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Hasenherz

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Hasenherz

Rowohlt,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Updikes Roman gibt Einblick in das Seelenleben des weißen amerikanischen Durchschnittsbürgers in den 1950er-Jahren.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Flucht vor dem Alltag

Auf der Flucht vor der häuslichen Enge und den Zumutungen des Alltags verlässt Harry Angstrom, genannt Rabbit, seine schwangere Ehefrau und seinen kleinen Sohn, um mit einer ehemaligen Prostituierten zusammenzuleben − und löst damit eine Familientragödie aus. John Updike liefert mit seinem 1960 erschienenen Roman Hasenherz ein ebenso detailliertes wie realistisches Porträt des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens im Amerika der späten 50er-Jahre. Aus der Sicht von Rabbit, der hinter den Banalitäten des Alltags auf einen tieferen Sinn hofft, schildert er die sozialen Zwänge, denen der Einzelne unterliegt. Dabei gelingt ihm ein tiefer Blick in das Seelenleben des weißen amerikanischen Durchschnittsbürgers, der vom Eigenheim in der Vorstadt und einer heilen Welt träumt. Rabbit hingegen fühlt sich eher erdrückt davon: Den einzigen Fluchtweg aus dieser scheinheiligen Kleinbürgeridylle bietet der Sex, den Updike für seine Zeit ungewöhnlich unverblümt darstellt. Auch wenn sich die Rollenbilder von Mann und Frau seitdem gewandelt und gesellschaftliche Konventionen sich gelockert haben, wirkt Hasenherz noch immer überraschend frisch und aktuell. Mit seinem schwachen Helden Rabbit, den er nie moralisch verurteilt, hat Updike eine literarische Jahrhundertfigur geschaffen, die bis heute nichts an Lebendigkeit eingebüßt hat.

Take-aways

  • John Updikes Roman Hasenherz bietet ein realistisches, detailliertes Porträt der amerikanischen Gesellschaft der 1950er-Jahre.
  • Inhalt: Harry Angstrom, genannt Rabbit, verlässt seine hochschwangere Frau und den zweijährigen Sohn und beginnt eine Affäre mit einer Prostituierten. Nachdem seine Frau, mit der er sich zwischenzeitlich wieder versöhnt hat, versehentlich das Neugeborene ertränkt hat, ergreift er abermals die Flucht. Vor die Wahl gestellt zwischen Rückkehr nach Hause und Neuanfang mit der Geliebten entscheidet er sich am Ende für die Familie.
  • Updike hatte sich zuvor intensiv mit der Philosophie Sartres und Kierkegaards auseinandergesetzt.
  • Er verstand Hasenherz als christlich-existenzialistische Antwort auf Jack Kerouacs Roman Unterwegs.
  • Gegen den Freiheitsdrang der Beatgeneration setzt Updike soziale Verantwortung.
  • Updikes Stil ist realistisch und zugleich reich an überraschenden Metaphern.
  • Wegen der offenen Sexszenen musste der Roman mehrfach umgeschrieben werden.
  • Hasenherz wurde in die Times-Liste der 100 wichtigsten englischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts aufgenommen.
  • Updike schrieb im Abstand von je zehn Jahren vier weitere Rabbit-Romane.
  • Zitat: „Seine Sünde, dies Konglomerat aus Flucht, Grausamkeit, Unzucht und Eitelkeit.“

Zusammenfassung

Auf der Flucht

Harry Angstrom, der wegen seines kaninchenhaften Gesichts den Spitznamen Rabbit trägt, ist in der Gegend von Mount Judge, einem Vorort von Brewer, auf dem Nachhauseweg von der Arbeit. Er legt eine Pause ein, um mit ein paar Jungen Basketball zu spielen. Obwohl er nicht mehr die einstige Stärke hat, fühlt er sich im Spiel lebendig. In seiner Jugend war er ein berühmter Spieler, aber inzwischen ist er mit seinen 26 Jahren erwachsen geworden. Zu Hause wartet seine schwangere Frau Janice auf ihn. Wie immer sitzt sie in der unaufgeräumten Wohnung betrunken vor dem Fernseher und schaut sich Kindersendungen an, während der gemeinsame zweieinhalbjährige Sohn Nelson bei Harrys Eltern ist. Früher hatte Janice etwas Reizvolles, aber inzwischen ist sie nicht mehr hübsch. Rabbit, der selbst nicht mehr trinkt und gerade auch zu rauchen aufgehört hat, fühlt sich abgestoßen von seiner Frau und dem häuslichen Chaos.

Er beschließt, Nelson abzuholen, doch als er durch das Küchenfenster in seinem nahe gelegenen Elternhaus sieht, wie seine Mutter den Jungen füttert und dieser fröhlich plappert, kehrt er um. Dass sein Sohn bei ihm kein ordentliches Zuhause hat, bekümmert ihn. Er setzt sich in seinen Wagen, den er bei seinem Schwiegervater Mr. Springer gekauft hat, einem Gebrauchtwagenhändler, der es zu etwas gebracht hat. Kurz entschlossen fährt er los, vorbei an den stinkenden, vergifteten Städten Philadelphia und Baltimore, immer Richtung Süden, wo, so träumt er, Orangenbäume blühen und die Frauen barfuß herumlaufen. Doch als er um Mitternacht in einer Raststätte Kaffee trinkt und die Leute beobachtet, überkommt ihn ein Gefühl der Fremdheit.

„Er hat gedacht und hat es immer so gelesen, dass Amerika, von einer Küste zur andern, überall gleich sei. Und er fragt sich jetzt: stehe nur ich bei diesen Leuten hier außerhalb, oder geht es mir bei ganz Amerika so?“ (über Rabbit, S. 38)

Ohne zu wissen, wohin er eigentlich will, fährt er weiter. Die Landschaft verändert sich nicht, überall sieht es aus wie zu Hause, überall dieselbe Werbung für sinnloses Zeug. Unvermittelt wendet er den Wagen und fährt wieder zurück. Nachdem er die Nacht im Auto vor seinem alten Clubhaus verbracht hat, beschließt er, nicht zur Arbeit ins Kaufhaus zu gehen, wo er als Vorführer eines Küchengerätes, des Zauberschälers, arbeitet. Stattdessen wendet er sich an seinen ehemaligen Basketballtrainer Tothero, den er seit Jahren nicht mehr gesprochen hat. Er fragt, ob er im Clubhaus schlafen darf. Nach Rabbits Geständnis, er sei von zu Hause vor seiner betrunkenen Frau weggelaufen, empfiehlt Tothero ihm, Janice zu helfen. Doch als Rabbit den Tag durchgeschlafen hat, weckt ein nach Whisky stinkender Tothero ihn und schlägt vor, zwei Prostituierte zu treffen. Rabbits Instinkte siegen über seine moralischen Bedenken, und die beiden ziehen los.

Der Neuanfang

Tothero und Rabbit gehen mit den beiden Frauen Ruth und Margaret chinesisch essen und gegen seinen Vorsatz trinkt Rabbit wieder Alkohol. Nachdem Tothero mit Margaret abgezogen ist, bleibt Rabbit mit Ruth zurück, einer stämmigen Frau, die ihre Pickel und Falten unter einer dicken Make-up-Schicht verbirgt. Rabbit ekelt sich vor ihr, aber er findet sie auf gewisse Weise auch anziehend. Obwohl er lieber nichts über ihr Privatleben wissen will, geht er mit ihr nicht ins Hotel, sondern zu ihr nach Hause.

„Es ist der Wahnsinn, er will sie zermalmen, ein kleiner Motor zwischen seinen Rippen treibt ihn zu immer heftigerer Umarmung an, zu immer wilderem Druck, es ist keine Liebe darin, keine Liebe, die an der Haut entlangglitzert und -gleitet, er denkt nicht an ihrer beider Haut, ihr Herz, ihr Herz will er mit dem seinen verschmelzen, um ihr Frieden zu geben.“ (über Rabbit und Ruth, S. 81)

Als er sie küsst, stößt Ruth ihn weg und sagt, alle Männer seien gleich und wollten nur ihre eigene Befriedigung. Rabbit verspricht ihr, bei ihm werde es nicht so sein, er sei ein guter Liebhaber. Bevor er sich zu ihr legt, wischt er ihr mit einem Lappen das Make-up aus dem Gesicht und betrachtet sie in ihrer ganzen Hässlichkeit. Er gibt sich große Mühe, ist zärtlich, und tatsächlich hat sie auch ihren Spaß am Sex. Hinterher versichert er ihr, sie sei schön, aber er spürt ihre Traurigkeit.

„Die Natur führt einen wie eine Mutter, und sobald sie ihren kleinen Tribut bekommt, lässt sie einen allein, mit leeren Händen.“ (S. 91)

Rabbit fühlt sich zu Ruth hingezogen, weil sie gutmütig ist. Er geht einkaufen, sie kocht. Anschließend fährt er nach Hause, um ein paar Klamotten und seine Zahnbürste zu holen. Ruth fürchtet schon, er werde bei ihr einziehen, aber er verspricht, nur eine Nacht zu bleiben.

Gott und die Welt

Zu Hause trifft er niemanden an. Jack Eccles, der junge episkopale Geistliche, dem er auf dem Rückweg zu Ruth begegnet, erzählt, Janice sei bei ihren Eltern. Eccles, der raucht und für einen Geistlichen ziemlich locker wirkt, äußert sein Erstaunen darüber, dass Rabbit gekommen ist, um sich frische Kleidung zu holen, nicht aber, um nach seiner Frau zu sehen. Er fragt Rabbit, warum er so viel Wert auf die bürgerliche Fassade lege, wo es ihn doch nicht störe, andere Menschen zu verletzen. Als Rabbit dem Geistlichen gesteht, er sei vor dem häuslichen Chaos geflüchtet, wendet dieser ein, so gehe es allen jungen Ehepaaren. Doch Rabbit will sich nicht damit zufriedengeben.

„Ich hab mal Basketball gespielt. Und zwar sehr gut. Und wenn man mal erstrangig gewesen ist bei einer Sache, ganz gleich, bei welcher, dann kriegt man es nicht fertig, was Zweitrangiges zu tun. Und diese kleine Chose da, die Janice und ich laufen hatten, Mann, die war weiß Gott zweitrangig.“ (Rabbit zu Eccles, S. 111 f.)

Die Frage von Eccles, ob er an Gott glaube, bejaht Rabbit. Gotte wolle, dass man reif werde, sagt Eccles. Doch er gibt auch selbst zu, unreif zu sein. Für Rabbit ist Reifsein gleichbedeutend mit Totsein. Zwei Tage später – Ruth und Rabbit wohnen noch immer zusammen – setzen die beiden Männer ihr Gespräch über Gott beim Golfspiel fort. Er verstehe nichts von Theologie, sagt Rabbit. Aber er glaube, dass hinter all dem unspektakulären Sichtbaren, den Häusern, Gärten, Bäumen, etwas darauf warte, von ihm entdeckt zu werden. Und dass dieses Etwas auch in seiner Beziehung zu Janice fehlte. Eccles dagegen wirft Rabbit vor, er sei selbstsüchtig und feige und suche nach etwas, das es nicht gebe.

„Das Christentum will keine Regenbogen bauen. Wenn’s so wäre, wie Sie meinen, dann würden wir bei den Gottesdiensten Opium austeilen. Wir streben danach, Gott zu dienen, nicht Gott zu sein.“ (Eccles zu Rabbit, S. 139)

Da gelingt Rabbit ein fantastischer Golfschlag. Das sei es, schreit er erregt, genau das sei es. Er hat das Gefühl, dass er es geschafft hat.

Rettungsversuche

Inzwischen wohnt Rabbit bei Ruth, die ihm verschweigt, dass sie schwanger ist, um ihn nicht zu vergraulen. Sie arbeitet als Stenotypistin, während er durch Vermittlung von Eccles eine neue Stelle als Gärtner gefunden hat. Er liebt die Arbeit mit Pflanzen und genießt es, Samen in die Erde einzupflanzen, etwas abzugeben, was dann nicht mehr ihm gehört.

„Gott selbst ist in diesen winzigen demantenen Organismus geschlossen, der bestimmt ist zu einer Folge von Entfaltungen, zum großen, langsamen Wachsen aus Wasser und Luft und Silizium.“ (S. 141 f.)

Einmal die Woche trifft Rabbit sich mit Eccles zum Golfspiel. Eccles hofft immer noch, ihn so zur Rückkehr zu Janice zu bewegen. Um zu vermitteln, besucht er die Familien der beiden Eheleute, doch niemand glaubt, Rabbit sei es wert, gerettet zu werden. Mrs. Springer betont, ihre Tochter Janice, die kurz vor der Niederkunft steht, stamme aus gutem Haus und Rabbit sei ein nichtsnutziger Frauenheld. Rabbits Eltern, die in einfacheren Verhältnissen leben, geraten über ihren Sohn aneinander. Während Mr. Angstrom den Sohn am liebsten verprügeln würde, schiebt Mrs. Angstrom die Schuld auf Janice, die ihren gut aussehenden, sportlichen Sohn geheiratet hat, noch bevor dieser bereit dazu war. Die Selbstgerechtigkeit all dieser Leute stößt Eccles ab.

Da die Angstroms der lutherischen Kirche angehören, sucht Eccles Pastor Fritz Kruppenbach auf, um ihn um Rat zu bitten. Er versucht ihm zu erklären, Rabbits Verhalten sei eine Reaktion auf die ewigen Streitereien zwischen den Eltern, unter denen Rabbit schon als Kind gelitten habe, doch der fundamentalistische Lutheraner hält nichts von solchem Psychologisieren. Die christliche Kirche sei nicht dazu da, kaputte Beziehungen zu kitten. Dafür gebe es Ärzte und Anwälte. Die Aufgabe der Kirche sei es, zu beten und den Glauben vorzuleben. Eccles ist erschüttert von Kruppenbachs Strenge und gönnt sich im Drugstore erst einmal eine Vanilleeiscreme-Soda mit Walnusseis.

Die Rückkehr

Rabbit und Ruth sitzen in einer heruntergekommenen Kneipe. Die Beziehung zwischen den beiden hat sich abgekühlt, die anfängliche Leichtigkeit ist verschwunden. Beim Gedanken an ihr vorheriges Leben als Prostituierte ekelt sich Rabbit. Dann kommt Margaret dazu, in Begleitung von Rabbits ehemaligem Basketballmitspieler Ronnie Harrison. Mit wachsendem Ärger beobachtet Rabbit, wie Ruth mit Ronnie flirtet. Die beiden haben offensichtlich etwas miteinander gehabt. Als Rabbits jüngere Schwester Mim das Lokal betritt und Harrison andeutet, sie sei ein Flittchen, platzt Rabbit der Kragen und er verlässt mit Ruth das Lokal. Zu Hause drängt er sie zum Oralsex, nachdem sie ihm gestanden hat, das auch mit Ronnie gemacht zu haben. Hinterher fühlt er sich, als habe er sie getötet.

In der Nacht erreicht ihn ein Anruf von Eccles. Janice liegt im Krankenhaus und bekommt ihr zweites Kind. Rabbit stürmt los und lässt die unglückliche Ruth zurück, ohne dass sie sich ausgesprochen haben. Von Anfang an wusste sie, dass er zu seiner Frau zurückkehren würde. Während er stundenlang im Wartezimmer sitzt, wird er von Scham und Gewissensbissen heimgesucht.

„Er ist überzeugt, dass Janice als Strafe für seine Sünde sterben wird, sie oder das Kind. Seine Sünde, dies Konglomerat aus Flucht, Grausamkeit, Unzucht und Eitelkeit. Ein schwarzes Gerinnsel im Gekröse der Geburt.“ (über Rabbit, S. 204)

Das ganze Leben erscheint ihm sinnlos, er empfindet Reue. Als endlich der Arzt kommt und Rabbit zu einer Tochter gratuliert, ist er glücklich. Janice empfängt ihn zärtlich und liebevoll. Unter Tränen planen sie ihre Rückkehr nach Hause. Allerdings hält Janiceʼ gute Stimmung nicht lange vor und auch Rabbit denkt am nächsten Tag schon wieder an andere Frauen, insbesondere Ecclesʼ reizvolle junge Frau Lucy. Als er das erste Mal seine Tochter sieht, ist er überwältigt von ihrer Schönheit.

Tod der Tochter

Während die eigene Mutter ihn mit eisiger Reserviertheit empfängt, haben die Springers Rabbit seine Eskapaden verziehen. Der Schwiegervater hat ihm sogar eine Stelle in seinem Gebrauchtwagenhandel verschafft − ein einfacher Job, wenn man bereit ist, die Leute über Autos anzulügen. Rabbit liebt seine Frau und seine Tochter und fühlt sich in seinem Gottesglauben bestärkt.

„Er hasst die Menschen, die ihm in schmutzigen Alltagskleidern auf der Straße begegnen und die Überzeugung vor sich hertragen, dass die Welt sich über einen Abgrund wölbt, dass der Tod endgültig ist, dass der wandernde Faden seiner, Rabbits, Empfindungen im Nichts verläuft.“ (S. 244)

Auch Janice geht ganz in ihrer Mutterrolle auf, trinkt keinen Alkohol mehr und stillt das Baby. Beim ständigen Anblick ihrer Brüste will Rabbit endlich wieder mit ihr schlafen und gibt ihr sogar Whisky zu trinken, damit sie sich entspannt. Aus Wut darüber, dass sie seinem Drängen nicht nachgibt, verlässt er eines Abends das Haus. Janice ist überzeugt, dass ihr Mann nun endgültig fort ist. Sie scheut sich, ihre Mutter anzurufen, die ihr immer das Gefühl gegeben hat, minderwertig zu sein, und die ihr die Schuld für alles geben wird. In ihrer Verzweiflung leert sie die Whiskyflasche, während um sie herum alles im Chaos versinkt und das Baby in seinen vollen Windeln im Bettchen brüllt. Als sie es in der Wanne waschen will, entgleitet es ihr und ertrinkt.

Unterdessen treibt sich Rabbit, der vergeblich versucht hat, Ruth zu erreichen, in der Stadt herum. Der Grund dafür, dass er gegangen ist, war nicht Janiceʼ Verhalten, sondern die Ausweglosigkeit seiner Lage und die Hoffnung auf ein anderes, besseres Leben.

„Was ihn den ganzen Tag festgehalten hatte, das war das sichere Gefühl, irgendwo warte etwas Besseres auf ihn als Babygeschrei und die Lügen in der Gebrauchtwagenhandlung.“ (über Rabbit, S. 280)

Als Eccles ihm am Telefon vom Tod des Babys erzählt, bricht für ihn die Welt zusammen. Dankbar stellt Rabbit fest, dass die Springers ihn nicht verurteilen, sondern ihn weiterhin als Teil der Familie betrachten. Mr. Springer nimmt einen Teil der Schuld auf sich und gesteht, sie hätten Janice als Eltern nie das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Tothero, der inzwischen einen Schlaganfall erlitten hat, spricht Rabbit sein Beileid aus und sagt, Recht und Unrecht fielen nicht vom Himmel, sie seien menschengemacht, und wenn man zwischen beidem nicht unterscheide, geschehe Unglück. 

Der richtige Weg

Auf der Beerdigung seiner Tochter wird Rabbit von Schmerz überwältigt. Er verübelt es Janice, dass sie sich um Trauerkleidung kümmern kann und nicht vor Scham versinkt. Er fürchtet sich vor der Begegnung mit seinen Eltern, die sich bisher nicht bei ihm gemeldet haben. Doch seine Mutter umarmt ihn und auch Janice, der sie alle Schuld an dem Unglück gibt. Ecclesʼ Trauerrede kommt Rabbit hohl und klebrig vor, er unterstellt ihm, dass er gar nicht glaubt, was er da von Glaube und Auferstehung erzählt.

„Alle diese Menschen wirken falsch: außer seiner toten Tochter im weißen Kasten mit den goldenen Verzierungen.“ (über Rabbit, S. 301)

Während der kleine Sarg in die Erde gelassen wird, spürt er, wie seine Tochter in den Himmel aufsteigt. In dem Moment fühlt er neue Kraft. Den Trauergästen ruft er zu, nicht er sei schuld am Tod des Kindes, sondern Janice. Zugleich erkennt er deren Schmerz und sieht, dass auch sie nur ein Opfer ist. Er will ihre Hand nehmen, doch sie zieht sie zurück. Alle starren ihn entsetzt an, auch seine Mutter. Von Hass und Wut erfüllt rennt er davon, auf den an den Friedhof grenzenden dicht bewaldeten Hügel. Völlig erschöpft, von Ästen zerkratzt und mit zerrissenem Hemd taucht er schließlich bei Ruth auf.

Sie ist noch dicker als zuvor und bestätigt ihm, dass sie schwanger ist. Rabbit will zu ihr zurückkehren, aber sie weist ihn harsch zurück. Als Rabbit sie inständig bittet, das Kind nicht abzutreiben, wird sie ruhiger und sagt, sie würde ihn gerne heiraten. Aber zuvor müsse er seine Frau endgültig verlassen und sich scheiden lassen. Rabbit, der seit Tagen nichts Richtiges gegessen hat, will erst einmal etwas zu essen holen und dann weiter mit ihr überlegen, was zu machen ist. Auf dem Weg zum Feinkostgeschäft wird er jedoch wieder von Zweifeln befallen.

„Allein der Gedanke an die technische Abwicklung der Angelegenheit – die Auseinandersetzungen, die Telefonate, die Rechtsanwälte, die Geldgeschichten – ist so beklemmend, dass Rabbit das Gefühl hat, unmittelbar vor seinem Mund balle sich etwas zusammen.“ (S. 315)

Er muss an seinen Sohn Nelson denken, der seine Hilfe braucht, an Ruth und Janice, seine Mutter und Eccles, und er weiß nicht, was der richtige Weg ist. In der Hoffnung auf Erleuchtung blickt er hinauf zum Kirchenfenster. Aber es bleibt dunkel und er erkennt, dass all dieses Äußere, das er gegeneinander abwägt, nicht zählt, sondern allein sein Inneres. Plötzlich weiß Rabbit, was zu tun ist. Er läuft los, und statt wie geplant zum Feinkostladen zu gehen, schlägt er den Weg nach Hause ein.

Zum Text

Aufbau und Stil

In Updikes Hasenherz werden die Ereignisse überwiegend aus der Sicht der Hauptfigur erzählt, wobei die chronologische Abfolge hin und wieder durch Erinnerungen durchbrochen wird. Gelegentlich nimmt der Autor auch die Perspektive anderer Figuren ein, etwa von Eccles, Janice oder Ruth, was einen Außenblick auf die Hauptfigur erlaubt. Stilistisch zeichnet sich der Roman durch einen Wechsel zwischen langen, verschlungenen und kurzen, oft elliptischen Sätzen sowie durch lange Dialogpassagen aus. Kennzeichnend für Updikes Stil ist eine genaue Beobachtungsgabe und die detaillierte Beschreibung von Straßen und Landschaften, Wohnungs- und Kneipeneinrichtungen, Menschen mit ihrer Kleidung, Gestik und Mimik. Immer wieder lässt Updike Songtexte und Filmtitel, Radioansagen, Werbesprüche und Markennamen in den Text einfließen. Dieser präzise Realismus bildet einen effektvollen Kontrast zu den zahlreichen ungewöhnlichen Bildern und Metaphern, die der Autor verwendet. Bevorzugt setzt er das Stilmittel der Personifikation ein: Häuser „beschnuppern“ die Straße, Bäume „marschieren“, Pflanzen „atmen pflichtschuldig“ Sauerstoff aus.

Interpretationen

  • Updike zeichnet ein realistisches Porträt der amerikanischen Alltagskultur der 50er-Jahre. Die fiktive Provinzstadt Brewer in Pennsylvania ist Updikes Heimatort Reading nachempfunden. Seine Hauptfigur ist männlich, weiß, protestantisch und damit ein typischer Mittelklassevertreter mit seinen scheinbar trivialen Wünschen, seinen verborgenen Ängsten und Obsessionen.
  • Im Zentrum des Romans, der reich an expliziten Sexszenen ist, steht das Thema des Ehebruchs. Rabbit scheint vom Sex besessen, der ihm die einzige Freiheit und Fluchtmöglichkeit aus den beschränkten Verhältnissen bietet. Bei jeder Gelegenheit hat er erotische Gedanken – ob bei Kellnerinnen, Krankenschwestern oder der Pfarrersfrau. Frauen beurteilt er allein nach ihrem Äußeren.
  • Updikes Darstellung der Familientragödie kommt ohne moralischen Zeigefinger aus – trotz ihres hohen sittlichen Anspruchs. Auch wenn seine Figuren allesamt ihre Schwächen haben, verurteilt er sie nicht, sondern zeichnet sie mit Liebe und Empathie.
  • Die Figur Rabbit wird angetrieben durch die Frage nach dem verborgenen Sinn des Daseins, nach menschlicher Entscheidungsfreiheit und göttlicher Gnade. Nach Angaben Updikes, der sich intensiv mit Sartre, Kierkegaard und Karl Barth beschäftigte, steht der Name „Rabbit“ für den Fluchtinstinkt und den impulsiven Zickzackkurs, den sei Protagonist an den Tag legt.
  • Obwohl Updike zur Zeit der Romanverfassung selbst 26 Jahre alt war und zwei Kinder hatte, verwahrte er sich stets gegen autobiografische Deutungen. Rabbit erlaube es ihm lediglich, Amerika kennenzulernen, und durch seine Augen sehe er mehr als durch die eigenen.

Historischer Hintergrund

Amerika in den späten 50er-Jahren

Nach dem Ende des Koreakriegs, in dem sich die USA und die Sowjetunion gegenübergestanden hatten, verschärfte sich der Kalte Krieg und das Wettrüsten der beiden Supermächte gewann an Fahrt. Angesichts der Bedrohung durch die Sowjetunion Stalins und der ständigen Angst vor einem Atomkrieg herrschte in den 50er-Jahren in den Vereinigten Staaten unter Präsident Dwight D. Eisenhower ein großes Bedürfnis nach Ruhe und Sicherheit. Viele junge Menschen vertraten konservative und materialistische Werte und Lebensziele wie die intakte Kleinfamilie oder das Eigenheim in einem der schnell wachsenden Vororte. Sie wollten vor allem ein „normales Leben“ führen. Bürgerlicher Wohlstand, finanzielle Sicherheit und ein stetig wachsender Konsum schienen ihnen in diesen politisch unruhigen Zeiten Schutz und Halt zu bieten.

In den 1950er-Jahren fand auch der Siegeszug des Fernsehens statt, das schlagartig an Popularität gewann und schon bald das Radio als Leitmedium ablöste. Die Zahl der Fernsehteilnehmer in den USA betrug 1952 bereits 15 Millionen. 1953 hatten zwei Drittel der amerikanischen Haushalte mindestens ein Fernsehgerät, bis 1965 stieg die Zahl auf 94 Prozent. Werbemacher erkannten das ungeheure Potenzial dieses Massenmediums, um Träume und Wünsche der Zuschauer zu generieren und so den Absatz von Konsumprodukten zu steigern. Die permanente Werbung für verschiedenste Produkte, ob Autos, Küchengeräte oder Waschmittel, prägte den Alltag vieler Amerikaner. In ihr spiegelte sich auch das konservative Familienbild, die traditionellen Geschlechterrollen und die in jener Zeit vorherrschende Sehnsucht nach einer heilen Welt wider. In diesem Weltbild sorgt der Mann für das Einkommen, die Frau kümmert sich um Kinder, Haushalt und ihr Aussehen. Das Hauptziel junger Frauen ist es, einen Mann zu kriegen und ihn mithilfe ihrer körperlichen Reize und hausfraulichen Fertigkeiten an sich zu binden.

Als Reaktion auf den Konservativismus und Konsumismus entstand eine Gegenbewegung, die nicht nur in der Literatur, sondern auch im Film und in der Musik ihren Niederschlag fand. Zu berühmten Vertretern dieser aufbegehrenden Generation wurden Marlon Brando und James Dean, der in dem 1955 gedrehten Film ... denn sie wissen nicht, was sie tun den rebellischen, gegen die Enge der Kleinstadt und der Familie aufbegehrenden Halbstarken verkörperte. In der Literatur wandten sich die Poeten der sogenannten Beatgeneration gegen Prüderie, gesellschaftlichen Konformismus und das spießige Leben in den Wohlstandsvorstädten. Stattdessen propagierten Schriftsteller wie Jack Kerouac, Allen Ginsberg und William S. Burroughs in ihren Schriften das Naturerlebnis, sexuelle Freiheit und Entgrenzung auch mithilfe von Drogen. Als 1957 Kerouacs Roman On the Road, das Manifest der Beatgeneration, erschien, hatte sich die Jugend- und Protestbewegung bereits in der amerikanischen Kultur etabliert. 

Entstehung

Updike verstand Hasenherz von Beginn an als christlich-existenzialistischen Gegenentwurf zu Jack Kerouacs Roman. In einem Interview äußerte er dazu, es sei nicht möglich, immer unterwegs zu sein, als Mensch habe man soziale Verpflichtungen und müsse irgendwann nach Hause zurückkehren. Sein Roman zeige auf realistische Weise, was passiere, wenn ein junger Familienvater „on the road“ gehe und die Zurückgelassenen verletzt würden. Er sehe viele verunsicherte zwielichtige Männer, die keine Verpflichtungen eingehen könnten, die Spitzennoten in der Highschool erreichten, aber in einer Abwärtsspirale lebten. Ihre Vorstellung vom Glück sei es, jung zu sein. 

Wegen unverblümter Sexdarstellungen sah sich Updike bereits vor der Erstveröffentlichung des Romans gezwungen, das Manuskript teilweise umzuschreiben. Wie der Autor später im Vorwort zur Neuauflage seines Romans schrieb, meinte sein Verleger Alfred A. Knopf, die expliziten Sexszenen könnten sie beide ins Gefängnis bringen. Ende 1960 konnte der umgearbeitete Roman erscheinen. Schon zwei Jahre später musste Updike für die Neuauflage des Romans die Änderungen wieder zurücknehmen, da die gesellschaftliche Akzeptanz von sexuellen Darstellungen inzwischen gewachsen war.

Wirkungsgeschichte

Die Veröffentlichung von Hasenherz machte Updike schlagartig zu einem der bekanntesten Schriftsteller seiner Zeit. Nicht nur in der renommierten New York Times wurde das Buch sehr gelobt. Die amerikanische Schriftstellerin Joyce Carol Oates verglich Updike mit Gustave Flaubert. Wie diesem gelinge es ihm, die Faszination des Lesers für die Erzählerfigur mit all ihren banalen Wünschen und Träumen zu wecken. Das Time Magazine nahm Hasenherz in die Liste der hundert besten englischsprachigen Romane von 1923 bis 2005 auf. 1970 verfilmte der Regisseur Jack Smight Hasenherz. Auch der 2002 entstandene Film 8 Mile mit dem Rapper Eminem in der Hauptrolle spielt auf Updikes Roman an. 

Mit Unter dem Astronautenmond (1971), Bessere Verhältnisse (1981), Rabbit in Ruhe (1990) und Rabbit, eine Rückkehr (2000) setzte Updike seinen ersten Rabbit-Roman im Abstand von jeweils zehn Jahren fort.

Über den Autor

John Updike wird am 18. März 1932 in Reading im US-Staat Pennsylvania als einziges Kind eines Lehrers und Diakons und dessen Frau geboren. Er wächst in der nahe gelegenen Kleinstadt Shillington in materiell bescheidenen Verhältnissen auf. Schon als Kind leidet er unter der Hautkrankheit Schuppenflechte und stottert. Er lebt auf einer einsamen Farm und sein einziges Vergnügen besteht im Lesen. Updikes Mutter, die selbst literarische Ambitionen hat, unterstützt seine schriftstellerischen Bemühungen. 1950 beginnt Updike sein Studium der Anglistik an der Harvard-Universität mit einem Vollstipendium. Er heiratet Mary Pennington, mit der er insgesamt vier Kinder bekommt. Nach dem Abschluss des Studiums 1954 erhält er eine Stelle bei der renommierten Zeitschrift The New Yorker, doch schon bald kündigt er und zieht nach Ipswich in Massachusetts, um dort als freier Schriftsteller zu arbeiten. Berühmtheit erlangt Updike mit seinem Roman Hasenherz (Rabbit, Run, 1960). Auch sein erotischer Skandalroman Ehepaare (Couples, 1968) wird ein Bestseller. Es folgen weitere Romane, Theaterstücke und Lyrik, darunter Die Hexen von Eastwick (The Witches of Eastwick, 1984), Gott und die Wilmots (In the Beauty of the Lilies, 1996) und Landleben (Villages, 2004). Daneben folgen in regelmäßigem Abstand weitere Romane seiner Rabbit-Reihe. Er hält Vorlesungen in der ganzen Welt, unter anderem in Venezuela, Ghana und Äthiopien. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heiratet Updike 1977 Martha Bernhard und lebt mit ihr und ihren drei Söhnen in Georgetown. Er erhält den Pulitzer-Preis für zwei seiner Rabbit-Romane, was vor ihm nur zwei amerikanischen Schriftstellern gelang. Updike stirbt am 27. Januar 2009 in Danvers, Massachusetts an Lungenkrebs.

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