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Das Herz ist ein einsamer Jäger

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Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger

Diogenes Verlag,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Traurige Menschen in einer trostlosen amerikanischen Kleinstadt in den 1930er Jahren – hört sich trist an, ist aber ein sehr berĂŒhrender Roman.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Roman der Einsamkeit

Es ist eine trostlose Welt, in die Carson McCullers ihre Leser versetzt: eine Kleinstadt im SĂŒden der USA Ende der 30er Jahre. Hier herrschen Armut, Enge und Diskriminierung. Die Menschen trĂ€umen von einer besseren Zukunft und können doch kaum etwas tun, um die triste RealitĂ€t zu verĂ€ndern. Schlimmer noch als die wirtschaftliche Lage ist die Einsamkeit: Die Menschen sehnen sich nach NĂ€he, können jedoch ihre Isolation nicht durchbrechen. Sinnbild fĂŒr diese Beziehungslosigkeit ist der taubstumme John Singer, der sich nur in GebĂ€rdensprache ausdrĂŒcken kann und eine fast zĂ€rtliche Zuneigung fĂŒr den geistig beschrĂ€nkten Spiros Antonapoulos hegt, denn nur mit ihm, der ebenfalls taubstumm ist, kann er kommunizieren. Als Antonapoulos stirbt, nimmt sich auch Singer das Leben. Carson McCullers ist mit ihrem Erstlingswerk eine beklemmende Studie menschlicher Einsamkeit gelungen. Der Roman hat auch starke politische und historische BezĂŒge, etwa die Auseinandersetzung mit Faschismus und Rassendiskriminierung. Als Parabel der Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit geht das Buch auch heute noch jedem Leser unter die Haut.

Take-aways

  • Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger beschreibt die Schicksale mehrerer Menschen in einer Kleinstadt im SĂŒden der USA Ende der 30er Jahre.
  • Zentrale Figur ist der Taubstumme John Singer, der mit dem ebenfalls taubstummen, geistig beschrĂ€nkten Spiros Antonapoulos eine Wohnung teilt.
  • Als Antonapoulos in eine Anstalt eingewiesen wird, ist Singer allein und isoliert, weil sein Freund der Einzige war, mit dem er sich in GebĂ€rdensprache unterhalten konnte.
  • Er zieht um und findet neue Freunde: das MĂ€dchen Mick, den Kommunisten Jake Blount und den farbigen Arzt Dr. Copeland.
  • Sie alle hegen Sympathie fĂŒr den sanften, freundlichen Taubstummen und teilen ihm ihre Gedanken und WĂŒnsche mit.
  • Mick trĂ€umt von einer Karriere als Komponistin, wird aber am Ende VerkĂ€uferin bei Woolworth, weil sie Geld verdienen muss, um ihre Familie zu unterstĂŒtzen.
  • Der alte und kranke Dr. Copeland hat jahrelang um bessere Lebensbedingungen fĂŒr die Farbigen gekĂ€mpft, ohne wirklich etwas erreicht zu haben.
  • Jake Blount versucht die Arbeiter fĂŒr ihre Lage zu sensibilisieren, aber auch sein Kampf bleibt erfolglos.
  • Singer vermisst Antonapoulos sehr und besucht ihn regelmĂ€ĂŸig, um sich mit ihm zu unterhalten. Als Antonapoulos stirbt, nimmt Singer sich das Leben.
  • Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger war der erste Roman der damals 23-jĂ€hrigen Carson McCullers.
  • Das Buch machte die junge Autorin mit einem Schlag berĂŒhmt und blieb ihr erfolgreichstes Werk.
  • McCullers verknĂŒpft in dem Buch zeitkritische Elemente mit einer beklemmenden Darstellung von Einsamkeit und Isolation.

Zusammenfassung

Zwei Freunde

In einer Kleinstadt im SĂŒden der USA teilen sich zwei taubstumme MĂ€nner eine Wohnung: der geistig beschrĂ€nkte, dicke, etwas schlampige Spiros Antonapoulos und der intelligente John Singer, der immer viel Wert auf sein Aussehen legt. Antonapoulos arbeitet in einem Obstladen, Singer als Graveur bei einem Juwelier. Morgens machen sich die beiden gemeinsam auf den Weg zur Arbeit, abends holt Singer Antonapoulos wieder ab. Dann erzĂ€hlt er dem Freund in GebĂ€rdensprache alles, was er tagsĂŒber erlebt hat und was ihn bewegt. Antonapoulos dagegen kommuniziert kaum, er interessiert sich hauptsĂ€chlich fĂŒr Essen, Trinken und Schlafen. So gegensĂ€tzlich die beiden auch sind: Singer hĂ€ngt sehr an Antonapoulos, denn dieser ist der einzige Mensch im StĂ€dtchen, mit dem er sich in GebĂ€rdensprache unterhalten kann. Mit dem Mund zu sprechen, hat Singer zwar auch gelernt, aber er hat die Erfahrung gemacht, dass ihn seine hörenden Mitmenschen oftmals doch nicht richtig verstehen, deshalb verzichtet er lieber darauf. Zusammen mit Antonapoulos lebt er sehr zurĂŒckgezogen, andere Freunde haben die beiden nicht. Zehn Jahre wohnen sie so zusammen, da beginnt Antonapoulos sich zu verĂ€ndern. Er wird aggressiv, stiehlt und benimmt sich ĂŒberhaupt sehr sonderbar. Singer versucht, den Freund möglichst vor den Folgen seines Verhaltens zu bewahren. Mehrmals muss Antonapoulos zur Polizei, Singer geht jeweils mit und bezahlt alle Geldstrafen fĂŒr ihn, obwohl er sich damit selbst finanziell ruiniert. Dennoch wird der Grieche eines Tages in eine Nervenheilanstalt gebracht. Nun ist Singer allein und hat niemanden mehr, dem er etwas erzĂ€hlen kann. Das Leben in der einst gemeinsamen Wohnung ist ihm zuwider, deshalb gibt er sie auf und nimmt sich ein Zimmer bei Familie Kelly.

Neue Bekannte

Eines Tages trifft Singer in der Kneipe von Biff Brannon einen völlig betrunkenen, merkwĂŒrdig aussehenden Mann. Es ist Jake Blount, der vor zwei Wochen in der Stadt aufgetaucht ist und seitdem in Biffs Kneipe herumsitzt, isst und trinkt, ohne zu zahlen. Blount begeistert sich fĂŒr die Ideen des Kommunismus. Er sieht, dass viele Menschen hart schuften mĂŒssen, nur um ĂŒberleben zu können, und dass stattdessen ganz andere dadurch reich werden. Diese Ungerechtigkeit macht ihn wĂŒtend, und er möchte etwas Ă€ndern. Da Singer ihm offensichtlich zuhört, erzĂ€hlt er auch diesem seine Theorien, zunĂ€chst ohne zu bemerken, dass sein GegenĂŒber taubstumm ist. Als Blount wenig spĂ€ter auf der Straße randaliert und von der Polizei zurĂŒck in die Kneipe gebracht wird, nimmt Singer ihn mit in sein Zimmer, lĂ€sst ihn dort ĂŒbernachten und bietet ihm auch fĂŒr die nĂ€chste Zeit Obdach an. Blount lehnt diesen Vorschlag jedoch ab und macht sich auf die Suche nach einer Arbeitsstelle. Schnell hat er Erfolg: Er soll auf einem Rummelplatz das Karussell bedienen. Auf dem RĂŒckweg in die Innenstadt versucht Blount, ein paar Arbeiter zum Streik zu animieren, aber sie lachen ihn nur aus. Aus einem GefĂŒhl der Einsamkeit heraus kehrt Blount zu Singer zurĂŒck und verbringt auch die folgende Nacht bei ihm. Blount sucht sich danach zwar eine eigene Wohnung, besucht aber Singer weiterhin regelmĂ€ĂŸig. Die freundliche, nachdenkliche Art des Taubstummen zieht noch andere Menschen in seiner Umgebung an. Mick, die zwölfjĂ€hrige Tochter der Kellys, der schwarze Arzt Dr. Copeland und Biff Brannon kommen öfters bei Singer vorbei. Weil er ihnen aufmerksam zuhört, fĂŒhlen sie sich von ihm verstanden und vertrauen ihm ihre Gedanken und GefĂŒhle an.

LebenstrÀume

Mick lebt mit ihren Eltern und ihren fĂŒnf Geschwistern in einer Dreizimmerwohnung. Seit sich ihr Vater, Mr. Kelly, bei einem Unfall verletzt hat, kann er seinen Beruf als Tischler nicht mehr ausĂŒben. So hĂ€lt sich die Familie ĂŒber Wasser, indem sie die Zimmer ihres Hauses an PensionsgĂ€ste vermietet. Ab und zu kann der Vater auch etwas Geld verdienen, indem er Uhren repariert, doch kommt die Familie damit nicht weit. Mick leidet unter diesem Zustand. Sie ist sehr musikalisch und trĂ€umt davon, eines Tages eine berĂŒhmte Komponistin zu werden. Schon jetzt schreibt sie Kompositionen in ein Heft. FĂŒr Musikunterricht oder gar ein Klavier ist jedoch kein Geld da, nicht einmal fĂŒr ein Radio. Das fĂŒhrt dazu, dass Mick sich nachts draußen herumtreibt, um Musik aus fremden Wohnungen zu hören. Singer ist der einzige Mensch, dem sie ihre TrĂ€ume erzĂ€hlt.

„Es gab in der Stadt zwei Taubstumme, die man stets beisammen sah. (...) Zwei sehr ungleiche Freunde waren es.“ (S. 5)

Auch Dr. Copeland hat ein Lebensziel: Er möchte die Situation seines Volkes verbessern, dafĂŒr sorgen, dass auch die Farbigen in Amerika menschenwĂŒrdig leben können und Zugang zu Bildung haben. Er selbst hat sich aus eigener Kraft hochgearbeitet. Als Arzt sieht er Armut und Elend in der schwarzen Bevölkerung jeden Tag. UnermĂŒdlich versucht er die Menschen zu belehren, etwas zu verbessern, aber ohne Erfolg. Inzwischen ist er alt und leidet an Tuberkulose, geht aber weiterhin seinem Beruf nach. Auch seinen eigenen Kindern wollte er eine bessere Zukunft bieten. Von Anfang an versuchte er, sie entsprechend zu beeinflussen, sie fĂŒr Bildung zu interessieren, ihren Ehrgeiz zu wecken. Dabei ging er jedoch so unerbittlich vor, dass die Kinder sich von ihm abwandten. Außerdem wurden seine BemĂŒhungen von seiner Frau Daisy unterminiert, und die stĂ€ndigen Konflikte zwischen den beiden fĂŒhrten zur Trennung. Inzwischen ist er seinen Kindern völlig entfremdet. Nur Tochter Portia kommt hin und wieder zu Besuch. Copelands BemĂŒhungen waren vergeblich, alle vier Kinder haben es nicht weit gebracht und fĂŒhren das ĂŒbliche Leben der Schwarzen; Portia etwa ist Hausangestellte bei den Kellys. Eines Tages berichtet sie ihrem Vater, dass ihr Bruder Willie in Schwierigkeiten geraten ist: Er wurde in einer Kneipe in eine SchlĂ€gerei verwickelt und hat dabei seinen Kontrahenten fast umgebracht. Willie wird zu einem Dreivierteljahr Zwangsarbeit verurteilt.

„Singer wusste nie recht, wie viel der Freund von all dem, was er ihm erzĂ€hlte, verstand. Aber das war nicht so wichtig.“ (S. 6)

Zum Erstaunen seiner Freunde ist John Singer eines Tages verschwunden, taucht aber kurze Zeit spÀter wieder auf. Keiner erfÀhrt, wo er gewesen ist: Er hat Antonapoulos in der weit entfernten Anstalt besucht und endlich einmal wieder mit jemandem reden können. Dass Antonapoulos kaum Interesse an Singers Mitteilungen zeigte, stört diesen wenig.

Der Winter

Eines Tages spielen Mick, ihr siebenjĂ€hriger Bruder Bubber und einige andere Kinder auf der Straße. Einer der Jungen hat ein Gewehr mitgebracht, und Bubber hantiert daran herum. Plötzlich lĂ€uft die vierjĂ€hrige Baby Wilson die Straße hinunter. Mrs. Wilson, Babys Mutter ist sehr ehrgeizig und hat große PlĂ€ne mit ihrer Tochter: Sie strebt eine Filmkarriere fĂŒr Baby an. Deshalb bekommt das Kind schon Ballettunterricht und ist immer herausgeputzt wie ein PĂŒppchen. Heute trĂ€gt sie ein rosa Ballettkleidchen. Bubber ist von dem Anblick fasziniert und möchte Baby unbedingt aus der NĂ€he sehen. Er bittet sie, zu ihm herĂŒberzukommen, aber Baby reagiert nicht. Da legt der Junge das Gewehr an und schießt. Baby wird am Kopf getroffen und liegt wie tot da. SpĂ€ter kommt die Nachricht, dass sie nur einen SchĂ€delbruch erlitten hat, aber Bubber, im Glauben, einen Mord begangen zu haben, ist verschwunden. Erst Stunden spĂ€ter greift ihn seine Familie auf der Landstraße wieder auf. Nach diesem Erlebnis ist der Junge völlig verĂ€ndert, ernst und in sich gekehrt. Mrs. Wilson macht den Kellys ein Angebot: Sie wird auf eine Anzeige verzichten, wenn die Familie fĂŒr alle Ausgaben aufkommt, die durch die Verletzung entstehen. Die Kellys gehen darauf ein, obwohl die Forderungen von Mrs. Wilson ihre finanziellen Möglichkeiten weit ĂŒbersteigen.

„Nie in seinem Leben hatte er an dem Sinn seiner Arbeit gezweifelt. Er hatte immer gewusst, dass er dazu berufen sei, sein Volk aufzuklĂ€ren.“ (ĂŒber Dr. Copeland, S. 67)

Zu Weihnachten veranstaltet Dr. Copeland ein Fest fĂŒr seine Patienten, die Schwarzen des Viertels. Ausnahmsweise hat er auch einen Weißen eingeladen: John Singer, weil der als Einziger ihn nicht abwertend behandelt und Copeland sich von ihm verstanden fĂŒhlt. Auf dem Fest versucht der Arzt, den Anwesenden die Ideen des Kommunismus nĂ€herzubringen, um ihnen die Augen fĂŒr ihre miserable Lage zu öffnen.

„Mick Kelly, Jake Blount und Doktor Copeland saßen in dem stillen Zimmer und erzĂ€hlten - denn sie spĂŒrten, dass der Taubstumme sie immer verstehen wĂŒrde, was sie ihm auch sagen wollten. Vielleicht verstand er sogar noch mehr.“ (S. 84)

Singer vermisst Antonapoulos noch immer. Er hat zwar seine Freunde, kann sich ihnen aber kaum mitteilen. Abends lĂ€uft er durch die Straßen, einmal bis vor das Haus, in dem er mit Antonapoulos lebte. Er sieht hinauf zu den Fenstern, aber dort wohnt lĂ€ngst jemand anders. Die Sehnsucht nach dem einstigen GefĂ€hrten wird so groß, dass er ihm eines Nachts einen langen Brief schreibt, obwohl er weiß, dass er diesen Brief nie abschicken wird, denn Antonapoulos kann gar nicht lesen. Schließlich nimmt er gar spontan zwei Tage Urlaub und fĂ€hrt zu Antonapoulos. Dieser begegnet dem Besuch mit Gelassenheit, aber Singer ist glĂŒcklich und redet den ganzen Tag in GebĂ€rdensprache mit ihm.

VerÀnderungen

Micks Familie hat nun kein Geld mehr. Um das geforderte Schmerzensgeld fĂŒr Baby Wilson zu zahlen, haben die Kellys ihr Haus verkauft und wohnen nun selbst als Mieter dort. Die Ă€lteren Kinder Bill, Etta und Hazel verdienen mit Nebenjobs etwas Geld, aber es reicht nicht: So gibt es fĂŒr die Familie oft nicht einmal mehr genug zu essen. Mick trĂ€umt weiter von Musik und schwĂ€rmt fĂŒr John Singer.

„Gott war stumm - vielleicht erinnerte Mister Singer sie deshalb an ihn.“ (ĂŒber Mick, S. 105)

Dr. Copeland und Portia machen sich Sorgen: Von Willie kommen keine Briefe mehr aus dem Arbeitslager. Sechs Wochen spĂ€ter erhalten sie Nachricht von einem Mitgefangenen: Weil zwei andere Insassen, mit denen Willie zusammenarbeiten musste, aufsĂ€ssig wurden und fliehen wollten, sperrte man alle drei in eine eiskalte Zelle. Willie erfroren beide FĂŒĂŸe und mussten amputiert werden. Dr. Copeland weiß, dass er als Farbiger wenig Möglichkeiten hat, sich zu wehren. Deshalb hat er Konflikte mit Weißen bisher immer vermieden, aber diesmal will er etwas tun und entschließt sich, einen Richter aufzusuchen. Doch im GerichtsgebĂ€ude wird er von einem Sheriff abgefangen, der sich ĂŒber ihn lustig macht, ihn provoziert und ihn schließlich ĂŒber Nacht einsperren lĂ€sst. Ohne etwas erreicht zu haben, kehrt Dr. Copeland am nĂ€chsten Tag nach Hause zurĂŒck. Als Jake Blount von Willies Schicksal hört, ist er empört - und wittert eine Chance: Wenn Willie bereit wĂ€re, seine Geschichte öffentlich zu erzĂ€hlen, könnte er, Blount, vielleicht eher Menschen fĂŒr seine politischen Ideen gewinnen. Ein Besuch Jakes bei Dr. Copeland endet aber nur in einer fruchtlosen Diskussion. Beide möchten die Gesellschaft verĂ€ndern, aber ihre LösungsansĂ€tze sind unterschiedlich, und letztlich ist Jake das Schicksal der Schwarzen gleichgĂŒltig.

„Eine Negerfamilie zog in das letzte Haus einer der armseligen Straßen und rief damit eine solche Empörung hervor, dass die Nachbarn das Haus niederbrannten und den Schwarzen erschlugen. Aber das waren nur ZwischenfĂ€lle.“ (S. 174)

Micks Freundschaft mit dem zwei Jahre Ă€lteren Nachbarsjungen Harry vertieft sich. An einem Sonntag fahren sie zusammen zum Baden an einen See. Dabei kommt es zum sexuellen Kontakt zwischen den beiden. Der grĂŒblerische Harry ist ĂŒber sein eigenes Verhalten entsetzt - und weiß sich nicht anders zu helfen als durch Flucht: Noch am gleichen Tag verschwindet er und sucht sich Arbeit in einer anderen Stadt. Mick sieht ihn nicht mehr wieder. Zu Hause bei den Kellys herrscht weiterhin Mangel, umso mehr, als Etta lĂ€ngere Zeit krank ist und deshalb ihre Stelle verliert. Auch fĂŒr die medizinische Behandlung hat die Familie kein Geld. Micks Vater versucht es mit Reklame fĂŒr seine Reparaturen, aber auch das bleibt ohne Erfolg. Eines Abends kommt Hazel mit der Nachricht nach Hause, bei Woolworth wĂ€re eine Stelle als VerkĂ€uferin frei. Unversehens steht die Frage im Raum, ob Mick nicht von der Schule abgehen und auf diese Weise Geld verdienen könnte. Eigentlich ist die Familie dagegen, aber Mick spĂŒrt, wie sehr dieser Zusatzverdienst allen gelegen kĂ€me. In einer plötzlichen Begeisterung verspricht sie, sich zu bewerben. Schon kurz darauf kommen ihr Zweifel, aber nun glaubt sie, nicht mehr zurĂŒck zu können. Also bewirbt sie sich und erhĂ€lt die Stelle auch.

Singers Tod und andere Abschiede

Im Sommer fĂ€hrt Singer wieder zu Antonapoulos. Er freut sich sehr auf den Freund, denn seine anderen Bekannten bleiben ihm fremd, oft versteht er sie auch gar nicht. WehmĂŒtig denkt er an seine Zeit mit Antonapoulos zurĂŒck und verklĂ€rt sie in der Erinnerung immer mehr. Nach einer langen Bahnfahrt kommt er endlich in der Anstalt an - und erfĂ€hrt dort, dass das ersehnte Wiedersehen nicht stattfinden wird, denn Antonapoulos ist tot. Ziellos lĂ€uft Singer durch die fremde Stadt. In einem Lokal trifft er auf drei Taubstumme, die sich in GebĂ€rdensprache unterhalten. Sie nehmen Singer in ihren Kreis auf, aber dieser reagiert kaum, sodass sie schließlich ohne ihn weitergehen. Abends tritt er die RĂŒckreise an, kehrt in sein Zimmer zurĂŒck und erschießt sich.

„Er war wie ausgesetzt in einem fremden Land, war mutterseelenallein.“ (ĂŒber Singer, S. 179)

Seit Mick arbeiten geht, hat sie keine Zeit mehr fĂŒr ihre Musik, auch die angefangenen Kompositionen beendet sie nicht. Dr. Copeland ist inzwischen so krank, dass Portia ihn gegen seinen Willen zu Verwandten bringt. Dort soll er gepflegt und betreut werden. Nun muss er das Haus aufgeben, das er einmal zusammen mit seiner Familie bewohnt hat. Und er muss sich eingestehen, dass sein jahrelanger Kampf um bessere Lebensbedingungen fĂŒr die Farbigen umsonst war; er muss aufgeben, ohne etwas erreicht zu haben.

„Er gewöhnte sich so an ihre Lippen, dass er jedes ihrer Worte verstand. Und nach einiger Zeit wusste er von vornherein, was jeder sagen wollte, denn der Sinn war immer derselbe.“ (ĂŒber Singer und seine Besucher, S. 180)

Jake Blount wird auf dem Rummelplatz in eine SchlÀgerei verwickelt, bei der es Tote gibt. Weil er Angst hat, in Schwierigkeiten zu geraten, verlÀsst er die Stadt noch am selben Tag.

Zum Text

Aufbau und Stil

In Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger stellt Carson McCullers die Schicksale mehrerer Menschen, die alle in derselben Stadt leben, nebeneinander. Der taubstumme John Singer ist dabei die zentrale Figur, weil er alle anderen Protagonisten kennt und in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielt. Dementsprechend wird er auch als Erster vorgestellt, und kurz nach seinem Tod endet der Roman. Singers Vorgeschichte wird gleich zu Beginn in aller KĂŒrze erzĂ€hlt, die eigentliche Handlung erstreckt sich ĂŒber etwas mehr als ein Jahr: vom Mai 1938 bis zum 21. August 1939, dem Tag, an dem Dr. Copeland und Jake Blount die Stadt verlassen. Der Roman ist in drei Teile von sehr unterschiedlicher LĂ€nge gegliedert: Teil eins fĂŒhrt alle wichtigen Personen ein, der zweite Teil umfasst die weitere Handlung bis zum Tod Singers, wĂ€hrend der extrem kurze dritte Teil als eine Art Abgesang nur noch die Ereignisse des 21. August beschreibt. McCullers schildert die Entwicklungen im Leben der Protagonisten parallel, wechselt dabei immer wieder SchauplĂ€tze und Perspektiven. Der Ton des Romans ist umgangssprachlich, bisweilen auch vulgĂ€r. Manche Passagen - etwa das StreitgesprĂ€ch zwischen Jake Blount und Dr. Copeland oder Biff Brannons Schlussbetrachtungen - bewegen sich hart an der Grenze zum Pathos.

InterpretationsansÀtze

  • Gestörte Kommunikation ist ein zentrales Thema des Romans: Resignation, Verschlossenheit und gesellschaftliche Schranken hindern die handelnden Personen daran, sich mitzuteilen - und ausgerechnet der an sich sehr kommunikative John Singer ist taubstumm und kann sich nur in der GebĂ€rdensprache ausdrĂŒcken. Lediglich ihm gegenĂŒber können sich die anderen Personen öffnen. Aber diese Kommunikation bleibt einseitig, denn Singer kann kaum antworten und versteht oft gar nicht, was ihm die anderen erzĂ€hlen.
  • Ebenso einseitig verlaufen die Liebesbeziehungen im Roman: Singers innige Zuneigung zu Antonapoulos wird nicht erwidert, die aufkeimende Liebe zwischen Mick und Harry findet durch Harrys Flucht ein jĂ€hes Ende, und Mick behĂ€lt ihre SchwĂ€rmerei fĂŒr Singer ebenso fĂŒr sich wie Biff seine Vorliebe fĂŒr Mick.
  • John Singer fungiert als eine Art Erlöserfigur: Die anderen erzĂ€hlen dem stummen, freundlichen Singer ihre geheimsten WĂŒnsche und TrĂ€ume, sie fĂŒhlen sich von ihm verstanden und akzeptiert, nur weil er sie reden lĂ€sst. Ihnen geht es nach den GesprĂ€chen besser, sie sind befreit, Singer selbst findet jedoch keine Erlösung aus seiner Isolation. Er sieht am Ende keinen anderen Ausweg als den Selbstmord.
  • Auch die anderen Personen des Romans sind zum Scheitern verurteilt. Sie mĂŒssen ihre LebenstrĂ€ume letztlich aufgeben und vor der harten Wirklichkeit resignieren. Die kommunistische Utopie von Gleichheit und Gerechtigkeit kommt zwar immer wieder zur Sprache, aber sie findet bei den Menschen keine Resonanz. So vermittelt der Roman eine durchweg pessimistische Weltsicht: Das Dasein ist ein harter Überlebenskampf, in dem kein Platz fĂŒr TrĂ€ume und GefĂŒhle bleibt.

Historischer Hintergrund

Die USA zwischen den Weltkriegen

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg brachte fĂŒr die USA zunĂ€chst einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung. Technische Neuerungen und die zunehmende Rationalisierung der Produktion ließen die Industrie boomen und die Börsenkurse steigen. Die Regierung unterstĂŒtzte diese Entwicklung, indem sie sich von Eingriffen in die Wirtschaft möglichst zurĂŒckhielt. Die immer drĂ€ngenderen Probleme jener Zeit - Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne, tiefe Preise fĂŒr Agrarprodukte und dadurch eine wachsende Verarmung der Landbevölkerung - blieben unbeachtet.

Mit einem Schlag fand der Glaube an einen ewig weitergehenden Fortschritt ein Ende, als im Oktober 1929 die New Yorker Börse zusammenbrach, was nicht nur in den USA, sondern weltweit eine Wirtschaftskrise auslöste. Die Arbeitslosigkeit stieg in den USA bis 1933 auf 25 %, Millionen lebten in Armut. Wieder traf es die Landbevölkerung am hĂ€rtesten, diejenigen, die zuvor schon arm gewesen waren und nun geradezu verelendeten. Eine Folge der Krise war die politische Radikalisierung. Aus der Erfahrung heraus, welche Auswirkungen ein unregulierter Kapitalismus nach sich ziehen kann, begeisterten sich viele Menschen fĂŒr die Ideen des Kommunismus. Auch faschistische Gruppierungen hatten Zulauf. Dazu kam eine rigorose UnterdrĂŒckung der farbigen Bevölkerung; in den SĂŒdstaaten fĂŒhrte der Ku-Klux-Klan seinen Terrorfeldzug gegen Schwarze, Juden und Katholiken.

Ab 1933 unternahm der neue PrĂ€sident Franklin D. Roosevelt den Versuch, die Wirtschaft durch staatliche Eingriffe zu sanieren, etwa durch öffentliche Baumaßnahmen, eine Landwirtschaftsreform oder die Abwertung des Dollars. ZunĂ€chst zeigten diese Maßnahmen auch Erfolg, aber ab 1937 kam es erneut zu einer Rezession, die erst mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg ĂŒberwunden wurde.

Entstehung

Carson McCullers und ihr Mann Reeves McCullers hatten einen gemeinsamen Lebenstraum: Sie wollten beide als Schriftsteller tĂ€tig sein. Zum Zeitpunkt ihrer Heirat im Jahr 1937 hatte Carson erst eine einzige ErzĂ€hlung veröffentlicht, und Reeves war gerade aus der Armee entlassen worden und hatte noch keinen literarischen Erfolg vorzuweisen. Die ZukunftsplĂ€ne des Paares sahen so aus: Immer ein Jahr lang sollte einer der beiden arbeiten und Geld verdienen, wĂ€hrend der andere Zeit hatte, sich der Schriftstellerei zu widmen. Es war Carson, die mit dem Schreiben anfangen durfte, und so begann sie ihren ersten Roman, der zunĂ€chst den Titel The Mute (Der Stumme) trug. Nach Ablauf des vereinbarten Jahres war das Werk noch nicht fertig. Zugleich mangelte es Reeves an literarischer Inspiration. Carson schrieb also weiter an ihrem Roman und beendete ihn 1939. Sie verarbeitete darin ihre Beobachtungen der Welt, in der sie selbst aufgewachsen war: eine Kleinstadt im SĂŒden der USA, geprĂ€gt von Diskriminierung, Armut und Enge. Vor allem in der literarischen Gestalt der Mick Kelly ist Carson McCullers selbst zu erkennen: Auch sie war ein sehr musikalisches Kind und trĂ€umte von einer Karriere als Pianistin. Ihr eigener Vater war Juwelier und Uhrmacher, Berufe, die im Roman John Singer und Vater Kelly ausĂŒben.

Als McCullers das Manuskript bei einem Verlag einreichte, forderte dieser zunĂ€chst tiefgreifende Änderungen, aber die Autorin lehnte ab. Schließlich wurde der Text unverĂ€ndert veröffentlicht. Nur fĂŒr den Titel ließ sich der Verlagslektor etwas anderes einfallen: aus The Mute wurde The Heart Is a Lonely Hunter (Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger), nach einer Zeile aus einem Gedicht von William Sharp.

Wirkungsgeschichte

Als der Roman im Mai 1940 erschien, war Carson McCullers gerade 23 Jahre alt und in der literarischen Welt noch völlig unbekannt. Das Ă€nderte sich mit dem Erscheinen des Buches jedoch rasch. Der Roman war sofort ein großer Erfolg, die junge Autorin wurde mit einem Schlag berĂŒhmt und als literarisches Wunderkind gefeiert. McCullers selbst bezeichnete ihr Werk als "eine ironische Parabel ĂŒber den Faschismus, die mehr die geistige als die politische Seite des PhĂ€nomens darstellt". Dabei geht die Bedeutung des Romans ĂŒber seine historische und politische Komponente weit hinaus. Unter anderem wurde das Werk auch von der feministischen Bewegung gerĂŒhmt. Die erste deutsche Ausgabe erschien 1950.

Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger zĂ€hlt bis heute zu den bekanntesten Werken von Carson McCullers. Ihr frĂŒher Ruhm als Autorin brachte McCullers auch Literaturpreise ein: 1942 wurde sie mit dem Guggenheim Foundation Award ausgezeichnet, ein Jahr spĂ€ter mit dem Literaturpreis der American Academy of Arts & Letters. 1968 wurde Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger unter der Regie von Robert Ellis Miller verfilmt.

Über den Autor

Carson McCullers wird am 19. Februar 1917 als Lula Carson Smith in der Kleinstadt Columbus in Georgia geboren. Schon frĂŒh zeigt sich ihre besondere musikalische Begabung. Die Mutter sieht in Carson ein Wunderkind und trĂ€umt von einer Karriere ihrer Tochter als Pianistin. Carson selbst könnte sich auch vorstellen, Schriftstellerin zu werden, schlĂ€gt aber zunĂ€chst den von der Mutter vorgegebenen Weg ein. Mit 17 geht sie nach New York, um Musik zu studieren. Leider kommt ihr schon nach wenigen Tagen das gesamte Geld abhanden, das ihr die Eltern fĂŒr die Ausbildung mitgegeben haben. Damit ist der Traum von der Karriere als Pianistin beendet, denn Carson bleibt nun nichts anderes ĂŒbrig, als selbst fĂŒr ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Ganz will sie die Kunst aber nicht aufgeben und denkt nun wieder an die Schriftstellerei. Also verdient sie tagsĂŒber Geld mit verschiedenen Aushilfsjobs und belegt abends Kurse in kreativem Schreiben an der New Yorker UniversitĂ€t. 1936 erscheint ihre erste ErzĂ€hlung Wunderkind in der renommierten Literaturzeitschrift Story. Ein Jahr spĂ€ter heiratet Carson Reeves McCullers. Den beiden ist wenig GlĂŒck beschieden: Bereits 1940 trennen sie sich wieder, 1941 folgt die Scheidung - und vier Jahre spĂ€ter geben sie einander erneut das Jawort. Aber die Differenzen bleiben, auch dieser zweite Versuch endet unglĂŒcklich. Reeves McCullers versucht gar, seine Frau zum gemeinsamen Selbstmord zu ĂŒberreden. Als ihm dies nicht gelingt, nimmt er sich 1953 allein in einem Pariser Hotelzimmer das Leben. Neben der glĂŒcklosen Ehe bestimmt Carson McCullers' fragile Gesundheit immer mehr ihr ganzes Leben. Bereits als Jugendliche leidet sie unter Rheuma, und schon bevor sie 30 ist, hat sie zum ersten Mal einen Schlaganfall, dem weitere folgen. Mit 31 Jahren ist sie halbseitig gelĂ€hmt, ein Jahr spĂ€ter unternimmt sie einen Selbstmordversuch und wird in eine Klinik eingewiesen. Ab 1961 ist sie ganz auf den Rollstuhl angewiesen, ehe sie schließlich, nach einem weiteren Schlaganfall, am 29. September 1967 in Nyack im Norden des Staates New York stirbt. Neben The Heart Is a Lonely Hunter (Das Herz ist ein einsamer JĂ€ger, 1940) gehören die Romane The Ballad of the Sad Cafe (Die Ballade vom traurigen CafĂ©, 1951) und Clock Without Hands (Uhr ohne Zeiger, 1961) zu ihren wichtigsten Werken.

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