutter Courage und ihre Kinder (1939) und Der kaukasische Kreidekreis (1944/45). Auch mit Gedichtzyklen tritt Brecht immer wieder hervor. Zwei Jahre nach dem Krieg, als in den USA die Jagd auf Kommunisten beginnt (McCarthy-Ära), kehrt Brecht den Vereinigten Staaten den Rücken. Die deutschen Westzonen verweigern ihm die Einreise, sodass er, nach einer Zwischenstation in der Schweiz, nach Ostberlin zieht. Gemeinsam mit seiner Frau gründet er hier 1949 das Berliner Ensemble. Im Theater am Schiffbauerdamm findet er eine geeignete Experimentierbühne für seine Stücke, die er dort höchstpersönlich zur Uraufführung bringt. Bertolt Brecht stirbt am 14. August 1956 in Berlin.

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