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Für Marx
Buch

Für Marx

Paris, 1965
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2011 more...

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
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Worum es geht

Der wahre Marx

Dass Schriften von großen Philosophen in ihrem historischen Kontext gelesen werden müssen, gilt heute als selbstverständlich. Mitte der 1960er Jahre, als Louis Althussers Für Marx erschien, war das noch nicht so. In verschiedenen Beiträgen erinnerte der französische Philosoph daran, dass auch Denker wie Marx nicht im luftleeren Raum philosophierten, sondern in einer ganz bestimmten historischen Realität lebten, die bei der Interpretation ihrer Werke berücksichtigt werden muss. Mit seiner strukturalistischen Lektüre von Marx’ Schriften wandte sich Althusser gegen linke Intellektuelle in ganz Europa, die sich vom marxistisch-leninistischen Dogmatismus lösen und in Marx einen humanistischen Philosophen erkennen wollten. Marx, so Althusser, habe keineswegs die Hegel’sche Dialektik vom Kopf auf die Füße gestellt, sondern eine eigene Wissenschaft begründet. Sein Buch löste zunächst eine lebhafte Debatte unter den Linken aus, verschwand in den 70er Jahren aber in der Versenkung. Trotzdem: ein wichtiges Werk der marxistischen Philosophie und eine aufschlussreiche Zeitreise in die Debatten der 60er Jahre.

Zusammenfassung

Der junge und der reife Marx

Im Jahr 1840 erwarteten junge radikale Intellektuelle, die so genannten Junghegelianer, dass die Geschichte im Sinne der Vernunft auf ein Ziel hin fortschreite. Die Realität unter Friedrich Wilhelm IV., der zunächst als liberal galt, sich aber bald zum Despoten entwickelte, enttäuschte ihre Hoffnungen. Begeistert reagierten sie auf die Schriften Ludwig Feuerbachs, dessen Philosophie mit Hegel und allen Illusionen über eine vernunftgerichtete Geschichte gründlich aufräumte. Zu ihnen zählte auch der junge Karl Marx, der von Feuerbach nicht nur einzelne Begriffe, sondern die ganze Problematik übernahm. Der Bruch mit Feuerbach, den Marx später in Schriften wie Das Elend der Philosophie oder Das Kapital vollzog, lässt sich darauf zurückführen, dass sich Feuerbach in Marx’ Augen nie vollständig von Hegels Denken gelöst, sondern dessen theoretische Voraussetzungen übernommen hatte.

In aktuellen marxistischen Debatten taucht immer wieder die Frage auf, ob der junge Marx mit dem reifen Marx identisch sei oder ob dazwischen ein Bruch stattgefunden habe. Um die Behauptung, der späte Marx habe sich vom jungen entfernt, zu entkräften...

Über den Autor

Louis Althusser wird am 16. Oktober 1918 im algerischen Birmandreis in eine bürgerliche französische Familie geboren. Im Alter von zwölf Jahren zieht er mit seiner Familie nach Lyon, wo er das Gymnasium absolviert und sich in der katholischen Jugendorganisation engagiert. 1939 erhält er die Zulassung an der Pariser Elite-Universität École normale supérieure (ENS), doch direkt danach wird er zum Kriegsdienst eingezogen und gerät schon ein Jahr später in deutsche Gefangenschaft, ohne in Kriegshandlungen verwickelt worden zu sein. Nach dem Krieg nimmt er an der ENS sein Studium auf und unterrichtet nach glänzendem Abschlussexamen dort Philosophie. Auf dem Umweg über die Jugendorganisation „Action catholique“ zum Kommunismus gelangt, tritt er 1948 in die Kommunistische Partei Frankreichs ein, der er trotz mancher Auseinandersetzungen bis an sein Lebensende verbunden bleiben wird. In dieser Zeit lernt er seine spätere Frau Hélène Rytman kennen. Als Professor an der ENS übt er maßgeblichen Einfluss auf Schüler und Weggefährten aus, z. B. Michel Foucault, Nicos Poulantzas und Bernard-Henri Lévy. Er veröffentlicht viele Beiträge zu Marx und zum Marxismus, darunter Pour Marx (Für Marx, 1965) und Lire le capital (Das Kapital lesen, 1965). Schon in jungen Jahren leidet Althusser unter manisch-depressiven Schüben, die mit Psychotherapie, aber auch Elektroschocks und Medikamenten behandelt werden. Im November 1980 erwürgt er seine Frau in der gemeinsamen Wohnung. Das Gericht erklärt ihn für nicht schuldfähig und weist ihn in eine geschlossene psychiatrische Anstalt ein – das Ende seiner wissenschaftlichen Karriere. Drei Jahre später wird Althusser wieder freigelassen. Die letzten Lebensjahre verbringt er zurückgezogen in seiner Pariser Wohnung und schreibt mehrere Essays sowie zwei verschiedene Fassungen seiner Autobiografie, die 1992 posthum veröffentlicht werden. Louis Althusser stirbt am 22. Oktober 1990 in Paris.


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