Spannungen überall, Autokraten an der Macht, bröckelnde Allianzen – wer blickt da noch durch? Wolfgang Ischinger als erfahrener deutscher Botschafter tut es. Verständlich erklärt er die Krisenherde der Welt. Bemerkenswert ist sein Einblick in die diplomatische Denkweise, die nicht nach schnellen Lösungen sucht. Ischingers Ideen gehen in Richtung eines einträchtigen und militärisch starken Europas mit einem aktiv lenkenden Deutschland. Ein lesenswertes, wenn auch nicht uneitles Buch, finden wir von getAbstract und empfehlen es jedem, der einmal hinter die Kulissen der Diplomatie blicken will.
Bis zum Abgrund – und wieder zurück?
In den 1990er-Jahren sah alles so gut aus. Die Mauer war eben gefallen, Michail Gorbatschow träumte von einem „gemeinsamen Haus Europa“ und die USA waren Europa wie ein großer Bruder. Und heute? Soeben, im Juli 2018, machte Donald Trump mit einem einzigen Tweet die G7-Abschlusserklärung zunichte. Unberechenbar stößt er seine Partner vor den Kopf, kündigt das Iran-Abkommen, schüttelt Nordkoreas Kim Jong-un die Hand und lähmt mit seinen Handelszöllen die Weltwirtschaft. In der EU bereiten Brexit, Rechtsruck und Abschottung große Sorgen. Wladimir Putin annektiert derweil ungeniert die Krim, manipuliert US-Wahlen und rüstet sein Waffenarsenal auf. In China bezahlt die neue Mittelschicht ihren Wohlstand mit totaler digitaler Überwachung. Afrika versinkt in Hunger, Not und Gewalt. Weltweit sind 70 Millionen Menschen auf der Flucht.
Wie konnte es so weit kommen? Hier einige Gründe:
- Die Machtverhältnisse haben sich verschoben. China ist aufgestiegen, die USA haben dadurch relativ an Macht verloren.
- Man vertraut sich nicht mehr. Was ist Fakt, was Fake? Traut Putin Merkel und traut Trump Putin? ...
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zunächst einmal vielen Dank für Ihr Feedback und dafür, dass Sie immerhin bis zur Hälfte durchgehalten haben. Ich habe auf Ihre Kritik hin die Zusammenfassung noch einmal durchgelesen, um womöglich zu verstehen, wo die Perspektive des Autors Ihnen zu einseitig erscheinen könnte.
Mit "transatlantisch gefärbt" meinen Sie, vermute ich einmal, "unkritisch gegenüber der USA" oder auch "ungerecht gegenüber Russland". Für beides konnte ich jedoch im Text keine Hinweise finden. Im Gegenteil, der Autor berichtet im Wesentlichen allgemein bekannte geschichtliche Ereignisse und hält sich mit Bewertungen durchaus zurück. Wo Kritik angebracht ist, übt er sie wohl, in keinem Fall aber scheint er den Westen davon auszunehmen; so wirft er etwa Amerika seinen Alleingang im Irakkrieg vor sowie die Hybris der Nation-Building-Doktrin; Deutschland wirft er Untätigkeit im Libyen-Konflikt vor; der EU Passivität in der Syrienfrage; auch zeigt er Verständnis für das Gekränktsein Russlands durch das westliche Triumphgeschrei nach dem Fall des Ostblocks.
Am ehesten könnte ich Ihren Einwand nachvollziehen, wenn Sie mit "transatlantisch" meinen, Ischinger sei dem Ideal der internationalen Zusammenarbeitet verhaftet, das ja in der jüngeren Geschichte tatsächlich vor allem vom Westen hochgehalten wurde. Darin wiederum kann ich nichts Verwerfliches erkennen. Ein solcher "Transatlantismus" wäre ja durchaus eine legitime Position.
Und das ist eben unser Anliegen bei getAbstract: Möglichst viele unterschiedliche Positionen, so sie denn kompetent und seriös vorgetragen werden, an einem Ort zu versammeln und es unseren Lesern so zu ermöglichen, zu vergleichen, zu differenzieren und sich letztlich eine Meinung zu bilden.
Vielleicht geben Sie der zweiten Hälfte dieser Zusammenfassung ja noch eine zweite Chance und prüfen, ob sich Ihre anfänglichen Einwände nicht doch im weiteren Verlauf des Textes relativieren lassen!
Mit freundlichem Gruß,
Jan Meyer-Veden, Redaktion