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Die große Angst in den Bergen
Buch

Die große Angst in den Bergen

Paris, 1926
Diese Ausgabe: Nagel & Kimche, 2009 more...

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Expressionismus

Worum es geht

Der kubistische Roman

Die große Angst in den Bergen wirkt wie ein mit der Handkamera gedrehter Independent-Film: ständige Wechsel in der Erzählzeit, nervöse Sprünge von einer Erzählperspektive zur nächsten. Man mag kaum glauben, dass die Erstveröffentlichung schon so weit zurückliegt: 1926. Charles Ferdinand Ramuz lebte über zehn Jahre in Paris und pflegte den Kontakt zu den Künstlerkreisen der Hauptstadt. Besonders beeinflusst war er von Malern wie Cézanne und Picasso, was auch die experimentelle, vielfältige Erzählperspektive seines Romans erklärt: Ramuz übernahm für seine Literatur die Prinzipien der kubistischen Malerei. Inhaltlich gibt sich Die große Angst in den Bergen weniger fortschrittlich als auf der stilistischen Ebene. Es geht um den Konflikt zwischen Alt und Jung, zwischen Tradition und Moderne – wobei der Autor vor allzu großer Aufbruchsfreude zu warnen scheint. Für den Leser zahlt es sich jedoch aus, wenn er sich auf diesen ungewöhnlichen Text einlässt: Ramuz’ erzählerisches Experiment wirkt bis heute modern, ist spannend geblieben und liest sich mit Leichtigkeit.

Zusammenfassung

Dunkle Vergangenheit

Auf einer Versammlung lässt der Vorsteher eines Dorfes, Maurice Prâlong, über die Alp Sasseneire abstimmen. Vor 20 Jahren hat es dort ein Unglück gegeben, seitdem ist kein Vieh mehr hinaufgetrieben worden. Doch vielleicht sollte man es jetzt wieder wagen. Die älteren Gemeindemitglieder sind dagegen. Sie erinnern sich noch an die damaligen Vorkommnisse, bei denen viele der Beteiligten ums Leben gekommen sind. Die jüngeren Dorfbewohner können sich jedoch durchsetzen: 70 Kühe sollen auf der Alp weiden, was einen nicht unerheblichen Gewinn für das Dorf bedeutet, ein gutes Geschäft.

Besonders unbeeindruckt von den schaurigen Erzählungen zeigt sich Pierre Crittin. Er stammt aus dem Tal und hört nicht auf den Aberglauben der Dorfbewohner. Crittin will die Pacht der Alp übernehmen und den Erkundungsgang leiten. Um den Zustand des Geländes zu prüfen, bricht er zusammen mit seinem Neffen und dem Vorsteher auf. Der Weg führt durch steiniges Gelände, in dem es so dunkel ist, dass die Männer sich vorkommen wie in einem Grab. Die Gegend ist karg, nur auf der Alp selbst findet sich eine filzartige Grasfläche. ...

Über den Autor

Charles Ferdinand Ramuz wird am 24. September 1878 als Sohn eines Kolonialwaren- und späteren Weinhändlers geboren. Von 1887 bis 1900 studiert er an der altphilologischen Fakultät der Universität Lausanne. Dann geht er nach Paris und schreibt einen ersten Roman, der jedoch unveröffentlicht bleibt. Von der französischen Hauptstadt aus, in der er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs wohnt, engagiert er sich für die Literatur der Westschweiz, er gründet die Zeitschrift La Voile latine und schreibt für diverse andere Magazine. 1903 erscheint seine Gedichtsammlung Le petit village (Das Dorf in den Bergen), 1905 folgt der Roman Aline. Beide Bücher sind erfolgreich. Ramuz lernt die Malerin Cécile Cellier kennen, die er 1913 heiratet. 1914 zieht Ramuz mit Frau und Tochter zurück nach Lausanne. Er ist stark beeinflusst von den Werken des Malers Paul Cézanne und erarbeitet gemeinsam mit dem Komponisten Igor Strawinsky das Musiktheaterstück L’histoire du soldat (Die Geschichte vom Soldaten, 1918). Da er die Sprache seiner Romane dem westschweizerischen Dialekt anpasst, bleibt in dieser Zeit der Erfolg beim Publikum aus. Trotz der Unterstützung des Industriellen Werner Reinhart gerät Ramuz zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Erst durch die Förderung durch bekannte Schriftsteller wie Jean Cocteau, André Gide und Louis-Ferdinand Céline kann er schließlich die Sympathie des Pariser Publikums zurückgewinnen. Sein erfolgreichster Roman, La grande peur dans la montagne (Die große Angst in den Bergen), erscheint 1926. Es folgen u. a. La beauté sur la terre (Die Schönheit auf Erden, 1927) und Derborence (Bergsturz auf Derborence, 1934). Nun erfährt Ramuz auch öffentliche Anerkennung für seine Arbeit: 1930 erhält er den Prix Romand, 1936 den Großen Schillerpreis. Nach längerer Krankheit stirbt er am 23. Mai 1947 in seinem Geburtsort Lausanne.


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