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Vom Kriege

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Vom Kriege

Rowohlt,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Eines der einflussreichsten Strategiebücher aller Zeiten.


Literatur­klassiker

  • Politik
  • Aufklärung

Worum es geht

Der Krieg als politisches Mittel

Während der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz zwischen 1816 und 1830 an Vom Kriege schrieb, wusste er wohl, dass er damit sein persönliches Hauptwerk schuf. Dass er aber mit dem Text eines der einflussreichsten Werke zur Strategie schaffen würde, das bis ins beginnende 21. Jahrhundert hineinwirken würde, konnte er nicht ahnen. Vom Kriege blieb allerdings Fragment. Clausewitz starb zu früh, um es nach seinen Vorstellungen vollenden zu können. Umso unterschiedlicher wurde das Werk in der Folge interpretiert: Von Lenin und Che Guevara, über Ludendorff und Hitler, prägte Vom Kriege die Politik des 20. Jahrhunderts. Und selbst um 2000 orientierten sich führende Köpfe der US-Regierung an Clausewitz, etwa bei der Planung des Irakkriegs. Ob sie dabei Clausewitz selbst immer gerecht wurden, ist bis heute umstritten. Klar ist jedoch, dass der belesene Soldat Clausewitz mit Vom Kriege eine Fundgrube strategischen Denkens vorgelegt hat, die auch heute noch nicht erschöpft ist und Militärs ebenso inspiriert wie Politiker und CEOs.

Take-aways

  • Vom Kriege ist die bedeutendste Schrift des preußischen Offiziers und Heeresreformers Carl von Clausewitz.
  • Inhalt: Krieg ist ein Kampf zwischen zwei Gegnern, die einander ihren Willen aufzwingen wollen. Nie ist er Selbstzweck, sondern bleibt immer Mittel zu einem politischen Ziel. Von den beiden Kriegsformen Angriff und Verteidigung ist die Verteidigung die stärkere, auch wenn sie an einem bestimmten Punkt ebenfalls zum Angriff übergehen muss.
  • Clausewitz sah in Vom Kriege sein Hauptwerk.
  • Als Soldat brachte es Clausewitz bis zum Generalmajor in der preußischen Armee.
  • Clausewitz war sehr belesen und verkehrte mit den Philosophen der Aufklärung.
  • Vom Kriege ist Fragment geblieben, da Clausewitz starb, bevor er es vollenden konnte.
  • Der unfertige Charakter des Buches ermöglicht zahlreiche, auch widersprüchliche Deutungen.
  • Die Wirkung des Buches reicht von Hitler und Ludendorff über Lenin und Che Guevara bis zur US-Außenpolitik und Wirtschaftswelt der Gegenwart.
  • Heute ist Vom Kriege insofern veraltet, als es moderne Formen der Kriegführung nicht berücksichtigt.
  • Zitat: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“

Zusammenfassung

Die Theorie des Krieges

Krieg ist die Anwendung physischer Gewalt in einem Zweikampf, bei dem jeder der beiden Kämpfenden dem anderen seinen Willen aufzwingen will. Das Ziel im Kampf besteht darin, den anderen wehrlos zu machen – er soll niedergeworfen werden, seine Streitkräfte zerstört und sein Wille gebrochen werden. Das Mittel dazu ist immer ein Gefecht, wobei die tatsächliche Vernichtung des Gegners nicht zwingend das Ziel des Gefechts sein muss. Entweder, sie ist nur Mittel zum Zweck oder Nebensache – oder aber es kommt gar nicht erst zum Gefecht, weil bereits einer der Gegner von der Überlegenheit des anderen eingeschüchtert aufgibt. 

Der Krieg ist (…) ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.“ (S. 13) “

Keine menschliche Tätigkeit ist stärker vom Zufall geprägt als der Krieg. In der Praxis tauchen ständig Hindernisse auf, die bei den strategischen Diskussionen im Vorfeld nicht absehbar waren. Die Realität des Gefechts löst in Soldaten Angst aus und verändert ihr Handeln auf schwer vorhersagbare Weise. Zudem ist die Kommunikation im Krieg nicht verlässlich. Die Hauptaufgabe des Feldherrn besteht also darin, die Gefechtssituation trotz aller Unsicherheit so realistisch wie möglich einzuschätzen. Dazu gehört einerseits Erfahrung, andererseits aber auch Genie – denn um in unübersichtlichen Lagen entschlossen und richtig zu handeln, braucht es mehr als bloßen Verstand, das richtige Gemüt oder blinden Mut. Der „kriegerische Genius“ führt alle diese Fähigkeiten zusammen. 

Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.““ (S. 22)

Die herkömmliche Kriegstheorie taugt nicht viel: Sie hat nach fixen Größen gesucht, wo es doch im Kriegskalkül nur Variablen geben darf. Und sie hat zu viel Gewicht auf theoretisches Wissen gelegt, wo es im Gefecht doch vor allem um praktisches Können geht. Auch muss der Feldherr immer das große Ganze im Auge behalten, denn alle kriegerischen Handlungen müssen einem übergeordneten politischen Ziel dienen. Krieg ist niemals Selbstzweck, sondern Mittel zur Erreichung eines politischen Ziels.

Die Strategie

Zur Kriegstheorie gehört auch das Wissen darum, wie die Streitkräfte zu erhalten sind und das Gefecht vorzubereiten ist – hierzu gehören etwa Fragen der Ausbildung, Verpflegung oder Unterbringung der Truppen. Die Kriegstheorie selbst hat zwei grundlegende Felder: Taktik und Strategie. Taktik ist die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im konkreten Gefecht. Strategie ist die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Verlauf eines ganzen Krieges. Eine Strategie muss in der Praxis, während des Krieges, ständig weiterentwickelt und angepasst werden. Gleichzeitig muss der Feldherr das Endziel konsequent und beharrlich im Auge behalten, denn im Kriegsgeschehen ergeben sich ständig entmutigende Wendungen, die ablenken oder gar zur Aufgabe verlocken. Die miteinander verwobenen Elemente der Strategie sind moralischer, physikalischer, mathematischer, geometrischer und statistischer Natur. Am wichtigsten sind die moralischen Werte, insbesondere die „kriegerische Tugend des Heeres“. Damit ist aber nicht die Stimmung im Heer gemeint, der Enthusiasmus oder die Kampfeslust. Die kriegerische Tugend stellt die selbstständige Kampfmoral der Truppe dar und kann nur aus Erfahrung gewonnen werden: aus siegreichen Schlachten oder aus der Überwindung höchster Anstrengung.

„Die beste Strategie ist: immer recht stark sein, zuerst überhaupt und demnächst auf dem entscheidenden Punkt. Daher gibt es (…) kein höheres und einfacheres Gesetz für die Strategie als das: seine Kräfte zusammenhalten.“ (S. 94) “

Der Stratege bestimmt den Ort und den Zeitpunkt eines Gefechts sowie die Art der Streitkräfte, die kämpfen sollen. Die wichtigste Regel lautet: Die Streitkraft muss zum Zeitpunkt des Gefechts die größtmögliche Stärke besitzen und dem Gegner zahlenmäßig überlegen sein. Oberstes Ziel des Feldherrn muss es sein, seine Truppen immer so stark wie möglich zu erhalten und sie auf möglichst engem Raum zu konzentrieren. Als bestes Mittel, um Überlegenheit herzustellen, gelten traditionell List und Überraschung. Dabei geht es vor allem darum, den Gegner mit geschickten Manövern aus dem Konzept zu bringen. Das ist allerdings im großen, strategischen Rahmen schwer und eher eine Sache der Taktik.

Das Gefecht

Das Gefecht ist das wichtigste Mittel, eine gegnerische Streitkraft zu besiegen – physisch oder moralisch. Dabei kommt es sehr auf die moralischen Kräfte der Truppen an, etwa Mut, Vertrauen oder Ordnung. Wie es um die Moral des Gegners steht, kann am Gewinn oder Verlust von Boden und am Verbrauch der Reserven sehr genau abgeschätzt werden. Ist beides negativ, gibt der Gegner meist auf. Das Ziel eines Gefechts ist erreicht, wenn der Gegner aufgibt.

Die beiden Hauptformen des Gefechts sind Angriff und Verteidigung. Beides sollte immer dem Endzweck dienen, die gegnerische Streitkraft zu vernichten. Alle anderen möglichen Ziele, etwa die Eroberung oder Verteidigung von Boden oder von bedeutsamen Objekten, sind demgegenüber zweitrangig – je stärker sie in den strategischen Fokus rücken, desto schlechter ist es um die Kriegspartei bestellt. Da der Zweck des Gefechts, die Niederwerfung der gegnerischen Streitkraft, ein Maximum an Stärke erfordert, ist aus strategischer Sicht von Reserven nicht viel zu halten. Sinnvoll ist höchstens ein Zurückhalten von Reserven, wo konkrete Ungewissheiten bestehen. Ansonsten sollte der Feldherr aber immer mit allen verfügbaren Kräften handeln. Einige seiner Kräfte absichtlich zurückzuhalten oder durch schlechte Organisation zu verschwenden – etwa weil sich Truppen noch auf dem Marsch befinden –, ist fahrlässig. Es gibt kaum einen größeren Fehler in der Kriegführung.

Verteidigung

Von den beiden Kriegsformen Angriff und Verteidigung ist die Verteidigung die stärkere Position – vorausgesetzt, dass sie gewollt ist und nicht eine Folge ängstlicher Lähmung oder Trägheit. Dabei kann die Verteidigung niemals absolut passiv bleiben. Vielmehr wartet sie einen Angriff ab, wehrt ihn ab und antwortet schließlich mit einem eigenen Angriff. Entsprechend hat die Verteidigung einen negativen Zweck: Sie erhält bloß den Status quo. Dagegen hat der Angriff den positiven Zweck, den Gegner niederzuwerfen.

Die Stunde der Verteidigung schlägt, wo diese in Angriff umschlägt. Die Verteidigung wartet einen gegnerischen Angriff ab, um Zeit zu gewinnen und die Energie des Angreifers zu schwächen, damit der Gegenschlag eine umso größere Wirkung entfalten kann. Die Verteidigung kann man unterschiedlich nutzen: Man kann den Gegner nach dessen Angriff mit einem Gegenangriff besiegen. Oder man zieht sich schrittweise zurück, von Festung zu Festung, und verwickelt den Gegner in einen langwierigen Feldzug, der ihm alle Energie raubt. Diese Strategie wählt man am besten zur schlechten Jahreszeit und wenn man weites, unbebautes Land und eine treue, kampfbereite Bevölkerung an der Seite hat.

„Ein schneller, kräftiger Übergang zum Angriff – das blitzende Vergeltungsschwert – ist der glänzendste Punkt der Verteidigung (…) wer ihn nicht gleich in den Begriff der Verteidigung aufnimmt, dem wird nimmermehr die Überlegenheit der Verteidigung einleuchten (…).“ (S. 145) “

Vorteile des Verteidigers sind seine Festungen, das Volk und Bundesgenossen. Festungen können in der Regel mit einer Streitkraft verteidigt werden, die nur halb so groß ist wie die des Angreifers. Eine Belagerung kostet den Angreifer viel Energie. Von Vorteil sind allerdings nur solche Festungen, die vom Angreifer nicht einfach beiseitegelassen oder schnell ausgehungert werden können. Festungen sind umso wichtiger, je kleiner das Land ist, und umso sicherer, je wahrscheinlicher es ist, dass Entsatz eintrifft. Die Bevölkerung kann helfen, indem sie dem Angreifer auf vielerlei Art und Weise Widerstand leistet. Die Bundesgenossen wiederum sind insofern hilfreich, als der internationale Staatenbund aus zahlreichen Seilschaften besteht und kaum duldet, dass ein einzelner Staat sich zu stark bereichert. So werden Nachbarstaaten eher dem Verteidiger als dem Angreifer zur Seite stehen. Abgesehen davon eignen sich auch Gebirge für zeitweilige Verteidigungsstellungen, aber nur, wenn sie unzugänglich sind und der Verteidiger höher steht als der Angreifer.

Angriff

Der Angriff als solcher ist eine einzige, in sich geschlossene Handlung. Er kostet in jedem Augenblick Energie und muss daher irgendwann zum Erliegen kommen. Dies ist der beste Zeitpunkt für einen Gegenschlag – aus dem Angreifer wird ein Verteidiger. Im schlimmsten Falle übertreffen die Verluste, die er in dieser Phase erleidet, die zuvor mühsam erzielten Gewinne bei Weitem. Die Kunst besteht also darin, als Angreifer den Kulminationspunkt richtig abzuschätzen und nicht zu überschreiten.

„Es ist (…) das natürliche Ziel aller Feldzugspläne der Wendepunkt des Angriffs zur Verteidigung. Nun ist aber das Überschreiten dieses Ziels nicht etwa bloß eine unnütze Kraftanstrengung (…), sondern eine verderbliche (…).“ (S. 200) “

Entsprechend muss der Angreifer versuchen, vor dem Kulminationspunkt so viel Gelände zu gewinnen und so viele feindliche Streitkräfte zu vernichten, dass er später eine starke Verhandlungsposition hat. Gerät der Angreifer auf feindlichem Gebiet in die Defensive, fehlen ihm alle Vorteile, die ihm als Verteidiger im eigenen Land zukämen. Weder kann er sich auf Festungen noch auf die Bevölkerung oder Bundesgenossen stützen.

Der Angriff orientiert sich an der Grundtatsache des Krieges, dass jeder Zugewinn der einen Seite für die andere einen Verlust bedeutet. Daher muss der Angreifer versuchen, den Gegner zu schwächen, indem er ihm Soldaten, Magazine oder ganze Provinzen und damit Versorgungslinien nimmt – oder indem er den Zusammenhalt des Gegners schwächt. So könnte er diesem etwa Verbündete abtrünnig machen oder ihn anders entmutigen.

Angriffe auf verschanzte Lager, die Belagerung von Festungen und das Besetzen von Gelände sind nicht empfehlenswert, da sie den Schwung eines Feldzuges bremsen. Je länger außerdem die Versorgungslinien werden, besonders wenn sie durch große Waldgebiete verlaufen, desto anfälliger werden sie für Unterbrechungen. Auch Flussübergänge stellen für den Angreifer ein großes Hindernis dar. Sie verzögern das Vorankommen und zersetzen die Ordnung der Streitkräfte.

Der Kriegsplan

Jedem Krieg sollte ein Plan zugrunde liegen. Ein solcher Kriegsplan definiert, welchem Zweck der Krieg dient und welches Ziel erreicht werden soll. Aus ihm leitet sich alles andere ab. Der Kriegsplan sollte vor allem einen schnellen, wuchtigen und konzentrierten Vorstoß vorsehen, der auf möglichst wenige, im besten Fall auf einen einzigen Schwerpunkt des Gegners zielt. Eine weitere Aufgabe des Kriegsplans besteht darin, den Charakter des Krieges so genau wie möglich zu bestimmen.

„Man fängt keinen Krieg an (…), ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will, das erstere ist der Zweck, das andere das Ziel.“ (S. 204)

Es gibt einen „absoluten“ Krieg sowie eine Vielzahl „wirklicher“ Kriege. Der absolute Krieg entspricht dem theoretischen Wesen des Krieges. In ihm gelten nur logische Notwendigkeiten: Jedes Gefecht ist ein Schritt auf dem Weg zum „Endzweck“, der totalen Niederwerfung des Gegners. Stillstand oder Pause sind undenkbar, da es sich keine Seiten leisten kann, nicht mit Hochdruck auf die vollständige Vernichtung des Gegners hinzuarbeiten.

Nun gibt es aber in der Praxis viel Stillstand im Krieg: Oft gehen Kriege über in Friedensphasen, in denen die Diplomatie das Ruder übernimmt. Und zur totalen Vernichtung eines Gegners kommt es so gut wie nie. Der absolute Krieg wird durch die Wirklichkeit mit ihren Zufällen verwässert und dadurch zum wirklichen Krieg. Dennoch muss der Feldherr das logische Wesen des Krieges kennen und einschätzen können, in welchem Maße der wirkliche Krieg vom absoluten abweicht. 

Seit Napoleon und der Wiedereinbeziehung des Volkes in den Krieg hat sich der Krieg wieder seinem absoluten Begriff angenähert. Er wird aber nie selbstständig sein, kein reiner Selbstzweck, denn er bleibt stets ein Mittel der Politik. Die Politik benutzt den Krieg und muss seiner absoluten Eigenlogik nie folgen. Stattdessen schreibt sie ihm immer ihre eigenen Zwecke vor.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Schrift Vom Kriege ist ein Fragment. Als Grundlage legte Carl von Clausewitz zwischen 1816 und 1830 umfangreiche Materialsammlungen an. Aus diesen Sammlungen wurden nach dem Tod des Autors unterschiedliche Ausgaben zusammengestellt. Dabei wurden manche Abschnitte stark gekürzt oder ganz weggelassen – je nachdem, was die Herausgeber für relevant hielten. Klar ist, dass Clausewitz seine Notizen nicht eins zu eins in dieser Form veröffentlicht hätte. Er nannte sein Projekt auf dem letzten Stand eine noch „unförmige Gedankenmasse“. Diese Masse besteht aus acht fortlaufend nummerierten „Büchern“, die in drei „Teile“ sortiert sind. Während die Teile bloß mit Ziffern überschrieben sind, weisen die acht Bücher Titel auf wie „Verteidigung“ oder „Von der Strategie überhaupt“. Die einzelnen Bücher sind wiederum in nummerierte Unterkapitel unterteilt, die in Anzahl und Umfang stark variieren. Nachdem Clausewitz im ersten Buch theoretische und methodische Grundlagen bespricht, widmet er sich in den folgenden Büchern einzelnen Teilaspekten des Krieges: Verteidigung, Angriff und Erhaltung der Streitkräfte. Sein Schreibstil verrät einen hohen Bildungsgrad – wohl ein Grund dafür, dass das Buch immer wieder als „philosophisch“ beschrieben wird. Unübersichtliche Schachtelsätze, gewundene Gedankengänge und zahlreiche Begriffsdefinitionen trüben das Lesevergnügen ein wenig.

Interpretationsansätze

  • Die Stärke der Clausewitz’schen Kriegstheorie liegt in der sozialen Einbettung des Krieges. Clausewitz sieht im Krieg nicht nur einen Gegenstand für Militärspezialisten, sondern betont, dass der Krieg immer in gesellschaftliche und politische Zusammenhänge eingewoben ist.
  • Der wesentlichste Gegenstand seiner Kriegsphilosophie ist die Strategie. Für Clausewitz ist Strategie – im Gegensatz zur Taktik – das genuin Neue an der Kriegführung des 19. Jahrhundert.
  • Methodisch ist Vom Kriege stark vom Positivismus geprägt. Obwohl Clausewitz dem Idealismus Hegels nahesteht, lehnt sich seine Theoriebildung auch an die empiristische und pragmatische Orientierung des Positivismus an – ein Wissenschaftsideal, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen steckte.
  • Carl von Clausewitz stellte den pädagogischen Wert seines Buches über den praktisch-militärischen. Vom Kriege sollte weniger eine Handlungsanweisung zur Kriegführung sein, sondern vielmehr eine Anleitung zur Selbsterziehung, die angehende Feldherren in ihrer Entwicklung unterstützen sollte.
  • Die Militärtheorie in Vom Kriege ist in der Idee des Staatszentrismus verwurzelt: Im Krieg handeln ausschließlich Nationalstaaten. Kritiker haben eingewandt, dass diese Ansicht heute nicht mehr aktuell ist, da inzwischen oft nichtstaatliche Akteure Kriege führen, etwa große Terrororganisationen.

Historischer Hintergrund

Preußen in den Koalitionskriegen

Im Preußen des 18. Jahrhunderts hatte das Militär eine tragende Rolle für die nationale Identität eingenommen. Obwohl Preußen europaweit nur an 13. Stelle bei der Bevölkerungszahl stand, besaß es die viertgrößte Armee. Der preußische König Friedrich der Große war einer der erfolgreichsten Feldherren seiner Zeit. Im Siebenjährigen Krieg hatte er Preußen zur europäischen Großmacht gemacht. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde Preußens Aufstieg jedoch durch bedeutende Veränderungen gebremst: Die Revolutionen in Amerika 1776 und in Frankreich 1789 führten nicht nur neue politische Verfassungen ein, sondern veränderten auch die Kriegführung. So wurden etwa die stehenden Söldnerheere durch Bürgerarmeen ersetzt. Ab Juni 1792 kämpfte Preußen an der Seite Österreichs gegen die Revolutionsarmee Napoleons. 1795 war Preußen besiegt und beteiligte sich während der nächsten zehn Jahre nicht an den wechselnden antinapoleonischen Koalitionen. Auch die nächste Konfrontation mit den napoleonischen Truppen verlief ernüchternd: 1806 wurde Preußen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen. Erst in den Befreiungskriegen ab 1813 machten sich die militärischen Reformen bemerkbar und Preußen gelang es im Verbund mit Russland, Österreich, Großbritannien und anderen europäischen Nationen, Napoleon zu besiegen.

Entstehung

Carl von Clausewitz war mit Leib und Seele Soldat. Mit nur 13 Jahren hatte er zum ersten Mal im Schützengraben gestanden. Er nahm an den Feldzügen gegen Napoleon zwischen 1792 und 1815 teil und stieg bis zum Generalmajor auf. Am liebsten hätte er das Oberkommando übernommen. Das bürgerliche Leben in Friedenszeiten bereitete ihm dagegen eher Verdruss – wohl auch, weil seine ehrgeizigen Reformvorschläge für das preußische Heer bei Hofe keinerlei Gehör fanden. Nach 1815 arbeitete er im Kriegsministerium und an der Allgemeinen Kriegsschule in Berlin. Er nutzte seine Freizeit, um an militärgeschichtlichen Werken zu schreiben. Außerdem brütete er über einer theoretischen Arbeit, die er als sein Hauptwerk ansah: Vom Kriege. Wann er genau begonnen hatte, eine Theorie des Krieges zu entwickeln, ist unklar. Seine ersten Gedanken zum Thema Strategie schrieb er bereits 1804 nieder und einige davon kehren in Vom Kriege wieder. Bemerkenswert ist allerdings, wie gebildet Clausewitz war. Anders als der typische preußische Soldat las er begeistert Literatur und Philosophie. In Berlin verkehrte er in intellektuellen Salons, wo über die neuesten Errungenschaften der Aufklärung und des Liberalismus debattiert wurde. Und mit deutschen Philosophen wie Hegel, Schlegel oder Fichte stand er in persönlichem Kontakt. Dennoch brachte er sein Hauptwerk nicht zu Ende. 1831 starb er – vermutlich an der Cholera. Die hinterlassenen Schriften wurden von seiner Frau Marie von Clausewitz unter Mithilfe ihres Bruders Generalleutnant Friedrich von Brühl sowie des Majors Franz O’Etzel gesichtet, geordnet und herausgegeben. Zwischen 1832 und 1834 erschien Vom Kriege in den ersten drei Bänden der Hinterlassenen Werke. Zwischen 1853 und 1857 brachte Friedrich von Brühl eine neue Auflage heraus. Beide Ausgaben griffen stark in die Originaltexte ein. 

Wirkungsgeschichte

Wenige Bücher können es in Sachen langlebiger Popularität mit Vom Kriege aufnehmen. Freilich unterlag auch dieses Buch Konjunkturen. So wurde es etwa nach dem Ersten Weltkrieg wahlweise für die Gräuel des Massenkriegs oder die Niederlage Deutschlands verantwortlich gemacht und verworfen. Doch ebenso regelmäßig kehrte Vom Kriege wieder ins Rampenlicht zurück. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war es bei preußischen Soldaten wie Chefstrategen – etwa Helmuth von Moltke – gleichermaßen beliebt. Im 20. Jahrhundert beeinflusste es sowohl alliierte Truppenführer wie Ferdinand Foch, der 1918 die vereinigten alliierten Truppen der Westfront befehligte, als auch NS-Strategen wie Erich Ludendorff oder Adolf Hitler. Auch die Geschichte des Realsozialismus wurde von Vom Kriege beeinflusst. So bereitete sich Lenin im Exil mit gründlicher Clausewitz-Lektüre auf die Revolution vor. Lenin nutzte den Text, um die Theorie vom Klassenkampf in eine internationale militärische Politik umzuwandeln. Und nicht nur in der Außenpolitik der Sowjetunion blieb Clausewitz bis in die frühen 1990er wirkmächtig. 1975 hatte die Übersetzung von Michael Howard und Peter Paret einen Clausewitz-Boom in der englischsprachigen Welt ausgelöst, der hochrangige Mitglieder der US-Regierung wie Colin Powell oder Tommy Franks – Chefplaner des Irakkriegs 2003 – beeinflusste. Neben Militär und Politik lernt auch die Wirtschaft bis heute von Vom Kriege: Es stand am BWL-Lehrplan der Harvard University und wird in zahllosen Managementratgebern als Klassiker der Strategie vorgestellt. Ein Grund für diese große Wirkmacht liegt darin, dass Vom Kriege unvollendet ist. Widersprüche wurden nicht aufgelöst, weshalb unterschiedlichste – teilweise konträre – Interpretationen möglich sind. In dieser Offenheit liegt auch der Grund, weshalb noch heute Politiker wie CEOs Anregungen aus dem Buch ziehen können.

Über den Autor

Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz, geboren als Clauswitz, kommt am 1. Juni 1780 in Burg bei Magdeburg zur Welt. Bereits 1792 tritt er ins 34. Preußische Infanterieregiment ein und kämpft gegen Frankreich. Nach dem Basler Frieden von 1795 bleibt er in der Nähe von Osnabrück und liest eifrig die deutschen Klassiker, Philosophie und Militärgeschichte. 1801 tritt Clausewitz in die Berliner Allgemeinen Kriegsschule ein, deren Unterricht im Geiste der Aufklärung steht. Während der Studienzeit beginnt er auch zu schreiben und zu publizieren. Danach wird er Adjutant von Prinz August von Preußen. Bei Hofe lernt er Marie von Brühl kennen, die er 1810 heiratet. Nach der Niederlage Preußens 1806 gegen Napoleon wird Clausewitz in Frankreich interniert und besucht unter anderem Paris. Ein Jahr später kehrt er nach Preußen zurück und beteiligt sich hoch motiviert an den Preußischen Heeresreformen. Ab 1809 ist er Büroleiter seines Lehrers und väterlichen Freundes Gerhard von Scharnhorst im Allgemeinen Kriegsdepartement des Kriegsministeriums. Hier beschäftigt er sich hauptsächlich mit Materialfragen. Seine theoretischen Studien verfolgt er ab 1810 als Professor an der Allgemeinen Kriegsschule. Außerdem wird er Erzieher der preußischen Kronprinzen. 1812 nimmt er als Stabsoffizier eines Kavalleriecorps am russischen Abwehrkampf gegen Napoleon teil. 1814 tritt er als Oberst wieder ins preußische Regiment ein und wird 1815 zum Stabschef sowie 1818 zum Generalmajor befördert. Im selben Jahr wird er auch Direktor der Allgemeinen Kriegsschule. Nun entstehen sein Hauptwerk Vom Kriege und zahlreiche militärhistorische Schriften. Am 16. November 1831 stirbt Clausewitz in Breslau.

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