Jane Austen
Mansfield Park
Reclam, 2016
Was ist drin?
Ein Roman über die Liebe einer stillen Heldin – eine klassische Romanze.
- Liebesroman
- Romantik
Worum es geht
Liebe auf den zweiten Blick
Jane Austen ist die unangefochtene Königin des romantischen Liebesromans. Auch in Mansfield Park glänzt sie mit Eloquenz und Ironie. Die junge Fanny Price, zu Beginn der Inbegriff des hässlichen Entleins, verliebt sich in den scheinbar unerreichbaren Edmund. Die Autorin zieht alle Register, die ihre Romane bis heute so beliebt machen: Unausstehliche Nebencharaktere und sympathische Identifikationsfiguren durchleben Verwicklungen und Schicksalsschläge. Fanny, die hartnäckig auf ihrer Weigerung besteht, aus anderen Gründen als aus wahrer Liebe zu heiraten, ist im Vergleich zu Austens anderen Protagonistinnen – etwa der lebhaften Elizabeth Bennett aus Stolz und Vorurteil – eine eher stille Heldin. Nicht nur Edmund, auch der Leser muss zwei Mal hinschauen, um sie lieben zu lernen. Wer sich aber die Mühe macht, findet in Fanny Price eine erstaunlich moderne, emanzipierte Frauenfigur. Und ein Happy End gibt es selbstverständlich auch.
Take-aways
- Mansfield Park ist der dritte von Jane Austens sechs großen Romanen.
- Inhalt: Fanny Price kommt als arme Nichte in die Familie Bertram und verliebt sich in ihren Vetter Edmund. Der möchte Mary Crawford heiraten, deren Bruder Henry wiederum Fanny umwirbt. Ein Skandal lässt beide Pläne scheitern und Fanny bekommt am Ende ihren Edmund.
- Vordergründig ist Mansfield Park eine klassische romantische Liebesgeschichte.
- Dabei übt Austen darin auch Gesellschaftskritik. Insbesondere thematisiert sie die soziale Benachteiligung der Frau.
- Ein weiteres Motiv sind die Standesunterschiede der britischen Gesellschaft, mit ihren feinen und feinsten Ausdrucksformen.
- Mansfield Park erschien 1814 anonym, aber mit Hinweis auf Austens andere Romane.
- Der Roman enthält zahlreiche autobiografische Bezüge.
- Vladimir Nabokov setzte dem Werk mit einer seiner Lectures on Literature ein Denkmal.
- Jane Austen zählt zu den bekanntesten und beliebtesten Schriftstellerinnen aller Zeiten.
- Zitat: „Bei so viel wahrem Verdienst und wahrer Liebe und ohne Mangel an Reichtum oder Freunden musste das eheliche Glück von Vetter und Kusine so sicher erscheinen, wie irdisches Glück nur sein kann.“
Zusammenfassung
Drei Schwestern
Die drei Töchter der Familie Ward heiraten in unterschiedliche Schichten ein. Die mittlere wird Mrs. Bertram und zieht in das Anwesen ihres Gatten Sir Thomas, Mansfield Park. Ihre ältere Schwester wird Mrs. Norris; sie hat Pastor Norris geheiratet, der die Pfarre in Mansfield Park übernimmt. Die Jüngste zu guter Letzt heiratet Mr. Price, einen armen Tunichtgut. Die drei Schwestern entfremden sich. Doch eines Tages braucht Mrs. Price mit ihren neun Kindern Hilfe. Auf Betreiben von Mrs. Norris wird das älteste dieser Kinder, Fanny, in Mansfield Park aufgenommen. Die Bertrams haben vier eigene Kinder, Julia, Maria, Edmund und Tom. Fanny ist zehn, als sie in Mansfield Park ankommt. Sie ist eingeschüchtert vom Reichtum und vom feinen Benehmen der anderen und kommt fast um vor Heimweh. Nur Edmund nimmt ihre Sorgen ernst und hilft ihr, sich einzugewöhnen. Er ermöglicht ihr einen Briefwechsel mit ihrem Bruder William. Außerdem liest er mit ihr und verbessert ihre Bildung. Darin sind ihr die beiden Schwestern von Edmund weit voraus, doch charakterlich lassen sie einiges zu wünschen übrig: Julia, Maria und auch Mrs. Norris fühlen sich Fanny überlegen und lassen sie das spüren. Zwischen Fanny und Edmund entwickelt sich eine tiefe Freundschaft – neben William ist er für sie die wichtigste Person auf der Welt.
Neue Freunde
Mr. Norris stirbt und die Familie Grant zieht im Pfarrhaus ein. Sir Thomas hat Sorgen wegen seiner Besitzungen im Ausland und muss für eine Weile nach Antigua reisen. Edmund vertritt ihn kompetent, und die Mädchen genießen die Zeit ohne den strengen Blick des Vaters. Mr. Rushworth, der in einiger Entfernung ein Gut besitzt, wirbt um Maria. Die Familie ist von der Verbindung begeistert, denn Rushworth ist reich und besitzt ein Haus in London. Allerdings ist er auch ausgesprochen langweilig.
„Fanny Price war zu dieser Zeit gerade zehn Jahre alt, und obwohl es auf den ersten Blick nichts an ihr gab, was besonders einnehmend war, so gab es andererseits doch auch nichts, was den Widerwillen ihrer Verwandten erregte.“ (S. 16)
Fanny ist gerade 18 geworden, als die Grants Besuch von Mrs. Grants Halbgeschwistern Mary und Henry Crawford bekommen. Der charmante Henry Crawford kommt bei den Bertram-Schwestern gut an. Mary zeigt dagegen Interesse an Tom. Der allerdings verreist bald für einige Wochen. Dafür kommt Mr. Rushworth zu Besuch. Er möchte seinen Garten neugestalten. Es wird der Vorschlag gemacht, dass man ihn besucht und die Gartenneugestaltung bespricht. Fanny bildet sich schnell eine Meinung von den Neuankömmlingen: Sie nimmt Mary übel, dass sie schlecht über andere Leute spricht. Vor allem aber mag sie sie nicht, weil Edmund offenbar Gefühle für sie entwickelt. Bald ist er Hals über Kopf in sie verliebt.
„Edmunds Freundlichkeit hinterließ in ihr einen tiefen Eindruck, ja, einen tieferen, als er, der von ihrer zärtlichen Zuneigung nichts wusste, ahnen konnte (…)“ (über Fanny, S. 100)
Als der Ausflug zu Mr. Rushworth nach Sotherton bevorsteht, sorgt Edmund dafür, dass auch Fanny mitfahren darf. Dort angekommen, isst man zusammen und besichtigt das Haus. In der Kapelle erfährt Mary, dass Edmund Pfarrer werden will. Sie ist entsetzt und macht sich über diese Berufswahl lustig. Geistliche sind ihrer Meinung nach nur zu faul, sich um eine echte Karriere zu bemühen. Bei einem Spaziergang über den Besitz setzen sich Mary und Edmund von den anderen ab, und auch Maria und Henry gehen ihrer eigenen Wege. Schließlich fahren alle zurück nach Mansfield Park. Tom kehrt von seiner Reise zurück, und Mary erkennt, dass sie inzwischen dessen jüngeren Bruder Edmund vorzieht, trotz seiner Berufswahl. Julia und Maria haben sich derweil beide in Henry Crawford verliebt. Die Familie wäre mit ihm als Ehemann für Julia einverstanden.
Liebesschwüre
Mr. Yates, ein Freund von Tom, adlig und von zweifelhaftem Charakter, kommt zu Besuch. Er hat zuvor mit Freunden in Weymouth eine Theateraufführung auf die Beine stellen wollen, doch seine Pläne sind von einem Todesfall in der Familie durchkreuzt worden. Er steckt die anderen jungen Leute mit seiner Idee an. Man will nun auch in Mansfield Park Theater spielen. Nach langen Diskussionen – und gegen den heftigen Widerstand von Edmund – wird entschieden, das Stück Liebesschwüre auszuführen. Eine Rolle bleibt zunächst unbesetzt – die des Geliebten der Amalie, die von Mary Crawford gespielt wird. Edmund lässt sich überreden, mitzuspielen, und bittet Fanny um Verständnis. Deren Eifersucht wächst – doch sie ist sicher, nichts gegen Miss Crawford ausrichten zu können.
„Wie soll man die Bestürzung der Gesellschaft beschreiben? Sie waren zum größten Teil zunächst vor Entsetzen wie gelähmt. Sir Thomas im Haus! Keiner bezweifelte es auch nur einen Augenblick.“ (S. 211)
Auch Julia wird von Eifersucht gequält, denn die Zuneigung zwischen Maria und Henry wird immer offensichtlicher. Insgesamt werden die Proben wegen all dieser Verwicklungen nicht so fröhlich wie angenommen. Als die Aufführung kurz bevorsteht, kehrt Sir Thomas zurück. Er verbietet jede weitere Probe. Der Hausherr ist vor allem von seiner Schwägerin Mrs. Norris und von Edmund enttäuscht, da sie das unmoralische Treiben geduldet haben. Die Nachricht von der Verlobung Marias nimmt er positiv auf, er kann sich auch mit dem Gedanken an Mr. Rushworth als Schwiegersohn anfreunden.
„Henry Crawford hatte ihr Glück zerstört, aber er sollte nicht wissen, dass er es getan hatte; er sollte nicht auch ihr Ansehen, ihr gesellschaftliches Leben, ihren Erfolg zerstören.“ (über Maria, S. 244)
Henry Crawford bricht auf, um seinen Onkel zu besuchen. Maria fühlt sich betrogen und beschließt, sich ganz auf Mr. Rushworth zu konzentrieren. Als ihr Vater die Sorge äußert, dass sie mit diesem Mann nicht glücklich werde, winkt sie ab: Sie will sich nicht ihren gesellschaftlichen Aufstieg zerstören lassen. Die Hochzeit mit Mr. Rushworth findet statt und die Frischvermählten reisen zusammen mit Julia nach Brighton.
„Seien Sie nach Herzenslust rechtschaffen und arm, aber ich werde Sie nicht beneiden; ich glaube nicht einmal, dass ich viel Achtung vor Ihnen haben werde. Ich habe wesentlich mehr Achtung vor Leuten, die rechtschaffen und reich sind.“ (Mary zu Edmund, S. 259)
Fanny erhält nach der Abreise der Schwestern mehr Aufmerksamkeit, nicht nur von ihren Tanten, sondern auch von Mary Crawford, mit der sie trotz mangelnder Gemeinsamkeiten viel Zeit verbringt. Fanny findet Mary oberflächlich, ist jedoch zu höflich, ihre Freundschaft zurückzuweisen. Edmund sieht es gern, dass die beiden Mädchen Umgang pflegen. Es wird jedoch immer deutlicher, dass Mary höhere Ziele hat, als einen armen Dorfpfarrer zu heiraten. Sie versucht, Edmund von seinem Plan abzubringen. Doch seine Ordination steht kurz bevor, und er ist fest entschlossen, Pfarrer zu werden.
Ein Verehrer
Fanny ist eines Abends bei den Grants zu Besuch, als Henry Crawford von seiner Reise zurückkehrt. Er sieht die ganze Episode mit dem Theaterstück mit Humor. Fanny verteidigt die Entscheidung ihres Onkels, das Projekt abzubrechen, vehement, und erregt damit Henrys Aufmerksamkeit. Am nächsten Tag eröffnet er seiner Schwester, er plane, auch Fannys Herz zu erobern. Deren offensichtliche Abneigung gegen ihn und ihre hohen moralischen Grundsätze machen sie für ihn nur interessanter. Er ahnt nicht, dass sie bereits in einen anderen verliebt ist.
„Das ganze Problem hing an einer Frage. Liebte sie ihn genug, um auf das zu verzichten, was ihr so unentbehrlich gewesen war; liebte sie ihn genug, um es nicht mehr unentbehrlich zu finden?“ (über Mary und Edmund, S. 310)
Fannys Bruder William, der Seemann geworden ist, kommt zu Besuch. Er hofft auf eine baldige Beförderung zum Leutnant. Als herauskommt, dass Fanny noch nie auf einem Ball war, beschließt ihr Onkel, ihr zu Ehren einen Tanz zu veranstalten. Edmunds Gedanken sind derweil bei Mary: Wird sie sich umstimmen lassen, vielleicht doch seine Frau zu werden? Henry tanzt auf dem Ball häufig mit Fanny. Sir Thomas freut sich darüber, dass der junge Mann Interesse an ihr zeigt. Dessen Avancen bleiben niemandem verborgen. Fanny genießt es jedoch überhaupt nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Mary stößt Edmund während des Balls erneut vor den Kopf, indem sie schlecht über seine Zukunft und seinen Beruf spricht.
„Aber er sprach immer weiter, beschrieb seine Zuneigung, bat um ihre Erwiderung und bot ihr schließlich in Worten, die selbst ihr unmissverständlich sein mussten, sich selbst, seine Hand, sein Vermögen – alles an.“ (über Henry und Fanny, S. 366)
Am nächsten Morgen brechen William und Henry nach London auf. William soll mit Henrys Onkel, einem Admiral, zu Abend essen. Von London aus will er nach Portsmouth weiterreisen, wo sein Schiff liegt. Auch Edmund bricht auf, um einen Freund in Peterborough zu besuchen. Unterdessen ist aus Henrys Neugier echte Zuneigung geworden und er hat den Plan gefasst, dass Fanny seine Frau werden soll. Als er nach Mansfield Park zurückkehrt, spricht er mit seiner Schwester von nichts anderem. Am nächsten Morgen besucht er Fanny, um ihr gute Nachrichten zu überbringen: Er hat sich bei seinem Onkel für William eingesetzt, und der hat seinen Einfluss geltend gemacht, damit William befördert wird. Fanny ist Henry unendlich dankbar und gern bereit, ihm zuzuhören, als er sie um ein Gespräch bittet. Henry erklärt, dass er William aus Zuneigung zu ihr geholfen hat, und bittet sie, ihn zu heiraten. Sie glaubt, dass er mit ihren Gefühlen spielt, und weist ihn zurück.
„Schlechte Grundsätze hat sie, Fanny, abgestumpftes Zartgefühl und verdorbene, verworfene Gedanken. Vielleicht ist es so am besten für mich, weil es mir so wenig zu bedauern gibt.“ (Edmund über Mary, S. 557)
Am nächsten Tag bittet Henry Sir Thomas um seine Zustimmung. Der kann nicht glauben, dass Fanny Henrys Antrag abgelehnt hat, und fragt sie nach dem Grund. Sie mag ihm nicht sagen, dass ihr Herz jemand anderem gehört, und so beruft sie sich auf Skrupel. Sir Thomas ist tief enttäuscht und nennt sie undankbar und selbstsüchtig, er erkennt ihre Entscheidung jedoch an. Henry Crawford will sich nicht entmutigen lassen und weiter um sie werben, bis sie Ja sagt. Es gelingt ihm in den nächsten Wochen, dass sie ihn in etwas anderem Licht sieht und gute Seiten an ihm entdeckt. Fürs Verlieben reicht es allerdings nicht. Sein Verhalten gegenüber Maria und Julia ist für Fanny noch immer Grund genug, ihm nicht zu vertrauen.
Zurück in Portsmouth
Die Crawfords reisen ab. Sir Thomas ist sich sicher, dass Fanny, wenn Henry hartnäckig bleibt, irgendwann nachgeben wird. Um ihr zu zeigen, wie vorteilhaft eine Ehe mit Crawford wäre, willigt er ein, dass sie zusammen mit William ihre Familie besucht und einige Wochen dortbleibt. Die ärmlichen Umstände, der große Unterschied zum Leben in Mansfield Park sollen ihr klarmachen, dass eine Vermählung mit Crawford nicht so übel wäre, wie sie derzeit noch zu denken scheint. Fanny ist überglücklich und nimmt die Gelegenheit gern wahr, ihre Mutter wiederzusehen. Sie reist mit William nach Portsmouth, wo man sie herzlich, wenn auch nicht überschwänglich begrüßt. William muss schneller als gedacht wieder abreisen, und so ist Fanny mit ihrer schwierigen Mutter, ihrem alkoholkranken Vater und ihren vielen Geschwistern allein. Ihre Hoffnung, die Beziehung zu ihrer Mutter zu intensivieren, wird enttäuscht. Die Enge und die mangelnden Manieren in ihrem Elternhaus setzen ihr schnell zu. Nur ihre Schwester Susan, die intelligent und lernwillig ist, bietet Fanny Trost. Fanny geht in der Rolle als Susans Mentorin auf. Sie erhält Post von Mary, die Grüße von Henry ausrichtet – in ihrer Einsamkeit sind Fanny sogar diese Briefe willkommen.
„Bei so viel wahrem Verdienst und wahrer Liebe und ohne Mangel an Reichtum oder Freunden musste das eheliche Glück von Vetter und Kusine so sicher erscheinen, wie irdisches Glück nur sein kann.“ (S. 578)
Als sie vier Wochen in Portsmouth ist, bekommt sie Besuch von Henry, der in der Nähe seine Ländereien besichtigt hat und einen unredlichen Mitarbeiter in seine Schranken weisen musste. Sie stellt ihn als Williams Freund vor und freut sich aufrichtig über die Ablenkung, auch wenn sie sich für ihre Familie schämt. Sie sieht deutliche Veränderungen in Henry – doch an ihrer Entscheidung gegen eine Ehe mit ihm ändert all das nichts.
Schlechte Nachrichten
Edmund ist in London und Fanny erwartet schon Nachricht von seiner Verlobung mit Mary Crawford, doch sein Antrag bleibt vorerst aus. Nach sieben Wochen trifft ein Brief von ihm ein. Er berichtet, dass der Einfluss von Marys Freunden zu stark ist und sie ihn deswegen ablehnen wird, obwohl sie, da ist er sicher, auch Gefühle für ihn hat. Er kündigt an, ihr per Brief einen Antrag machen zu wollen. Fanny ist überzeugt, dass es Marys eigene Charakterfehler sind, die sie von einer Ehe mit Edmund abhalten werden, und hofft, dass Edmund ihr schnell einen Antrag macht, damit die Sache endgültig geklärt wird. Kurz darauf erreicht Fanny die Nachricht, dass Tom schwer erkrankt ist. Es dauert nicht lange, da meldet sich Mary mit Fragen zu dem Gesundheitszustand des ältesten Bertram-Bruders – in denen die Hoffnung mitschwingt, dass vielleicht doch Edmund Mansfield Park erben wird. Fanny ist entsetzt und sieht ihre Vorurteile bestätigt. Im nächsten Brief folgt ein weiterer Schock: Henry ist mit Maria durchgebrannt. Offenbar hat er nicht verwunden, dass er der frisch verheirateten Mrs. Rushworth inzwischen gleichgültig geworden war. Sein Ehrgeiz war geweckt und sie begannen eine Affäre, die dann aufflog. Kurz darauf floh Julia mit Mr. Yates nach Schottland.
Ende gut, alles gut
Einige Tage später trifft Edmund in Portsmouth ein, um Fanny nach Mansfield Park zurückzuholen. Susan ist eingeladen, sie zu begleiten. In Mansfield erfährt Fanny die ganze Wahrheit über Marias und Henrys Untreue. Die beiden trennen sich bald wieder, doch Sir Thomas will seine älteste Tochter nicht mehr in Mansfield Park sehen. Mrs. Norris zieht mit ihr zusammen in eine entlegene Gegend – sehr zur Freude von Sir Thomas, der die Pfarrerswitwe nicht ausstehen kann. Edmund erzählt, was nach dem Eklat zwischen ihm und Mary vorgefallen ist. Sie sah die ganze Sache als nicht so schlimm an, machte ihrem Bruder und Maria lediglich Vorwürfe, dass sie sich erwischen ließen. Diese Aussage zeigte Edmund klar, dass er und Mary grundlegend verschiedene Ansichten haben. Für ihn ist jede Hoffnung auf ein gemeinsames Leben passé. Tom erholt sich und findet durch die Krankheit zu einem gemäßigteren Lebenswandel. Auch Edmund überwindet sein gebrochenes Herz. Bald darauf wird ihm klar, dass er die richtige Frau die ganze Zeit direkt vor seiner Nase hatte: seine Cousine Fanny. Die ist überglücklich, und auch die Familie ist einverstanden mit der Verbindung. Die beiden heiraten und ziehen nach Thornton Lacey, kehren aber einige Jahre später nach Mansfield Park zurück, wo Edmund die Pfarre übernimmt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Auf knapp 600 Seiten, unterteilt in 48 Kapitel, erzählt Jane Austen die Geschichte der Fanny Price: von ihrer Kindheit und Jugend bis zur Hochzeit mit ihrem Vetter Edmund. Es gibt mehrere Zeitsprünge, den größten zwischen Fannys zehntem und achtzehntem Lebensjahr. Der Roman ist größtenteils aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers geschrieben, die jedoch an mehreren Stellen durchbrochen wird, wenn Austen sich mit dem Stilmittel der sogenannten erlebten Rede auf die Sicht einzelner Figuren konzentriert – dies geschieht vor allem im dritten Teil, als die Erzählung vollständig bei Fanny bleibt. Austens Stil ist bildreich, elegant, oft ironisch und doppeldeutig. Ihre Dialoge sind psychologische Meisterstücke, die ihre facettenreichen Figuren zum Leben erwecken. Zahlreiche Symbole und Allegorien (wie das Kartenspiel „Spekulation“ oder das Theaterstück Liebesschwüre) bieten Ansätze für ergiebige Analysen.
Interpretationsansätze
- Mansfield Park ist eine klassische Liebesgeschichte, angefüllt mit allem, was eine gute Romanze ausmacht: zu überwindende Hindernisse, Missverständnisse, Eifersuchtsdramen und ein Happy End.
- In dem Roman übt Austen feministische Gesellschaftskritik. Die Rollen und Rechte der Frauen sind immer wieder unterschwellig Thema, werden aber auch offen angesprochen, etwa die Tatsache, dass Maria die vollen Konsequenzen ihrer Affäre zu spüren bekommt, während Henry sein Leben wie gehabt weiterführen kann.
- Austen thematisiert die Standesunterschiede in der britischen Gesellschaft mit ihren unzähligen feinen und feinsten Ausdrucksformen. Unter anderem macht sie die moralische Anspannung fühlbar, unter der die britische Oberschicht stand, den Konflikt zwischen starren gesellschaftlichen Konventionen und den Freiheitswünschen der Menschen.
- Im Gegensatz zu anderen Hauptfiguren Austens macht Fanny Price keine nennenswerte Entwicklung durch: Sie hat ihre hohen moralischen Werte bereits, als sie in Mansfield Park ankommt, und bildet später in all dem Chaos um sie herum einen ruhigen, oft unbeteiligten Pol. Sie ist sich ihrer Gefühle und Urteile sicher. Darum kann Mansfield Park auch als moralisches Lehrstück gelesen werden mit einer Heldin, die sich gegen die Anfeindungen verschiedener Gegner und der Gesellschaft als Ganzes behaupten muss. Am Ende wird sie für ihre Standhaftigkeit belohnt – sie bekommt den Mann, den sie immer wollte. Auch Fannys arme, aber tüchtige und tugendhafte Geschwister, William und Susan, stehen am Ende deutlich besser da als Maria, Julia und die Crawfords.
- Die Gegensatzpaare Stadt versus Land, Oberflächlichkeit versus Natürlichkeit und Sprunghaftigkeit versus Bodenständigkeit durchziehen den ganzen Roman, meist repräsentiert durch Mary und Henry Crawford auf der einen Seite und Fanny und Edmund auf der anderen.
- In der jüngeren Forschung hat die Debatte um das Thema Sklaverei und seine Behandlung im Roman für Aufsehen gesorgt. Die Tatsache, dass die Familie Bertram ihren Reichtum der Sklavenhaltung verdankt, wird einigen Kritikern zufolge nicht ausreichend problematisiert.
Historischer Hintergrund
Im Windschatten der Geschichte
Der Beginn des 19. Jahrhunderts war eine Zeit historischer Umbrüche in Europa. Doch so gewaltig auf dem Kontinent die Weltgeschichte tobte, so gemächlich zog im ländlichen Süden Englands das Leben in geregelten Bahnen dahin. Mochten die Armeen Napoleons das alte politische Gefüge – das Imperium der Habsburger, das preußische Staats-Uhrwerk, das russische Riesenreich, die britische Seemacht – in seinen Grundfesten erschüttern; mochten die sechs Koalitionskriege, an deren Ende Napoleon endlich niedergerungen war, wohl Millionen Menschen das Leben gekostet haben; mochten auf dem Wiener Kongress 1814/15 die Siegermächte die alte Ordnung zu erzwingen suchen; mochte der revolutionäre Funken dennoch weiterschwelen und neues Unheil verheißen – die große Streitfrage in Hampshire, Essex oder Kent lautete: Tee oder Milch zuerst?
Das britische Königreich erlebte eine Periode dauerhaften inneren Friedens, zumal auf dem Land, wo die Uhren ohnehin langsamer gingen. Besonders Gutsbesitzer und niederer Adel, die sich nicht um ihren Unterhalt sorgen mussten, führten ein ruhiges, an äußeren Ereignissen oft armes Leben. Umso wichtiger war die Sphäre des Sozialen. Hier herrschte ein nuanciertes moralisches Regelwerk, dessen Grundwerte Rationalität, Toleranz und Wirklichkeitssinn tief im 18. Jahrhundert wurzelten und von allen Gesellschaftsschichten anerkannt wurden. Die Epoche der Industrialisierung, mit Klassenkampf und Massenelend, lag noch in weiter Ferne. Zu Jane Austens Zeit galt die bestehende Ordnung als eine Art prästabilierte Harmonie, in der jedermann seinen gottgegebenen Platz innehatte.
Entstehung
Mansfield Park entstand zusammen mit Emma in der mittleren Schaffensperiode Jane Austens. Stolz und Vorurteil und Sinn und Sinnlichkeit bilden das Frühwerk. Die letzten beiden Romane, Anne Elliot und Die Abtei von Northanger, erschienen postum. Mansfield Park ist eines der längsten Werke der Autorin. Der Name der Hauptfigur mag auf ihre Nichte Fanny Knight zurückgehen.
Jane Austen verfasste Mansfield Park in den Jahren 1811 bis 1813. In einem Brief kündigte sie an, dass es in ihrem neuen Roman um das Thema Ordination gehen solle. Die Autorin kannte das Leben von Landpfarrern aus eigener Erfahrung: Ihr Vater und zwei ihrer Brüder waren Geistliche. Die Aufgaben eines Pastors, die Vorurteile der Gesellschaft und die guten und schlechten Beispiele von Vertretern dieses Berufsstandes sind immer wieder Thema des Romans (übrigens auch in Austens anderen Werken). Auch zur Marine, die im Roman durch die Figur des William und den Wohnort Portsmouth präsent ist, hatte die Autorin persönliche Bezüge: Zwei ihrer Brüder fuhren zu See. Die streng ethische Haltung der Hauptfigur mag eine direkte Reaktion der Autorin auf die Frivolität sein, die unter ihren Schriftstellerkollegen herrschte: Der romantische Dichter Lord Byron hatte kurz zuvor mit Affären für Skandale gesorgt. Auch das britische Königshaus war für seinen unmoralischen Lebenswandel verrufen.
Eine prominente Rolle im Roman spielt das Theaterstück Das Kind der Liebe des deutschen Dramatikers August von Kotzebue, das in Mansfield Park zu Liebesschwüre wird. Kotzebue war im späten 18. Jahrhundert einer der beliebtesten deutschen Dramatiker und sein Werk auch in England ein Renner.
Wirkungsgeschichte
Mansfield Park wurde 1814 anonym, doch mit dem Hinweis darauf veröffentlicht, dass das Werk aus der Feder der Schöpferin von Sinn und Sinnlichkeit sowie von Stolz und Vorurteil stammt. Schon kurz nach Erscheinen des Romans war die erste Auflage vergriffen – für Jane Austen, die auf die Einnahmen angewiesen war, eine glückliche Entwicklung. 1816 erschien eine zweite, leicht veränderte Auflage.
Von allem Romanen Jane Austens hat Mansfield Park wohl die am wenigsten leidenschaftlichen Anhänger, was oft mit der Unscheinbarkeit der Hauptfigur erklärt wird. Der amerikanische Kritiker Lionel Trilling ließ sich zu der Behauptung hinreißen, niemandem sei es je gelungen, die Heldin von Mansfield Park zu mögen. Auch das überstürzte Ende – als Edmund plötzlich seine Gefühle für Fanny entdeckt – wird kritisiert. Forschung und Fans sind sich einig, dass die Stärken des Romans in der sprachlichen Gestaltung und in Austens Beobachtungsgabe liegen.
Mansfield Park hat, wie fast alle von Jane Austens Romanen, unzählige Künstler beeinflusst. Vladimir Nabokov setzte dem Werk mit einer seinen Lectures on Literature ein Denkmal. Der Roman wurde mehrfach für die Bühne adaptiert und verfilmt, 1999 mit Frances O’Connor und Johnny Lee Miller in den Hauptrollen.
Über die Autorin
Jane Austen wird am 16. Dezember 1775 als siebtes Kind des Pfarrers George Austen und seiner Frau Cassandra in Steventon, Hampshire, geboren. Sie und ihre ältere Schwester Cassandra, der sie sehr nahesteht, erhalten nur eine grundlegende Schulbildung von etwa fünf Jahren. Anschließend bilden sie sich zu Hause in Malerei, Klavierspielen und vor allem in der umfangreichen Bibliothek ihres Vaters weiter. Jane fängt bereits mit zwölf Jahren an zu schreiben. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Jugendwerke, die sie später überarbeitet. Zwischen 1795 und 1799 schreibt sie an frühen Fassungen ihrer erst später veröffentlichten Romane. Zeitgenossen beschreiben die junge Jane als begeisterte Tänzerin und Theaterbesucherin. Sie hat einige Verehrer, scheint jedoch nicht besonders am Heiraten interessiert zu sein. Wie ihre Schwester Cassandra bleibt sie ledig. Als ihr Vater 1805 stirbt, sind die Schwestern und die Mutter finanziell von Janes Brüdern abhängig. Häufige Wohnortwechsel zwischen Bath, London, Clifton, Warwickshire und Southampton sowie kürzere Aufenthalte bei mehreren Verwandten prägen diese Zeit. 1809 lassen sich die drei Frauen schließlich in dem Dorf Chawton, Hampshire, nieder. Die wiedergefundene Stabilität weckt in Jane neue kreative Kräfte. Sie bereitet Verstand und Gefühl (Sense and Sensibility, 1811) sowie Stolz und Vorurteil (Pride and Prejudice, 1813) zur Veröffentlichung vor. 1814 erscheint Mansfield Park und 1816 Emma. Jane Austen ist zu diesem Zeitpunkt bereits eine viel gelesene, wenn auch anonyme Autorin. Sie stirbt im Alter von 41 Jahren am 18. Juli 1817, wahrscheinlich an der Addison-Krankheit, deren Ursache damals unbekannt und die nicht behandelbar ist. Die Romane Anne Elliot (Persuasion) und Die Abtei von Northanger (Northanger Abbey) erscheinen postum im Jahr 1818. Erst zu diesem Zeitpunkt gibt Janes Bruder Henry die Urheberschaft aller sechs Werke bekannt.
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