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Lolita

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Lolita

Rowohlt,

15 min read
12 take-aways
Text available

What's inside?

Einer der skandalumwittertsten Romane des 20. Jahrhunderts. Pornographie oder literarisches Meisterwerk? Urteilen Sie selbst.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Der erwachsene Mann und das Nymphchen

Vladimir Nabokovs Erfolgs- und Skandalroman Lolita ist ein vielfach missverstandenes Buch. Man hat es als bloßen pornographischen Text verurteilt oder umgekehrt als moralische Schrift angesehen. Beide Sichtweisen werden dem Roman jedoch nicht gerecht. Es geht dem Autor nicht vorrangig um die Darstellung zweifelhafter sexueller Neigungen, aber ebenso wenig lässt sich die Aussage des Buches auf irgendeine Moral reduzieren. Lolita ist ein sehr vielschichtiger Text: die psychologisch ausgefeilte Innenansicht eines Pädophilen, der seine Neigungen lange nur in der Phantasie ausleben kann, bis er durch "glückliche" Umstände zur einzigen Bezugsperson eines zwölfjährigen Mädchens wird. Die daraus entstehende Beziehung ist für ihn die Erfüllung seiner Träume - und zerstört zugleich sein Leben und auch das Leben Lolitas. Zu Recht gilt der Roman als das Hauptwerk des Russen Nabokov, der seine großen Erfolge auf Englisch schrieb. Die psychologische Darstellung ist ebenso überzeugend wie der virtuose Umgang des Autors mit Sprache und Textkomposition. Der Roman ist Lebensbeichte, Liebesgeschichte, Kriminalroman und psychologische Studie zugleich - ein moderner Klassiker.

Take-aways

  • Lolita ist einer der großen literarischen Skandale des 20. Jahrhunderts. Der Roman wurde als Pornographie angefeindet und als Meisterwerk gepriesen.
  • Nabokov erzählt darin die Lebensgeschichte des pädophilen Humbert Humbert.
  • Dieser kann seine Neigung zu Kindern nicht ausleben, während erwachsene Frauen ihn nicht interessieren.
  • Als er ein Zimmer bei der Witwe Charlotte Haze mieten will, lernt er deren zwölfjährige Tochter Lolita kennen und verliebt sich in sie.
  • Als ihm Charlotte einen Heiratsantrag macht, stimmt er zu, um Lolita auf Dauer nahe zu sein.
  • Kurz darauf verunglückt Charlotte tödlich - Humbert hat Lolita für sich.
  • Das ungleiche Paar beginnt eine Beziehung und reist zwecks Vertuschung ständig von Ort zu Ort.
  • Um Lolita nicht zu verlieren, erpresst Humbert sie. Schließlich flüchtet sie mit dem Dramatiker Clare Quilty.
  • Nach Jahren trifft Humbert Lolita wieder und erfährt, wer sein Konkurrent war. Daraufhin erschießt er Quilty und kommt dafür ins Gefängnis.
  • Wenig später stirbt er an einem Herzinfarkt. Lolita kommt bei der Geburt ihres Kindes ums Leben.
  • Der Roman fand zunächst keinen Verleger, begründete dann aber den internationalen Erfolg Nabokovs.
  • Durch die sprachliche Kreativität des Autors ist der Roman ein hochrangiges literarisches Kunstwerk.

Zusammenfassung

Kindheit und erste Liebe

Im Gefängnis blickt Humbert Humbert auf sein bisheriges Leben zurück und versucht, Erklärungen für seine besonderen sexuellen Neigungen zu finden: Humbert ist ein Pädophiler. Im Alter von drei Jahren hat er seine Mutter verloren, er hat keine Erinnerung mehr an sie. Sein Vater besaß ein Hotel an der Riviera, und dort war der Junge der Liebling der Gäste. Mit 13 Jahren lernte er die etwas jüngere Annabel kennen, die in der Nähe den Sommer verbrachte. Die beiden verliebten sich und versuchten mehrmals, sich einander auch sexuell zu nähern. Aber jedes Mal wurden sie in irgendeiner Weise gestört, die Beziehung blieb unerfüllt. Einige Monate später starb Annabel.

Die Begegnung mit Lolita

Ob diese Erfahrung die Ursache seiner späteren Neigungen ist oder nur ein erster Ausdruck davon, kann Humbert selbst nicht sagen. Auf jeden Fall ist er von da an völlig auf Mädchen in der Vorpubertät fixiert, auf einen bestimmten Mädchentypus, den er "Nymphchen" nennt. Diese Neigung kann er nicht ausleben, gleichzeitig interessieren ihn Beziehungen zu erwachsenen Frauen nicht. Er hofft aber, durch eine Ehe etwas Ordnung in sein Leben zu bringen und entscheidet sich für die kindliche Valeria. Diese Beziehung bleibt jedoch für beide unbefriedigend und endet schließlich mit der Scheidung. Unmittelbar danach ergibt sich für ihn die Möglichkeit, nach Amerika überzusiedeln: Unter dieser Bedingung hat ihm ein Onkel ein beträchtliches Vermögen vererbt. Dort angekommen, erleidet er mehrere Nervenzusammenbrüche mit anschließenden Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken.

„Lolita, Licht meines Lebens, Feuer meiner Lenden. Meine Sünde, meine Seele. Lo-li-ta: Die Zungenspitze macht drei Sprünge den Gaumen hinab und tippt bei Drei gegen die Zähne. Lo. Li. Ta.“ (S. 13)

Als der inzwischen 37-jährige Humbert für den Sommer eine Unterkunft auf dem Land sucht, erhält er das Angebot, bei einer Familie zu wohnen, die eine zwölfjährige Tochter hat. Diese Aussicht sagt ihm zu. Als er jedoch dort ankommt, ist das Haus seines Gastgebers abgebrannt. Ersatzweise wird ihm eine Unterkunft bei einer Bekannten der Familie angeboten, der verwitweten Charlotte Haze. Der enttäuschte Humbert findet Charlotte ebenso abstoßend wie ihr verwahrlostes Haus und möchte dort unter keinen Umständen einziehen. Seine Haltung ändert sich jedoch schlagartig, als er feststellt, dass auch Charlotte eine zwölfjährige Tochter hat: Dolores, von ihrer Mutter Lo genannt. Humbert ist sofort von Lo - die er dann in seinen Träumen Lolita nennt - fasziniert, denn er sieht in ihr die Verkörperung seiner Jugendliebe Annabel. Bereitwillig mietet er sich bei Charlotte ein.

Annäherungsversuche

Nun hat Humbert zum ersten Mal die Chance, einem "Nymphchen" näher zu kommen. Er projiziert seine sexuellen Phantasien auf sie und nutzt jede Möglichkeit, mit ihr in Körperkontakt zu kommen - möglichst unbemerkt und scheinbar harmlos, denn er hat zugleich Angst, entlarvt zu werden. Lolita reagiert mit kindlicher Unbefangenheit oder überdrehtem Verhalten, weist ihn aber nicht zurück. Zugleich bemüht sich Charlotte erfolglos, sich ihrem Mieter anzunähern. Wegen Lolitas auffälligem Benehmen kommt es zwischen Mutter und Tochter häufig zum Streit; schließlich schickt Charlotte die Kleine für zwei Monate in ein Sommercamp und bringt sie selbst dorthin.

„‚Das war meine Lo’, sagte sie, ‚und dies sind meine Lilien.’ ‚Ja’, sagte ich, ‚ja. Sie sind herrlich, herrlich, herrlich!’“ (S. 64)

Am gleichen Morgen lässt Charlotte Humbert einen Brief zukommen, in dem sie ihm ihre Liebe gesteht und ihn bittet, sie entweder zu heiraten oder noch am selben Tag ihr Haus zu verlassen. Humbert hat kein Interesse an Charlotte - aber rasch wird ihm klar, dass er auf diese Weise auf Dauer mit Lolita zusammen sein kann und als ihr Stiefvater auch ein gewisses Recht hat, mit ihr Zärtlichkeiten auszutauschen. Also willigt er in eine Heirat mit Charlotte ein.

Die Ehe mit Charlotte

Seine Hoffnungen auf ein Zusammensein mit Lo erfüllen sich jedoch zunächst nicht: Nach der Hochzeit, die wenig später stattfindet, teilt ihm Charlotte mit, dass Lo im Anschluss an das Camp überhaupt nicht mehr nach Hause zurückkehren, sondern direkt in ein Internat wechseln wird. Humbert ist darüber sehr bestürzt, wagt es aber nicht, seiner Frau zu widersprechen. Stattdessen denkt er daran, sie in einem See zu ertränken, bringt es aber, als sich die Möglichkeit bietet, nicht übers Herz. Dann stellt sich heraus, dass Lo doch nicht sofort im Internat aufgenommen werden kann und noch einige Monate zu Hause verbringen muss. Nun werden Humberts Pläne konkreter: Hin- und hergerissen zwischen seiner Begierde und der Angst, entdeckt zu werden, besorgt er sich Schlafmittel, um Mutter und Tochter zu betäuben und dann an Lo seine Phantasien ausleben zu können. Aber in der Zwischenzeit hat Charlotte seine Tagebuchaufzeichnungen entdeckt und erkannt, dass Humbert nicht in sie, sondern in ihre Tochter verliebt ist. Sie droht, ihn zu verlassen und Lo mitzunehmen. Doch dazu kommt es nicht mehr: Nach einer heftigen Auseinandersetzung läuft sie blindlings auf die Straße hinaus, wird von einem Auto überfahren und stirbt.

Die erste Nacht mit Lolita

Nun setzt Humbert alles daran, sein Ziel zu erreichen. Um keinen Verdacht zu erregen, gibt er Bekannten gegenüber vor, er habe vor 13 Jahren bereits eine Affäre mit Charlotte gehabt und Lo sei seine leibliche Tochter. Lolita, die sich noch immer im Camp aufhält, informiert er nicht über den Tod ihrer Mutter. Stattdessen holt er sie unter dem Vorwand, Charlotte sei schwer erkrankt, aus dem Camp ab und bringt sie in ein Hotel, wo er für die Nacht ein Doppelzimmer bestellt hat. Beim Abendessen gibt er Lo das Schlafmittel, muss aber in der folgenden, sehnlichst erwarteten Nacht feststellen, dass es nicht so wirkt, wie er sich das vorgestellt hat: Lo wird jedes Mal wach, wenn er versucht, sich ihr zu nähern. Am nächsten Morgen erzählt ihm Lo, dass sie im Camp bereits sexuelle Erfahrungen gesammelt hat. Für sie ist das alles nur ein Spiel, und auf ihr Betreiben hin kommt es auch zum Geschlechtsverkehr zwischen den beiden. Aber anschließend macht sie ihm Vorwürfe und möchte ihre Mutter anrufen. Erst in diesem Moment eröffnet ihr Humbert, dass Charlotte tot ist - Lo hat keine andere Wahl, als bei ihm zu bleiben.

Die erste Reise durch die USA

Nun hat sich die Beziehung grundlegend verändert: Lo ist abweisend und aggressiv, Humberts poetische Zuneigung zu ihr hat sich in bloße Begierde verwandelt, vermischt mit Angst und Eifersucht. Er fürchtet, entdeckt zu werden und Lolita zu verlieren. Deshalb versucht er, sie bei Laune zu halten, indem er jeden Tag etwas mit ihr unternimmt und sie mit Geschenken überhäuft. Als das nicht mehr ausreicht, macht er sie mit Bestechungen und Drohungen gefügig. Unter anderem redet er ihr ein, dass sie ihn auf keinen Fall verraten dürfe, denn wenn er ins Gefängnis komme, würde sie zwangsweise im Erziehungsheim landen.

„Ich bin wie eine der gedunsenen blassen Spinnen, die man in alten Gärten sieht. Sie sitzen in der Mitte eines glitzernden Netzes und geben diesem oder jenem Faden einen kleinen Ruck. Mein Netz ist über das ganze Haus gespannt, und ich lausche von meinem Stuhl aus, auf dem ich wie ein verschlagener Hexenmeister sitze.“ (S. 79)

Ein ganzes Jahr lang sind die beiden kreuz und quer durch die USA unterwegs. Dass Lo ihn nicht liebt, nimmt Humbert hin; dass sie leidet, interessiert ihn nicht weiter. Um sicherzustellen, dass Lo bei ihm bleibt, isoliert er sie, verbietet ihr jeglichen Kontakt zu Bekannten und überwacht sie, vor allem jedes Zusammentreffen mit anderen Männern. Gegen seine Drohungen weiß sich Lo nicht zu wehren.

Der Aufenthalt in Beardsley und die zweite Reise

Nach einem Jahr beschließt Humbert, mit Lo wieder sesshaft zu werden - in der Hoffnung, dass dies ihre Beziehung etwas verbessern würde. Sie lassen sich in Beardsley nieder, und Lo geht wieder zur Schule. Die Schwierigkeiten werden jedoch nicht geringer, im Gegenteil: Das Spiel aus Angst, Erpressung und Überwachung setzt sich fort. Humbert missbraucht Lo weiterhin, und sie fordert dafür Geld von ihm - das er ihr anschließend wieder abnimmt, aus Angst, sie könnte ihn verlassen, sobald sie finanziell dazu in der Lage ist. Lo wird immer abweisender und verschlossener. Von der Befürchtung, sie könnte eine Freundschaft mit einem Jungen beginnen, wird Humbert ebenso gequält wie von der Angst, seine Beziehung zu Lo könnte entdeckt werden. Gleichzeitig kann er sie jetzt weit weniger überwachen als auf der Reise. Trotzdem spioniert er ihr nach und versucht, alle Kontakte nach außen möglichst einzuschränken. Als die Schuldirektorin ihn wegen Lolitas Verhaltensauffälligkeiten zu einem Gespräch bittet, muss er sich vorher Mut antrinken, weil er fürchtet, entdeckt zu sein.

„Wir sind unglückliche, sanfte Gentlemen mit Hundeaugen, gut genug integriert, um unseren Drang in Gegenwart Erwachsener zu beherrschen, aber bereit, Jahre um Jahre unseres Lebens für eine einzige Chance hinzugeben, ein Nymphchen zu berühren.“ (S. 143)

Auf Zureden der Direktorin hin willigt er schließlich ein, dass Lo bei einer Aufführung des Schultheaters mitspielen darf. Nun ist sie auch bei den Theaterproben nicht mehr unter seiner Kontrolle. Sein Misstrauen wächst noch, als er von ihrer Klavierlehrerin erfährt, dass Lo ohne sein Wissen seit einiger Zeit den Klavierunterricht nicht mehr besucht. Lo begründet dies mit zusätzlichen Proben für das Theaterstück, was ihn in seiner Eifersucht aber nicht überzeugt. Nach einem heftigen Streit flüchtet Lo, kehrt aber zu ihm zurück unter der Bedingung, dass sie wieder auf Reisen gehen und diesmal sie die Route bestimmen darf.

„Und sie war mein, sie war mein, der Schlüssel war in meiner Faust, meine Faust war in meiner Tasche, Lolita war mein.“ (S. 203)

Nun nehmen die beiden ihre Fahrt durch die Staaten wieder auf. Dabei wachsen Humberts Eifersucht und sein Misstrauen immer mehr. Er fühlt sich von einem mysteriösen Mann im roten Cabrio verfolgt, und es geschehen merkwürdige Dinge, die seine Angst, Lo zu verlieren, weiter nähren. Schließlich werden seine Befürchtungen Realität: Wegen einer Infektion muss Lo ins Krankenhaus - und verschwindet kurz darauf spurlos; angeblich wurde sie von ihrem Onkel abgeholt.

Das Leben ohne Lolita

Verzweifelt nimmt Humbert die Suche nach ihr auf. Jener angebliche Onkel muss der Unbekannte sein, der ihnen auf der Reise gefolgt ist. So klappert er alle Motels in der Nähe ihrer Reiseroute ab und sucht in den Gästebüchern nach Namen, die ihm verdächtig vorkommen. Auf diese Weise will er die Route ihres Verfolgers rekonstruieren und Rückschlüsse auf seine Identität ziehen. Seine fieberhafte Suche - er nimmt sogar einen Detektiv zu Hilfe - ist jedoch erfolglos, Lolita bleibt verschwunden.

„Im Hotel hatten wir getrennte Zimmer, aber mitten in der Nacht kam sie schluchzend zu mir herüber, und sehr sanft machten wir es wieder gut. Verstehen Sie, sie hatte sonst ja auch niemanden, zu dem sie hätte gehen können.“ (S. 230)

Nach und nach trennt er sich von den Gegenständen, die ihn an Lolita erinnern. Sein Interesse an Kindern besteht unverändert, aber anders als vor seiner Beziehung zu Lolita ist er nicht mehr damit zufrieden, es nur in seiner Phantasie auszuleben. Da er auch das Alleinsein nicht erträgt, sucht er sich eine erwachsene Partnerin: Rita, die er in einer Bar kennen gelernt hat. Zusammen mit ihr nimmt er die Suche nach Lolita wieder auf, hat aber auch jetzt keinen Erfolg.

Das Wiedersehen mit Lolita und der Mord an Quilty

Einige Jahre später erhält er einen Brief von der inzwischen 17-jährigen Lolita. Sie teilt ihm mit, dass sie verheiratet ist, ein Kind erwartet und dringend Geld braucht. Humbert bricht sofort auf, um sie zu suchen - und mit dem Vorsatz, ihren Mann zu erschießen, den er für den Entführer von damals hält. Er findet Lolita, hochschwanger und verblüht, in einer völlig verkommenen Barackensiedlung, wo sie zusammen mit ihrem schwerhörigen Mann Dick haust. Humbert wird schnell klar, dass der junge Dick nicht der Mann ist, den er sucht. Auf sein Drängen hin lüftet Lolita das Geheimnis: Der Unbekannte, der sie aus dem Krankenhaus abgeholt hat, ist Clare Quilty, der Autor des Theaterstücks, bei dem sie in Beardsley mitspielen wollte. Bei den Proben für das Schultheater hatte sie ihn kennen gelernt und sich in ihn verliebt. Quilty war für seine pädophilen Neigungen bereits bekannt. Sie erzählte ihm von ihrem Verhältnis zu Humbert und plante mit ihm ihre Flucht. Anschließend brachte er sie auf seine Ranch und wollte sie dort zur Mitwirkung in pornographischen Filmen zwingen, aber sie flüchtete erneut und schlug sich allein durch, bis sie schließlich Dick kennen lernte und ihn heiratete.

„Wie süß war es, ihr den Kaffee zu bringen und ihn ihr dann zu verweigern, bis sie ihre Morgenpflicht erfüllt hatte.“ (S. 266)

Humbert spürt, dass er Lolita liebt, obwohl sie inzwischen ihren Reiz als "Nymphchen" verloren hat. Er bittet sie, Dick zu verlassen und mit ihm zu kommen, aber sie lehnt entschieden ab. Das verlangte Geld gibt er ihr dennoch.

Besessen von dem Wunsch, Clare Quilty zu töten, bringt Humbert dessen Adresse in Erfahrung und schleicht sich in Quiltys Haus ein. Nach einer grotesken Auseinandersetzung erschießt er den Dramatiker. Anschließend macht er durch seine Fahrweise die Polizei auf sich aufmerksam und wird festgenommen.

„Es kam mir oft vor, als wohnten wir in einem erleuchteten Glashaus und als könne jeden Augenblick ein dünnlippiges Pergamentgesicht durch ein leichtsinnigerweise unverhülltes Fenster spähen, um eines kostenlosen Anblicks teilhaftig zu werden, für den der ausgebuffteste Voyeur ein kleines Vermögen gezahlt hätte.“ (S. 292)

Humbert stirbt in der Haft an einem Herzinfarkt, Lolita wenig später bei der Geburt ihres Kindes.

Zum Text

Aufbau und Stil

Nabokov gibt dem Roman eine kunstvolle Struktur: Das eigentliche Geschehen berichtet der Ich-Erzähler Humbert Humbert rückblickend aus der Haft. Der Text ist als eine Art Verteidigungsschrift abgefasst, öfters werden sogar die Geschworenen direkt angesprochen. Gegliedert ist er in zwei Teile, von denen der zweite kurz nach der ersten gemeinsamen Nacht von Humbert und Lolita im Hotel beginnt, also ziemlich genau an dem Punkt, an dem die Liebesbeziehung in Nötigung und Erpressung umschlägt. Zu Beginn des Buches gibt ein fiktiver Herausgeber, Dr. John Ray, in einem Vorwort zusätzliche Informationen zur Person Humberts und zu seinem Text. Er ist es auch, der dem Leser schon vor der eigentlichen Romanhandlung mitteilt, dass die beiden Hauptpersonen nicht mehr am Leben sind. Bemerkenswert ist der Stil Nabokovs, seine sprachliche Kreativität und Eleganz. Die zahllosen Sprachspielereien, Wortneuschöpfungen und die Ironie des Textes machen die Lektüre zu einem Vergnügen. Um Humbert als Ausländer zu kennzeichnen, sind auch zahlreiche französische Passagen eingefügt. Der Text enthält außerdem viele Querverweise - so taucht z. B. die Figur Clare Quiltys schon von Anfang an und dann immer wieder auf - und Anspielungen auf andere literarische Werke, z. B. Justine von Marquis de Sade oder das Gedicht Annabel Lee von Edgar Allan Poe.

Interpretationsansätze

  • Die pädophilen Neigungen des Protagonisten sind ein zentrales Thema des Romans. Humbert Humbert ist hin- und hergerissen zwischen seinem Verlangen und dem Wunsch, unentdeckt zu bleiben. Für den Leser ist es ein sehr eigentümliches und zwiespältiges Erlebnis, die Handlung in literarisch kunstvoller Form von einem Perversen erzählt zu bekommen.
  • Der Leser sieht die Ereignisse nur aus Humberts Perspektive und daher verzerrt: Auffällig sind die vielen Umschreibungen und Beschönigungen; auf seine Aufenthalte in Nervenkliniken geht Humbert nur ganz am Rande ein.
  • Aus diesem Grund erfährt der Leser auch wenig über die Persönlichkeit Lolitas, über ihr Innenleben, ihre Wünsche und Leiden. Ob sie Humbert zu Anfang tatsächlich bewusst ermutigt hat und eine Beziehung mit ihm wollte, muss offen bleiben.
  • Der Roman ist eigentlich keine Liebesgeschichte, denn für beide Partner ist Sex nicht unbedingt verbunden mit Liebe. Für Lolita ist zunächst alles nur ein Spiel, das bald seinen Reiz verliert; ihre Beziehung zu Humbert hat mit Liebe nichts zu tun. Humbert dagegen sieht Lolita vorwiegend als Lustobjekt und empfindet nur selten wirklich Liebe für sie.
  • Nabokov spiegelt dem Leser Authentizität vor: Durch die Angabe von Jahreszahlen, das Vorwort des fiktiven Herausgebers und den wiederholten Hinweis Humberts, dass er anstelle der richtigen Namen durchgehend Pseudonyme verwendet habe, erhält der Leser den Eindruck, bei dem Text handle es sich tatsächlich um die Lebensbeichte eines Verbrechers.
  • Einige Zufälle in der Handlung wirken sehr konstruiert. Dass Charlotte genau im richtigen Moment stirbt, nimmt man dem Autor ebenso ungern ab wie die nachts zufällig offen stehende Tür, die Humbert Zutritt zum Haus seines Opfers Quilty verschafft.

Historischer Hintergrund

Russische Adlige in der Emigration

Nach der Abdankung des Zaren 1917 gelangten wenige Monate später mit der Oktoberrevolution die Bolschewiken in Russland an die Macht. Ein Bürgerkrieg brach aus, der sich über drei Jahre hinzog und schließlich mit dem Sieg der Bolschewiken endete. Die entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer 1917 nahm vielen Adligen die Lebensgrundlage. Darüber hinaus war durch die Revolution auch ihr Leben bedroht. Viele Angehörige des russischen Adels flüchteten daher vor den politischen Wirren nach Westeuropa, insbesondere nach Deutschland und Frankreich. Oft hatte diese Flucht quer durch Europa mehrere Stationen, bis die Flüchtlinge irgendwo eine neue Heimat fanden. Ihre Bildung, insbesondere die Fremdsprachenkenntnisse, erleichterte ihnen die Eingliederung. Doch die meisten hatten durch die Flucht ihr letztes Hab und Gut verloren. Im Exil lebten sie in bescheidensten Verhältnissen, viele hielten sich als Taxifahrer oder Sprachlehrer über Wasser.

Mit dem Ende des Bürgerkriegs und der Gründung der UdSSR wurde klar, dass eine Rückkehr in die Heimat in naher Zukunft nicht möglich war. Für die Russen, die sich in Deutschland angesiedelt hatten, wurde der Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft ein Grund, ein zweites Mal ins Exil zu gehen.

So war die Grunderfahrung dieser Menschen die Entwurzelung: der Verlust der Existenz, das Exil in verschiedenen Ländern, die Suche nach einer neuen Heimat. Auch Vladimir Nabokov war von dieser Erfahrung geprägt. Im Protagonisten seines Romans Lolita spiegelt sie sich wider: Humbert Humbert emigriert aus Frankreich in die USA, er spricht mehrere Sprachen und vermischt sie miteinander. Vor allem aber ist er ein entwurzelter Mensch, der ziellos unterwegs ist und keine wirkliche Heimat findet.

Entstehung

Liebesbeziehungen zwischen sehr jungen Menschen finden sich in Nabokovs Werken immer wieder, so z. B. bereits in seinem ersten Roman Maschenka oder Jahrzehnte später in Ada oder Das Verlangen. Als direkter Vorläufer von Lolita kann die Erzählung Der Zauberer gelten, die Nabokov 1939 in Paris schrieb und die erst 1986, also einige Jahre nach dem Tod des Autors, auf Englisch veröffentlicht wurde. Im Nachwort zu Lolita berichtet er selbst, was ihn zuerst inspirierte: Angeblich war es die Zeitungsnotiz über einen Affen, der von einem Wissenschaftler dazu gebracht wurde, zu zeichnen - und daraufhin die Gitterstäbe seines Käfigs abbildete. Ebenso ist die männliche Hauptfigur im Roman in ihren pädophilen Neigungen gefangen. In der Erzählung Der Zauberer finden sich bereits die grundlegenden Handlungsstränge des ersten Teils von Lolita: Ein etwa 40-jähriger Mann verliebt sich in eine Zwölfjährige und heiratet die Mutter des Mädchens. Als diese stirbt, nimmt er das Kind mit auf eine Reise und missbraucht es bereits in der ersten Nacht im Hotel. Dieses Thema nahm Nabokov nach seiner Übersiedlung in die USA in Lolita wieder auf und verlegte die Handlung in seine neue Heimat.

In jüngster Zeit wurden deutliche Parallelen des Romans zur Erzählung Lolita des Autors Heinz von Lichberg festgestellt, die bereits 1916 entstand und die Nabokov vermutlich gekannt hat.

Wirkungsgeschichte

Zunächst fand Nabokov in den USA der 1950er Jahre wegen der heiklen Thematik keinen Verleger für Lolita. So erschien der Roman zuerst 1955 in Paris - bei einem Verlag, der überwiegend erotische Literatur herausgab. Erst drei Jahre später konnte das Buch auch in den USA erscheinen und löste prompt einen Skandal aus: Kritiker bezeichneten es als pornographisch und geschmacklos. Zugleich aber begründete es den internationalen Erfolg des Autors und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der Roman gilt inzwischen als Nabokovs Hauptwerk und als eines der wichtigsten Werke der modernen Literatur.

Verfilmungen des Romans entstanden 1961 und 1997: Stanley Kubrick und Adrian Lyne waren die Regisseure, die Hauptrollen wurden gespielt von James Mason und Sue Lyon bzw. von Jeremy Irons und Dominique Swain. Außerdem verfasste der bekannte amerikanische Dramatiker Edward Albee eine Bühnenversion (1981). In der ehemaligen Sowjetunion war Lolita, wie auch die übrigen Werke Nabokovs, jahrzehntelang verboten und konnte erst im Zuge der Reformpolitik Michail Gorbatschows erscheinen.

Dass der Name "Lolita" inzwischen als Synonym für ein erotisch anziehendes Mädchen oder eine Kindfrau verwendet wird, ist ein deutlicher Hinweis darauf, welche Bedeutung der Roman international errungen hat.

Über den Autor

Vladimir Nabokov ist einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Sein Werk lässt sich keiner literarischen Richtung zuordnen; ebenso wenig kann man ihn als eindeutig russischen oder amerikanischen Autor bezeichnen. Geboren wird er am 23. April 1899 als ältester Sohn einer russischen Adelsfamilie in St. Petersburg. Bereits als Jugendlicher veröffentlicht er Gedichte. Als er 20 Jahre alt ist, flüchtet die Familie vor den Wirren der Revolution nach England. Nach einem Studium der russischen und französischen Literatur in Cambridge lebt er von 1921 bis 1937 in Berlin. Hier entstehen zahlreiche literarische Werke - Gedichte, Erzählungen und Romane - in russischer Sprache, die er unter dem Pseudonym W. Sirin in Emigrantenzeitungen veröffentlicht. Nach Maschenka, seinem ersten Roman, sind hier u. a. die Romane Lushins Verteidigung, Einladung zur Enthauptung und Die Gabe zu nennen. 1925 heiratet er die russische Jüdin Vera Slonim, neun Jahre später wird sein Sohn Dmitri geboren. Um den zunehmenden Repressalien im nationalsozialistischen Deutschland zu entgehen, siedelt die Familie 1937 nach Frankreich über, ehe sie 1940 in die USA emigriert. Hier ist Nabokov als Schmetterlingsexperte sowie als Übersetzer, Lektor und Professor für Literatur tätig. Den ersten Roman in englischer Sprache, Das wahre Leben des Sebastian Knight, hat er noch in Frankreich verfasst, nun folgen weitere Werke auf Englisch: Das Bastardzeichen, Andere Ufer und Pnin. Während seine Veröffentlichungen in russischer Sprache weitgehend unbeachtet geblieben sind, wird er nun einem größeren Leserkreis bekannt, ehe er mit dem Erscheinen von Lolita international den Durchbruch schafft. Nach dem Erfolg dieses Romans gibt Nabokov seine Lehrtätigkeit auf und geht 1960 nach Europa zurück, wo er in einem Hotel in Montreux am Genfersee lebt. Zu den wichtigsten Werken aus dieser Schweizer Schaffensphase zählen die Romane Fahles Feuer, Ada oder Das Verlangen und Sieh doch die Harlekins! Am 2. Juli 1977 stirbt Vladimir Nabokov in Lausanne.

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