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Der Fürst

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Der Fürst

Reclam,

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10 Take-aways
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Was ist drin?

Das berühmt-berüchtigte Hauptwerk von Machiavelli: Die Kunst der Führung ohne Rücksicht auf Verluste.


Literatur­klassiker

  • Politik
  • Renaissance

Worum es geht

Das Buch der Machtausübung

Der Zweck heiligt die Mittel. So lautet die einfache und pragmatische Maxime, auf die sich Niccolò Machiavellis Hauptwerk Der Fürst (Il Principe) komprimieren lässt. Bereits im Jahre 1513 verfasste der Kanzleibeamte in Florenz sein Handbuch der politischen Macht, das wie kaum ein zweites die Gemüter spalten sollte. Wie muss ein idealer Herrscher der Renaissance aussehen? Das ist die zentrale Fragestellung, die Machiavelli erörtert. Grundvoraussetzung für einen starken Staat ist nach Machiavellis Auffassung die Fähigkeit des Herrschers, seine Macht mit allen Mitteln zu verteidigen – koste es, was es wolle. Einem Fürsten sei es daher erlaubt, seine Gegner zu belügen, zu betrügen, zu unterdrücken und sogar zu ermorden, solange nur die Stabilität des Staates gewährleistet sei. Fraglos bietet die kurze Abhandlung genügend Angriffsfläche, um ihren Autor zu verteufeln. Machiavelli plädiert jedoch nicht uneingeschränkt für Rücksichtslosigkeit und Gewalt. Er rechtfertigt die Ziele auch nicht, die nach Gewalt zu verlangen scheinen. Andererseits richtet er seine Maximen auch nicht am christlichen Moralkodex aus, sondern schlicht an der Praxis der Herrschaft. Und die entsprach (und entspricht) dem Ideal ohnehin viel zu selten. Im 16. Jahrhundert wurde der Begriff „Machiavellismus“ geprägt: Ein Machiavellist – das ist ein durch und durch verschlagener und grausamer Tyrann, dem jedes Mittel recht ist, um seine Ziele zu erreichen. Dass Diktatoren wie Hitler und Mussolini das Buch heiß und innig geliebt haben, tat ein Übriges, um das Werk und den Autor bis in die heutige Zeit in Verruf zu bringen.

Take-aways

  • Nach Art eines Lehrbuches gibt Der Fürst praktische Tipps zur Eroberung und Sicherung einer Alleinherrschaft.
  • Inhalt: Ein Herrscher sollte alles tun, um sein Regiment zu sichern, auch wenn er dafür Gewalt anwenden muss. Er kann seine Macht durch Verbrechen erhalten oder aber sich durch gute Taten die Loyalität des Volkes sichern. Es ist für einen Fürsten besser, gefürchtet zu sein als geliebt. Er muss jedoch seine Untertanen zufriedenstellen, den Handel fördern und unter allen Umständen vermeiden, beim Volk verhasst zu sein. Der Herrscher darf die Kriegskunst auf keinen Fall gering schätzen.
  • Machiavellis berühmt-berüchtigtes Buch entstand im Jahre 1513, wurde jedoch erst nach seinem Tod veröffentlicht.
  • Das Italien des 16. Jahrhunderts verfügte über keine zentrale Führung und wurde so zum Spielball fremder Mächte.
  • Machiavelli widmete das Buch Lorenzo de Medici, den er dazu aufforderte, in Italien die Macht zu ergreifen und das Land gegen die Barbaren zu verteidigen.
  • Der Fürst orientiert sich an der politischen Realität und nicht an moralischen Idealvorstellungen.
  • Die in Machiavellis Werk propagierte Herrschaftsform entspricht annähernd dem aufgeklärten Absolutismus.
  • Nach Machiavellis Schrift wurde bereits im 16. Jahrhundert der negative Begriff des Machiavellismus geprägt, mit dem skrupelloser Despotismus bezeichnet wird.
  • Etwa 30 Jahre nach Machiavellis Tod (1527) wurden seine Schriften auf den Index gesetzt.
  • Zitat: „Hass kann sowohl durch gute wie durch schlechte Handlungen entstehen; und daher ist ein Fürst oft genötigt, nicht gut zu handeln, wenn anders er sich behaupten will.“

Zusammenfassung

Der Fürst

Es gibt nur zwei Herrschaftsformen: Entweder leben die Menschen in einem Freistaat bzw. einer Republik oder in einem Fürstentum bzw. unter einer Alleinherrschaft. Die Alleinherrschaft kann ein Fürst durch Erbfolge erlangen oder aber indem er neue Territorien erwirbt. Diese werden entweder völlig neu gegründet, wie z.B. Mailand, oder sie werden erobert. Wer ein Fürstentum erbt, hat es im Allgemeinen leichter, dieses zu regieren: Das Volk akzeptiert ihn, weil er sich auf eine lange Traditionslinie berufen kann. Das macht es ihm auch leicht, sein ererbtes Fürstentum von einem Eindringling zurückzuerobern. Der Grund dafür ist so einfach wie einleuchtend: Der Fremde wird sich durch Grausamkeiten Respekt verschaffen müssen. Darauf kann der alte Herrscher verzichten und ist darum beim Volk beliebter.

Die richtige Form der Eroberung

Gliedert man andere Staaten durch Eroberung an, spielt es eine große Rolle, ob diese demselben Sprachgebiet angehören. Falls ja, reicht es, das ehemalige Herrschergeschlecht auszumerzen und die bestehenden Gesetze beizubehalten. Meistens gibt es dann mit dem Volk keine Schwierigkeiten. In jedem Fall sollte eine Residenz errichtet werden, weil die Untertanen und eventuelle Eindringlinge dem fremden Herrscher sonst auf der Nase herumtanzen. Billiger und effektiver als die Besetzung eines Landes sind Kolonien: Es werden dafür nur wenige Ansässige enteignet und diese sind danach so arm, dass sie dem Herrscher nicht mehr schaden können. Auf ihren Höfen werden eigene Gefolgsleute angesiedelt. Es ist darauf zu achten, dass die Mächtigen sofort entmachtet, die weniger Mächtigen jedoch zu Komplizen gemacht werden.

„Alle Staaten, alle Gewalten, welche Macht über die Menschen gehabt haben oder noch haben, sind Republiken oder Fürstentümer.“ (S. 19)

Vorbeugen ist besser als Heilen: Darum sollten alle nötigen Schritte zur Sicherung der Herrschaft sofort nach der Eroberung unternommen werden. Wird ein Reich von einem Alleinherrscher regiert, wie beispielsweise die Türkei, so ist es schwierig, diesen zu beseitigen. Gelingt es aber doch, ist das eigentliche Regieren dann besonders einfach, weil es keine Territorialherren gibt, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen. Bei Staaten wie Frankreich ist die Machtergreifung einfacher, der Machterhalt aber umso schwieriger. Weil der König von etlichen Fürsten und Baronen umgeben ist, die allesamt machtgierig sind, lassen sich schnell Allianzen schmieden. Ist der König besiegt, bleiben aber so viele Barone übrig, dass der Machterhalt zur Sisyphosaufgabe wird.

„Der Herr einer fremdländischen Provinz muss sich zum Oberhaupt und Beschützer der schwächeren Nachbarn machen und die Mächtigsten unter diesen zu schwächen suchen.“ (S. 24)

Wird eine Region erobert, deren Bewohner zuvor in Freiheit gelebt haben, gibt es drei Möglichkeiten, die Herrschaft zu sichern:

  1. Die Stadt wird zerstört. Das ist die sicherste Methode.
  2. Man richtet in der Region eine Residenz ein.
  3. Man setzt loyale einheimische Bürger als Regierung ein. Der Staat darf dann seine eigenen Gesetze beibehalten, wird jedoch tributpflichtig.

Neue Herrscher durch Tüchtigkeit und Glück: Cesare Borgia

Ein Herrscher, der durch eigene Tüchtigkeit eine neue Herrschaft errichtet, kann sie nur mit Waffengewalt aufrechterhalten. Allerdings hat der Herrscher, der sich vom Privatmann zur Herrschaft aufschwingt, zumeist kein eigenes Heer, also auch keine Waffengewalt. Fällt ihm seine Gewalt durch die Gunst eines anderen zu, so muss der Herrscher klug handeln, damit er sie nicht allzu schnell wieder verliert.

„Wenn Staaten, welche erobert worden sind, gewohnt waren, nach eigenen Gesetzen in Freiheit zu leben, so gibt es drei Arten, sie zu behandeln. Die erste ist, sie zu zerstören, die zweite, dort selbst zu residieren, die dritte, sie nach ihren eigenen Gesetzen weiterleben zu lassen.“ (S. 34)

Ein Beispiel dafür ist Cesare Borgia, der viel zu abhängig von seinem Vater, dem Papst Alexander VI., war. Mit dessen Papstweihe erlangte Borgia die Chance, die italienische Romagna zu erobern. Nachdem der Papst die Ehe des französischen Königs auf dessen Wunsch hin aufgelöst hatte, zeigte sich der König dankbar und schickte sein Heer, mit dessen Hilfe Borgia schließlich die Romagna erobern konnte. Er kürte sich selbst zum Herzog und versuchte mit allen Mitteln, seine Herrschaft zu festigen. Dazu ließ er seine politischen Gegner ermorden und setzte als Statthalter Ramiro de Orco ein, der für seine Grausamkeit bekannt war. Die von Gesetzlosigkeit und Ausschweifung erschütterte Romagna wurde von de Orco mit harter Faust wieder zur Räson gebracht. Allerdings war der Statthalter mehr als unbeliebt. Um sich also von dessen Taten zu distanzieren und das Volk hinter sich zu bringen, ließ Borgia ihn zweiteilen und zur Genugtuung des Volkes öffentlich ausstellen.

„Die Alleinherrschaft wird entweder vom Volke oder von den Großen herbeigeführt, je nachdem die eine oder andre Partei dazu Gelegenheit findet.“ (S. 54)

Gegen die drohende Gefahr eines neuen Papstes, der seinem Vater und damit auch ihm selbst gefährlich werden konnte, richtete sich Borgia mit aller Macht: Er rottete das gesamte angestammte Herrschergeschlecht aus, gewann alle Edelleute in Rom und die Mehrheit des Kardinalskollegiums für sich. Schließlich wollte er seine Macht durch weitere Eroberungen vergrößern, als sein Vater starb und er selbst todkrank wurde. Den angreifenden spanischen und französischen Heeren hatte er nichts entgegenzusetzen.

Herrschaft durch Verbrechen oder durch die Gunst der Mitbürger

Es gibt zwei weitere Möglichkeiten, wie ein Privatmann zum Herrscher aufsteigen kann. Die erste ist, sich die Macht durch Verbrechen zu sichern. Glück spielt hierbei keine Rolle, weil der Herrscher sich aus eigener Kraft und durch seine Skrupellosigkeit die Macht sichert und dabei von niemandem abhängig ist.

„Man muss sich gegenwärtig halten, dass Italien in neuerer Zeit in mehrere Staaten zerfiel, als die Kaisermacht sank und das weltliche Ansehen des Papstes stieg.“ (S. 68)

Der Sizilianer Agathokles von Syrakus machte 300 v. Chr. eine Verbrecherkarriere: Er war Sohn eines Töpfers, durchlief jedoch alle militärischen Offiziersränge und trachtete sogar nach der Fürstenwürde. Dafür ließ er Senat und reiche Bürger von Syrakus zu einer Versammlung zusammentreten. Die Tore wurden geschlossen und die Anwesenden bis auf den letzten Mann niedergemetzelt. Danach wagte es niemand, seine Herrschaft anzuzweifeln. Diese Form der Machtergreifung ist jedoch ehrlos. Agathokles darf deswegen nicht zu den großen Männern gezählt werden. Wenn Grausamkeiten zur Machtergreifung notwendig sind, sollten sie schnell und in geballter Form durchgeführt werden. Keinesfalls darf die Gewaltanwendung fortdauern. Wer sein Volk in zunehmendem Maße der Gewalt aussetzt, wird seine Herrschaft bald verlieren.

„Der Fürst muss die Geschichte studieren und die Handlungen ausgezeichneter Männer betrachten, wie sie sich im Kriege benommen haben.“ (S. 77)

Zum Volksherrscher wird man entweder durch die Mithilfe des Volkes oder durch die Hilfe der „hohen Herren“. Letzteres ist schwierig, weil jeder der hohen Herren sich selbst zum Herrscher berufen fühlt. Sie wollen das Volk unterdrücken, das Volk jedoch möchte nicht unterdrückt werden. Ein wahrer Volksfürst versichert sich deswegen der Freundschaft des Volkes. Erwartet das Volk Schlechtes vom Fürsten, kann man sich Loyalität mit guten Taten sehr effektiv erschleichen.

Von der Stärke der Herrschaft

Ein Herrscher ist stark, wenn er über ein eigenes Heer verfügt und sich mit Angreifern im Felde messen kann. Besitzt er kein Heer, bleibt ihm nur der Rückzug in eine Festung. Dafür muss die Stadt zunächst befestigt werden. Wenn das Volk den Fürsten liebt, hält es zu ihm und ein fremder Eroberer wird es schwer haben. Die Reichsstädte in Deutschland sind die Prototypen von völlig freien Städten: Sie sind so gut befestigt und haben so viele Vorräte, dass sie ein ganzes Jahr Belagerung leicht aushalten können. Der Eroberer jedoch ist dem Wandel der Jahreszeiten schutzlos ausgeliefert und muss in den meisten Fällen unter größter Schande abziehen. Am besten lassen sich geistige Herrschaften aufrechterhalten: Da sie sich auf Religion, Tradition und auf Gott berufen, wagt es keiner, sich gegen sie aufzulehnen.

Wie ein gutes Heer auszusehen hat

Wer seine Herrschaft festigen will, braucht dafür gute Gesetze und ein gutes Heer. Wer jedoch auf Söldnerheere setzt, ist verraten und verkauft. Die Söldner dienen ihrem Herren nicht aus ehrlicher Zuneigung, sondern nur des Geldes wegen. Sie sind treulos und plündern in Friedenszeiten das Volk aus. Zu Kriegszeiten besorgt dies dann der Feind, weil die Söldner feige Kämpfer sind oder sogar zum Kriegsgegner übertreten. Söldnerführer sind besonders gefährlich: Sind sie Meister ihres Fachs, wollen sie gerne alle Macht an sich reißen. Amateure hingegen richten das Land durch schlechte Führung zugrunde. Auch Hilfstruppen, die man von einem befreundeten Herrscher erbittet, richten meist mehr Schaden als Nutzen an. Nur wer eigene Volkstruppen besitzt, wie beispielsweise die Schweiz, kann sich wirklich frei nennen – und ist deswegen ganz besonders wehrhaft.

„Ein Fürst, der seine Untertanen nicht ausplündern will, um sich zu verteidigen, der Armut und Verachtung meiden und nicht räuberisch werden will, darf den Ruf der Knauserei nicht fürchten.“ (S. 81)

Der Fürst sollte niemals die Kriegskunst vernachlässigen: Denn vor allen anderen Dingen wird von ihm Kriegsführung und Verteidigung erwartet. So mancher Privatmann wurde zum Herrscher, weil er den Umgang mit der Waffe perfektionierte. Und umgekehrt wurden schon viele Herrscher ihrer Macht beraubt, weil sie das Kriegshandwerk mieden. Auch im Frieden sollte das Heer einsatzbereit gehalten werden. Der Fürst muss sich in seinen Landen gut auskennen, damit er im Verteidigungsfall nicht in den eigenen Sümpfen umkommt. Der weise Herrscher studiert die Kniffe anderer Heerführer, die vor ihm mit List und Können erfolgreiche Schlachten geschlagen haben.

Wie sich ein Fürst verhalten soll

Es bringt überhaupt nichts, wenn sich ein Herrscher an Idealvorstellungen bindet: Inmitten von bösen Menschen würde der Gute zwangsläufig untergehen. Wenn ein Herrscher Tugenden pflegt, so ist das zwar gut und schön. Wenn er jedoch auch schlechte Eigenschaften hat, muss er dafür sorgen, dass nichts darüber bekannt wird. Es ist gut, wenn ein Herrscher als freigiebig gilt, jedoch nützt ihm das in den seltensten Fällen. Denn er müsste seinem Volk irgendwann höhere Steuern aufbürden und in Windeseile ist er überall verhasst. Wer also den Ruf eines Geizigen hat, sollte sich nicht zu sehr daran stören: Wichtig ist nur, dass seine Sparsamkeit z.B. im Kriegsfall dem ganzen Volk nutzt, weil der Herrscher das Land verteidigen kann.

„Steht der Fürst im Feld und hat ein großes Heer unter sich, so darf er den Ruf der Grausamkeit nicht scheuen.“ (S. 84)

Ein Fürst sollte gleichermaßen geliebt wie gefürchtet werden. Muss er auf eines von beiden verzichten, sollte er besser gefürchtet sein, ohne jedoch gehasst zu werden. Durch Mildtätigkeit nährt er nämlich die Anarchie, während er mit Grausamkeiten die Ordnung aufrechterhält. Auch kann sich der milde Herrscher selten auf die Dankbarkeit seiner Untertanen verlassen: Im Ernstfall sind sie meist wankelmütig und verweigern ihm den Dienst. Wenn es sein muss, kann der Herrscher auch sein Wort brechen. Das machen schließlich alle so. Allerdings sollte er dafür sorgen, dass es einen triftigen Grund für einen Vertragsbruch gibt. Wer den Anschein der absoluten Tugendhaftigkeit erwecken kann, fährt damit gut. Denn der Pöbel glaubt das, was er sieht, und lässt sich leicht blenden.

„Ein Fürst braucht sich vor Verschwörungen wenig zu fürchten, solange das Volk ihm gewogen bleibt.“ (S. 92)

Unbedingt vermeiden muss der Fürst jedoch, sich den Hass seiner Untertanen zuzuziehen: Der Besitz und die Frauen der Bürger dürfen nicht angetastet werden! Die Bürger müssen in ihrer Geschäftstätigkeit geschützt und die Tüchtigen besonders gefördert werden. Feste und Feierlichkeiten sind wichtig, weil sie das Wohlbefinden der Leute steigern. Der Herrscher sollte sich nur mit fähigen Ministern umgeben, die ihren Einsatz zum Wohle des Staates bringen. Wenn sie vertrauensvoll und klug sind, sollte ihnen gestattet werden, auch bei unangenehmen Dingen die Wahrheit zu sagen, statt zu schmeicheln.

Ratschläge für die neuen Herrscher Italiens

In Italien haben bedeutende Herrscher ihre Macht verloren. Der König von Neapel und der Herzog von Mailand haben ihre Herrschaftsgebiete verspielt, weil sie die einfachsten Regeln nicht befolgt haben: Sie waren bei ihrem Volk verhasst und haben sich nicht um die Rüstung und die Kriegskunst geschert. Niemand sollte sich herausreden, er sei ein Spielball des Schicksals: Fortuna hat zwar eine große Macht, jedoch sollte man stets versuchen, sie in die richtige Richtung zu zwingen. Wer jedes Jahr die Naturgewalten eines anschwellenden Stromes erlebt, wird schließlich einen Damm bauen, um sein Hab und Gut zu schützen. Fortuna ist wie eine Frau: Man muss sie schlagen oder kühn für sich gewinnen. Italien ist bereit, einem mutigen und tapferen Mann zu folgen, der es von den Barbaren befreit. Die Familie der Medici sind die Auserwählten, die diese große Tat mithilfe eines Volksheeres vollbringen können.

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Aufbau und Stil

Der Fürst ist nach Art eines mittelalterlichen Fürstenspiegels aufgebaut. Darunter versteht man ein Lehrbuch, das in didaktischer Form das Idealbild eines Herrschers beschreibt und diesem praktische Hinweise für seine Regentschaft gibt. Das Buch beginnt mit einer Widmung an Lorenzo de Medici. Machiavelli möchte sich dessen Gunst versichern. Zwischen den Zeilen klingt auch an, dass er sich durch seine Amtsenthebung ungerecht behandelt fühlt und auf die Gnade des Herrschers hofft. So pragmatisch wie der Inhalt ist auch der Stil, in dem das Buch verfasst ist: Machiavelli betont in seiner Widmung, dass das Buch ohne jeden Schmuck und Zierrat auskommt, „mit denen viele Schriftsteller ihre Schriften aufzuputzen pflegen“. Deshalb herrscht ein nüchtern-sachlicher Stil vor, dem man leicht folgen kann. Inhaltlich gibt sich Machiavelli nicht mit philosophischen Definitionsversuchen ab. Ganz pragmatisch verwendet er historische Beispiele von Herrschern, die er entweder zum Vorbild erhebt oder als Versager darstellt.

Interpretationsansätze

  • Der Fürst ist ein Werk des politischen Realismus: Es beschreibt nicht, was sein soll, sondern richtet seine Aufmerksamkeit streng auf das, was ist.
  • Machiavellis Ratschläge sind rein wirkungsorientiert. Daher ließe sich das Buch auch auf die Formel bringen: „Gut ist das, was nützt und Erfolg verspricht.“
  • In vielen Aussagen des Buches nimmt Machiavelli die spätere Politische Ökonomie vorweg, die besagt, dass Staat und Wirtschaft untrennbar miteinander verbunden sind. Allerdings meint Machiavelli mit seinem Staatsbegriff vor allem die Herrschaft eines Einzelnen.
  • Die in Machiavellis Werk propagierte Herrschaftsform entspricht annähernd dem aufgeklärten Absolutismus.
  • Ohne das Wissen um den historischen Kontext seiner Entstehung kann das Buch sehr leicht missverstanden werden. Es geht Machiavelli zuallererst um die konkrete politische Situation in Italien zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Er erhebt nicht den Anspruch, dass seine Ratschläge zeitlos gültig sind.
  • Machiavelli geht von einem extrem negativen Menschenbild aus: Mit dem Wankelmut, der Verschlagenheit und der Ehrlosigkeit seiner Mitmenschen rechtfertigt er die z. T. höchst amoralischen Handlungsweisen eines Fürsten.
  • Der Begriff „Staatsräson“ geht direkt auf Machiavellis politische Philosophie zurück: Damit ist gemeint, dass das Staatsinteresse stets Vorrecht vor individuellen Interessen habe. Das Staatsinteresse wird auch als „Gemeinwohl“ bezeichnet.

Historischer Hintergrund

Politik im Italien der Renaissance

Florenz wurde im 15. Jahrhundert faktisch von einer Familie beherrscht, die durch kluge Ämtervergabe ihre Macht immer weiter ausbauen konnte: die Medici. Seit dem 13. Jahrhundert hatten sich die Medici als Bankiers einen Namen in der Stadt gemacht. Durch ihre Geschicklichkeit als Händler waren sie zu der reichsten Familie Italiens geworden.

Das Italien des 15. Jahrhunderts war kein einheitlicher Nationalstaat, sondern ein sehr zerbrechlicher Verbund von Stadtstaaten. Nach dem Ende der Kaiserherrschaft zerfiel Oberitalien in eine Vielzahl unabhängiger politischer Einheiten, die sich gegenseitig bekämpften. Cosimo de Medici, der auch „Cosimo der Alte“ genannt wurde, übernahm 1434 die Herrschaft in Florenz. Unter seinem Enkel Lorenzo de Medici entwickelte sich die Stadt zur politisch und kulturell führenden Macht in Italien. Bedeutende Künstler gaben sich an Lorenzos Hof ein Stelldichein. Die Renaissance, d. h. die Wiedergeburt der Antike in den Künsten brachte Meister wie Michelangelo, Leonardo da Vinci oder Botticelli hervor, die alle in Florenz lebten und wirkten.

Während sein Vater ein glückliches Händchen für Außenpolitik besaß, suchte Lorenzos Sohn Piero de Medici ab 1492 ein Bündnis mit dem Königreich Neapel und vernachlässigte die guten Beziehungen zu Mailand. Mailand rief Frankreich zu Hilfe, weil es die politische Isolation befürchtete. Der französische König Karl VIII. marschierte in Italien ein und eroberte Neapel. Das wiederum erzürnte Österreich und Spanien, sodass Italien zum Zankapfel wurde. Der einstige italienische Staatenbund zerfiel und es entwickelten sich ständig wechselnde Allianzen. Dieses Dickicht von Streitigkeiten kam vor allem den „Condottieri“ zugute: Diese Söldnerführer zogen mit ihren Armeen für denjenigen in die Schlacht, der am meisten dafür bot. Mitunter wechselten sie auch mitten im Kampf die Seiten. Nach dem Einmarsch der Franzosen wurden die Medici aus Florenz verbannt. Mithilfe eines spanischen Heeres eroberten sie im Jahre 1512 ihre Macht zurück, wurden jedoch 1527 erneut vertrieben. Und als ob das immer so weiter gehen würde, errang die Familie 1531 tatsächlich erneut die Herrschaft über die Stadt. Erst 1737 verlor sich die Linie der Medici endgültig.

Entstehung

Das Buch entstand unter dem lateinischen Originaltitel De principatibus im Jahre 1513. Erst beim Druck im Jahr 1532 zierte der italienische Titel Il Principe das kleine Büchlein. Machiavelli befand sich beim Schreiben in einer Art Verbannung: Nachdem die mächtige Familie der Medici in Florenz erneut an die Macht gekommen war, machte sich Machiavelli verdächtig, weil er in der zuvor bestehenden Republik die Oberaufsicht über das Heer gehabt hatte. Enttäuscht zog er sich auf sein Gut San Casciano in der Nähe der Stadt zurück. Hier litt er sehr daran, zur Untätigkeit verdammt zu sein. Seine Idealvorstellung eines Regenten schrieb er sich in Der Fürst von der Seele. Dabei hatte er ein besonderes Vorbild vor Augen: den machtbewussten und skrupellosen Cesare Borgia, der mehrere Regionen Italiens erobert hatte. Machiavellis Ziel war ein Nationalstaat, der stark genug war, sich aus eigener Kraft gegen fremde Mächte durchzusetzen.

Wirkungsgeschichte

Machiavellis Werk war zunächst kein Glück beschieden. Ihren Adressaten Lorenzo de Medici hat die Schrift vermutlich nie erreicht. Den Druck des Traktates 1532, übrigens mit dem Segen des Papstes, erlebte Machiavelli nicht mehr. Gut 30 Jahre nach seinem Tod wurden seine Schriften auf den Index gesetzt. Die Florentiner waren wahrscheinlich die Ersten, die Machiavelli verteufelten: Als nämlich die Medici nach ihrer Verbannung 1529 zurück nach Florenz kamen, nahmen sie grausame Rache für ihre Vertreibung zwei Jahre zuvor. Das Volk machte dafür Machiavellis Ratschläge zum Erhalt der Herrschaft verantwortlich. Trotzdem wurde das Buch in viele Sprachen übersetzt. Die erste deutschsprachige Ausgabe erschien im Jahre 1580.

In den folgenden Jahrhunderten wurde das Werk immer wieder zur Zielscheibe wüster Beschimpfungen. Einen regelrechten Höhepunkt erreichte der Antimachiavellismus mit dem Buch Anti-Machiavel, das der preußische Kronprinz Friedrich II. (Friedrich der Große) 1739 verfasste und zu Redaktion und Druck an Voltaire weiterleitete. „Der alte Fritz“ distanzierte sich ausdrücklich von Machiavellis Ratschlägen: Als „erster Diener des Staates“ sei der Herrscher zwar uneingeschränkt souverän, jedoch bei jeder seiner Taten dem Wohlergehen des Volkes verpflichtet. Im italienischen Faschismus unter Mussolini wurde Machiavelli eine regelrechte Heldenverehrung zuteil. Natürlich stieg damit nicht gerade die Bereitschaft, sich objektiv mit seinem Werk zu befassen. Diese entwickelte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, sodass die Schrift in ihrem historischen Kontext gesehen werden konnte.

Über den Autor

Niccolò Machiavelli wird 1469 in Florenz geboren. Seine Familie hat einen guten Namen, ist jedoch nicht sehr einflussreich. Niccolòs Vater ist ein angesehener Jurist. Mit knapp 30 Jahren beginnt Machiavellis politische Karriere im Dienst der Regierung. 1498 wird er zum zweiten Staatssekretär der Republik Florenz berufen. Sein Arbeitsgebiet sind diplomatische Beziehungen und – im Kriegsfall – die Oberaufsicht über militärische Operationen. Er besucht die italienischen Höfe, den Heiligen Stuhl, aber auch den deutschen Kaiser und den französischen König. Machiavelli studiert dabei die Handlungsweisen der Herrscher sehr genau. Er setzt sich für die Einrichtung einer Bürgermiliz in Florenz ein und erhält 1503 den Auftrag, ein Heer aufzustellen, das allerdings 1512 von der spanischen Armee überrannt wird. Die mächtige Familie Medici kommt in Florenz im gleichen Jahr erneut an die Macht, nachdem sie mehrere Jahre im Exil leben musste. Die Republik wird gestürzt. Da Machiavelli die Miliz geleitet hat, zieht er sich das Misstrauen der neuen Herren zu: Von einem Tag auf den anderen wird er entlassen und sogar gefoltert, weil er einer Verschwörung verdächtigt wird. Nach seiner Entlassung zieht er sich auf sein Gut in der Nähe von Florenz zurück. Hier beginnt seine Schaffensperiode als Autor mit den politischen Schriften Der Fürst, Discorsi und Die Kunst des Krieges sowie einer Geschichte von Florenz. Außerdem entstehen ein historischer Roman über den italienischen Politiker Castruccio Castracani, Gedichte und Dramen. Machiavelli gelingt es nicht, sich der Gunst der Familie Medici erneut zu versichern: Er stirbt verarmt am 21. Juni 1527 in Florenz.

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