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Symposion

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Symposion

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12 ideas fundamentales
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¿De qué se trata?

Im Wein liegt Weisheit: Eine fröhliche Trinkrunde um den berühmten Sokrates erkundet das Wesen der Liebe – Flirt unter Männern inbegriffen.


Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Griechische Antike

Worum es geht

Liebe ist der Weg zur Weisheit

Das zentrale Thema in Platons Symposion ist die Liebe. Von ihr werden auch die Suche nach Wahrheit und das Streben nach Unsterblichkeit inspiriert – sagt Sokrates, die Hauptfigur des Textes. Bevor er diese Erkenntnis in seiner Rede formuliert, diskutieren die Teilnehmer des Symposions (Trinkgelage) darüber, was denn eigentlich das Wesen der Liebe ausmache. Mit rhetorischem Geschick versuchen sie sich gegenseitig zu übertrumpfen. Pikant und amüsant zu lesen wird das Ganze auch dadurch, dass die anwesenden Dichter und Literaten z. T. Liebespaare sind. Eifersüchteleien und Zweideutigkeiten garnieren die ernsthaften Reden, und dem Wein wird bis zum frühen Morgen kräftig zugesprochen. Umso schwerer wiegt in diesem Reigen homosexueller Beziehungen die Tatsache, dass Sokrates die Liebe zwischen Männern niedriger einschätzt als die zwischen Mann und Frau: Denn die Liebe müsse genauso wie die Wahrheitssuche etwas erzeugen. Ein Klassiker der Philosophie, der auch nach fast zweieinhalbtausend Jahren noch höchst lesenswert ist.

Take-aways

  • Das Symposion ist eines der wichtigsten Werke des Philosophen Platon.
  • Unter einem Symposion verstand man im alten Griechenland eine gängige Art des geselligen Beisammenseins der Oberschicht.
  • In Platons Symposion philosophieren zehn Teilnehmer eines solchen Anlasses über das Wesen des Eros, der Liebe, unter ihnen der berühmte Sokrates.
  • Nachdem mehrere der Anwesenden ihre Ansicht zum Thema kundgetan haben, ergreift schließlich Sokrates das Wort.
  • Sokrates hält die Suche nach Wahrheit und Unsterblichkeit für ein zentrales Merkmal des Eros.
  • Ein pikantes Detail des Textes sind die diversen Liebesbeziehungen und Eifersüchteleien zwischen den Rednern.
  • Die homosexuelle Liebe war im alten Griechenland üblich. Der ältere Liebhaber war oft der philosophische Ziehvater des Jüngeren.
  • Im Unterschied zu vielen anderen Werken Platons ist das Symposion nicht überwiegend als Dialog gestaltet, sondern enthält sieben längere Reden.
  • Platon wendet seine Ideenlehre auf das Thema Liebe an: Nur wer eine Idee von der Liebe entwickelt, kann sie auch begreifen.
  • Wie in seinen Werken üblich, legt Platon die eigenen Ansichten Sokrates in den Mund.
  • Der Gegensatz zwischen niedriger, rein körperlicher, und höherer, vergeistigter Liebe durchzieht Kunst und Literatur bis heute.
  • Sigmund Freud wurde durch das Symposion dazu motiviert, den Eros als einen der Urtriebe des Menschen zu definieren.

Zusammenfassung

Das Trinkgelage

Sokrates ist auf dem Weg zu einem Trinkgelage bei Agathon. Er lädt Aristodemos ein, einfach mitzukommen, auch wenn dieser nicht eingeladen ist. Als sie eintreffen, wird Aristodemos vom Gastgeber sogleich freudig begrüßt und gebeten, sich neben Eryximachos zu setzen. Sokrates bleibt noch eine Weile grübelnd und allein draußen, was die Anwesenden verwundert. Nach einiger Zeit kommt Sokrates dann doch noch, legt sich neben Agathon und preist – spottend – dessen angebliche Weisheit. Alle essen und bringen danach Trankopfer dar. Pausanias bekennt, er habe noch einen Kater vom Trinkgelage des Vortags. Alle bestätigen, dass sie heute kürzertreten wollen. Da bringt Eryximachos das Thema des Eros auf: Es sei höchste Zeit, dass diesem wichtigen und alten Gott Lob gezollt werde. Er bestimmt, dass die Teilnehmer der Tischrunde im Uhrzeigersinn Lobreden auf Eros halten sollen, angefangen bei Phaidros.

Die Rede des Phaidros

Es gibt keine Überlieferung davon, dass Eros Eltern gehabt hätte – deshalb muss er der älteste Gott sein. Nach Hesiod hat auf der Erde zunächst Chaos geherrscht, bevor Eros den Erdenball betreten hat. Damit ist er das höchste Gut, und das bedeutet: Für einen Jüngling ist ein Liebhaber und für einen Liebhaber ein Geliebter das höchste Gut. Die Liebe hält außerdem die Männer und Frauen dazu an, Gutes zu tun, denn wenn sie Schlechtes täten, müssten sie sich vor ihren Geliebten dafür schämen, mehr als vor allen anderen.

Die Rede des Pausanias

Von der Liebesgöttin Aphrodite gibt es zwei Erscheinungen: Die eine Aphrodite, die ältere, wird auch die himmlische genannt. Die andere ist die gemeine, niedere. Ebenso existiert Eros in zweifacher Form. Zu loben ist einzig der Gott, der zu einer schönen Liebe führt. Die niedrige Liebe strebt nur nach dem Körperlichen, sie findet sich bei Frauen und Männern gleichermaßen. Die himmlische Liebe gibt es dagegen nur unter Männern.

„Ist es nicht eine Schande, Eryximachos, dass es für so manche andere Götter Hymnen und Päane gibt, die von den Dichtern auf sie gedichtet wurden, dass dem Eros aber, einem so alten und gewaltigen Gott, kein einziger aus der großen Zahl der Dichter je eine Lobrede gedichtet hat?“ (Phaidros, S. 15)

Allerdings bestehen im Umgang mit der Männerliebe von Stadt zu Stadt große Unterschiede. In einigen Städten wird sie nicht gern gesehen, weil die Obrigkeit fürchtet, dass die Männer dadurch ein Gemeinschaftsgefühl hervorbringen könnten, das dieser nicht genehm ist. Andernorts werden diese Verbindungen aus moralischen Gründen kritisch gesehen, und Väter stellen ihren Söhnen sogar Erzieher an die Seite, damit diese sie vor den Liebhabern abschirmen. Dabei gilt doch: Nicht, dass es getan wird, sondern wie es getan wird, entscheidet darüber, ob es sich um etwas Schönes oder Hässliches handelt. So verlässt etwa der gute Liebhaber den Geliebten nicht, nur weil dieser altert, sondern bleibt ihm sein ganzes Leben verbunden, denn es geht ihm um mehr als um den Körper. Für den Geliebten wiederum ist es gut, sich hinzugeben, wenn er damit rechnen kann, durch seinen Liebhaber an Weisheit und Bildung zu gewinnen.

„Denn ein Liebender würde sich von seinem Geliebten sicher weniger als von allen anderen dabei erblicken lassen wollen, wie er seinen Posten verlässt oder seine Waffen von sich wirft; lieber würde er oftmals sterben.“ (Phaidros, S. 21)

Nach Pausanias soll eigentlich der Komödiendichter Aristophanes sprechen, der aber vom Schluckauf befallen ist. Er weist den Arzt Eryximachos an, ihn entweder zu kurieren oder an seiner statt zu reden. Der Arzt verspricht, beides zu tun.

Die Rede des Eryximachos

Eros ist ein höheres Prinzip, das nicht nur das Zwischenmenschliche betrifft. Es durchzieht auch die Natur und den Kosmos. Das Unähnliche begehrt einander, weswegen z. B. Krankheit und Gesundheit sich anziehen und folglich zusammengehören. Dabei gilt, was schon Pausanias gesagt hat: Dem Hässlichen, Schlechten darf man nicht nachgeben. Die Musik ist eine Kunst, die das Gegensätzliche miteinander zu vereinen versteht: Der Einklang ist das Prinzip der Harmonie und des Rhythmus. Dasselbe gilt auch für die Wissenschaft: Dort geht es darum, sich der himmlischen Muse Urania anzunähern, sich aber von Polyhymnia, der irdischen, gemeinen Muse, fernzuhalten, denn als Muse des Musikgenusses öffnet sie der Zügellosigkeit die Tür. Auch Wissenschaftler müssen also dem guten Eros zum Durchbruch verhelfen. Denn viel Schlechtes in der Welt erwächst aus der Unordnung und der Zügellosigkeit, also aus dem erweiterten Prinzip des „gemeinen Eros“: beispielsweise Seuchen, Unwetter und Frevel unter den Menschen.

Die Rede des Aristophanes

Die Menschen haben die wahre Macht des Eros noch gar nicht begriffen. Um das eigentliche Wesen dieses menschenfreundlichsten Gottes zu verstehen, muss man in die Vorzeit zurückgehen. Damals gab es nicht zwei, sondern drei Geschlechter der Menschen: die Frauen, die Männer und die androgynen, also zweigeschlechtlichen Wesen. Sie alle hatten eine kugelförmige Gestalt und besaßen zwei Köpfe und zwei Hälse, vier Arme und vier Beine sowie zwei Geschlechtsteile. Sie waren kräftige, selbstbewusste Wesen. Als sie Zeus allerdings zu mächtig wurden, beschloss er, die Kugelmenschen in zwei Hälften zu zerteilen, um sie zu schwächen. Er zerschlug die Doppelwesen in der Mitte und Gott Apollon heilte die Schnittwunden, indem er ihre Bäuche zusammenschnürte, wodurch der Nabel entstand. Die neuen Zweibeiner taten nun nichts anderes, als sich eine andere Hälfte zu suchen und sich verzweifelt an sie zu schmiegen, egal ob Mann oder Frau. Ihre Sehnsucht nach dem verlorenen Teil war so groß, dass sie zu essen vergaßen und starben. Zeus hatte Mitleid und ließ ihre Geschlechtsteile nach vorne versetzen, sodass sie miteinander Kinder zeugen und sexuelle Befriedigung erlangen konnten.

„So behaupte ich denn auch, dass Eros unter den Göttern der älteste und geehrteste und den Menschen der hilfreichste ist für den Besitz von Tugend und Glückseligkeit im Leben wie im Tode.“ (Pausanias, S. 23)

Seitdem sucht jeder Mensch sein Gegenstück. War er früher Teil eines Mannes, sucht er Männer als Liebhaber; bereits Knaben tun dies, wobei diese Knaben von Natur aus die mannhaftesten sind und als Erwachsene in der Politik Großes leisten werden. Sie werden auch Kinder zeugen, weil das die Sitten so verlangen, aber eigentlich sind sie den Männern zugetan. Solche Knaben lieben Männer also nicht aus Schamlosigkeit, sondern gerade aus Männlichkeit. Frauen, die als Kugelwesen mit einer Frau zusammen waren, suchen jetzt nach Frauen als Partnerinnen, und die damals androgynen Gestalten wählen das jeweils andere Geschlecht. Das höchste der Gefühle für ein solch getrenntes Wesen ist, seinen früheren Partner wiedergefunden zu haben. Aus dem Streben nach dem Ganzen erwachsen Freundschaft, Vertrautheit und Liebe.

„Nicht jeder ist schön und würdig, verherrlicht zu werden, sondern nur der, der dazu antreibt, schön zu lieben.“ (Pausanias, S. 25)

Nach dieser Rede verwickelt Sokrates Agathon in einen Dialog über dessen Qualitäten als Redner, doch Phaidros geht dazwischen und fordert Agathons Lobrede auf Eros ein.

Die Rede des Agathon

Nicht die Wirkung des Eros auf den Menschen ist zu preisen, sondern der Gott selbst: Anders als Phaidros behauptet hat, ist Eros nicht der älteste, sondern im Gegenteil der jüngste der Götter, der außerdem nie altert. Er ist zart von Gestalt, mächtig, tapfer, besonnen, weise und nicht zuletzt derjenige, der den Menschen Frieden, Milde und Anmut bringt.

„Ist er doch der menschenfreundlichste unter den Göttern, ein Helfer der Menschen und ein Arzt für die Gebrechen, durch deren Heilung dem Menschengeschlecht die größte Glückseligkeit entstehen dürfte.“ (Aristophanes über Eros, S. 45)

Die Zuhörer klatschen begeistert, und Sokrates sagt, er habe schon geahnt, dass die wohlgesetzte Rede des schönen jungen Mannes ihm Schwierigkeiten bereiten werde. Allerdings gebe es in dieser Lobeshymne einige Missverständnisse. Überhaupt seien alle Anwesenden darin übereingekommen, Eros zu loben, ob das Gesagte nun stimme oder nicht. Ihm, Sokrates, gehe es aber um die Wahrheit, nicht um den Lobgesang. Im Zwiegespräch mit Agathon fragt Sokrates, ob Eros vollkommen sei oder nicht. Agathon antwortet schließlich, der Gott müsse unvollkommen sein, denn Liebe sei immer die Sehnsucht nach etwas, das man nicht besitze. Eros, so Sokrates, liebe die Schönheit, also sei die Schönheit etwas, was er nicht habe. Agathon muss daraufhin zugeben, dass er Eros bislang überhaupt nicht verstanden hat.

„Seit so langer Zeit also ist die Liebe zueinander den Menschen angeboren. Sie führt das ursprüngliche Geschöpf wieder zusammen und versucht, aus zweien eins zu machen und die menschliche Natur zu heilen.“ (Aristophanes, S. 51)

Sokrates berichtet nun von einem Gespräch mit Diotima, einer klugen Frau, die ihm Weisheit in Liebesdingen geschenkt habe. Mit ihr sei er einmal ins Gespräch über die Frage gekommen, wer Eros sei.

Die Rede des Sokrates

Diotima widerlegte Sokrates damals mit den gleichen Argumenten, die dieser soeben bei Agathon verwendet hat: Eros ist nicht das Schöne an sich, sondern er ist immer auf der Suche nach dem Schönen und nach der Wahrheit und damit unvollkommen. Diotima wies darauf hin, dass es zwischen Weisheit und Unwissenheit ein Zwischending gebe: das „richtige Meinen“. Nicht jeder, der keine genaue Begründung für eine an sich richtige Meinung geben könne, sei darum gleich ein Unwissender. Aus der Einsicht, dass Eros nicht schön sei, dürfe man also nicht gleich schließen, dass er hässlich sein müsse. Es sei vielmehr etwas zwischen Schönheit und Hässlichkeit, das auf ihn zutreffe. Da er außerdem offenbar unvollkommen sei, könne er auch kein Gott sein, denn die Götter seien nun mal vollkommen. Eros müsse also etwas zwischen Mensch und Gott sein, ein Dämon, der zwischen Menschen und Göttern vermittle.

„Diese Begierde also und dies Streben nach dem Ganzen nennt man Liebe.“ (Aristophanes, S. 55)

Diotima erwähnte außerdem, dass Eros sehr wohl Eltern habe: Poros (der Gott des Überflusses) und Penia (die Göttin der Armut). Poros sei vom Nektar betrunken gewesen, was Penia für sich auszunutzen gewusst habe, um seinen Samen zu rauben. Daher sei Eros immer arm, und schön sei er auch nicht, sondern struppig und ohne Schuhe. Doch er sei stark und klug und als Philosoph immer auf dem Weg der Weisheit. Aber nie sei sie in seinem Besitz: Er befinde sich immer zwischen Haben und Nichthaben, Wissen und Nichtwissen. Eros sei also weniger das Geliebte (das uns schön und begehrenswert erscheinen muss), sondern vielmehr das Liebende (das nicht notwendigerweise schön sein muss).

„Mein lieber Agathon, wenn du Sokrates antwortest, dann wird es ihm gleichgültig sein, wie die Dinge hier weiter verlaufen, wenn er nur einen hat, mit dem er einen Dialog führen kann, zumal mit einem Schönen.“ (Phaidros, S. 59)

Ein Mensch durchläuft gemäß Diotima in seiner Entwicklung fünf Stadien der Liebe. Zunächst interessiere er sich nur für das Körperliche. Dann gehe er von einem bestimmten Körper zu allen schönen Körpern über. Im nächsten Stadium begreife er, dass der Körper nicht alles sei: Er suche nach einer schönen Seele. Dieser Liebe folge die Liebe zu allem Schönen im Geistigen und in den Sitten. Im vierten Stadium erlange der Mensch die Liebe zu den Wissenschaften und zu den Erkenntnissen, im fünften und letzten liebe er das Schöne an sich. Die Liebe bemühe sich um das Schöne und um die Erzeugung des Schönen, um letztlich zur Unsterblichkeit zu gelangen. Denn nur in der Erzeugung von Neuem könne die Liebe fortleben.

„Denn die Weisheit gehört zu dem Schönsten, Eros aber ist Liebe zu dem Schönen, sodass Eros notwendig ein Philosoph ist.“ (Diotima, S. 85)

Sokrates wird für seine Rede gelobt. Da tritt der betrunkene Jüngling Alkibiades auf. Als er Sokrates entdeckt, wirft er ihm vor, neben dem schönsten Anwesenden – Agathon – zu liegen und außerdem ihm, Alkibiades, nachzustellen. Sokrates unterstellt ihm seinerseits, ihn zu bedrängen. Alkibiades schmückt ihn zur Besänftigung mit Kränzen und Bändern, erklärt sich selbst zum Leiter des Gelages und fordert alle auf, mehr zu trinken. Sogleich macht ein Krug die Runde. Alkibiades kündigt an, eine Lobrede zu halten – nicht auf Eros, sondern auf Sokrates.

Die Rede des Alkibiades

Sokrates ist ein Dämon, der die Menschen betört, wie es sonst nur Flötenspieler tun. Er kann auch mit einem Silen verglichen werden, einem hässlichen Mischwesen aus Pferd und Mensch: Wie dieser ist er äußerlich abstoßend und innen voller goldener Bilder. Alkibiades versuchte einmal, ihn zu verführen, aber Sokrates ging nicht darauf ein. Später zogen sie zusammen in die Schlacht, wo sich Sokrates als außerordentlich tapfer und zäh erwies und Alkibiades aus einer misslichen Lage rettete. Sokrates tritt zwar zunächst als Liebhaber auf, wird dann aber doch zum Geliebten, also zu dem, der sich entzieht.

„Fruchtbar nämlich, Sokrates, sind alle Menschen, sowohl, was ihren Körper, als auch, was ihre Seele angeht, und sobald sie das gehörige Alter erreicht haben, begehrt unsere Natur zu erzeugen. Erzeugen aber kann sie im Hässlichen nicht, sondern nur im Schönen.“ (Diotima, S. 93)

Sokrates antwortet auf diese Rede, dass sie nur dazu da sei, um ihn und Agathon, in den Alkibiades verliebt sei, auseinanderzubringen. Sehr zum Verdruss des Alkibiades legt sich Agathon nun neben Sokrates. Nachtschwärmer kommen herein, und das Trinkgelage geht bis in die frühen Morgenstunden. Sokrates diskutiert weiter und argumentiert, ein Tragödiendichter müsse auch Komödien schreiben können und umgekehrt. In der Früh verlässt er die Gesellschaft, begibt sich ins Lykeion, nimmt dort ein Bad, verlebt dann einen ganz normalen Tag und geht erst am Abend nach Hause.

Zum Text

Aufbau und Stil

Anders als der typische platonische Dialog, in dem Thesen und Gegenthesen geprüft werden, ist das Symposion eine stilisierte Nacherzählung. Berichterstatter ist Apollodoros, der seine Informationen wiederum von Aristodemos, einem der Teilnehmer des Trinkgelages, hat. Der in diese Rahmenhandlung eingebettete Bericht besteht aus einer Abfolge von sieben Reden, dazwischen kommt es zu einigen kurzweiligen Schlagabtauschen.

In den Reden zeigen sich die unterschiedlichen Stile der Sprecher. Sokrates verwendet nüchterne Worte und vertraut ganz der Macht seines Arguments. Einen ähnlichen Stil pflegt Pausanias, er ist aber stärker auf Überzeugung aus. Phaidros lässt sich von jugendlichem Überschwang treiben. Der Arzt Eryximachos gibt den abgeklärten Naturwissenschaftler. Tragödiendichter Agathon wiederum spricht hymnisch, auf Wirkung bedacht, aber inhaltlich eher leer. Komödiendichter Aristophanes erzählt den Mythos von den Kugelwesen und leitet damit die inhaltliche Wende ein: Alles vorher Gesagte ist schöner Schein, erst Sokrates spricht mit den Worten der weisen Diotima die zentrale Erkenntnis des Symposions aus.

Interpretationsansätze

  • Im Mittelpunkt des Symposion steht der Eros – womit zum einen der Gott, zum anderen der menschliche Eros, also Liebe und Sexualität, gemeint sind. Laut Sokrates muss die Liebe immer auf etwas bezogen sein und ist demnach nie vollkommen, sondern auf der Suche nach der Vollkommenheit. Der Eros ist letztlich die Suche nach der Unsterblichkeit, sei es in der Liebe durch Zeugung oder in der Philosophie durch die Erlangung der Weisheit. Er symbolisiert die immerwährende Suche nach Wahrheit und Schönheit.
  • Für die weise Diotima ist die höchste Form des Eros die Zeugung – also gerade nicht die Liebe zwischen homosexuellen Männern. Damit entlarvt Sokrates, der sich auf Diotima bezieht, die gängige Knabenliebe und Homosexualität als Selbstbezug und seine Vorredner als selbstverliebt.
  • Das Pikante an dem Text sind die diversen Liebesbeziehungen zwischen den Rednern. Das bittersüße, eifersüchtige Spiel zwischen Liebenden und Geliebten durchwirkt die ganze Erzählung und stellt zugleich eine der zentralen Ideen des Texts heraus: Liebe ist Suche.
  • Platon war ein Schüler des Sokrates. In seinen Dialogen legt er dem Mentor stets die eigenen Überzeugungen in den Mund. Sokrates redet erst gegen Ende des Trinkgelages. Zunächst führt Platon alle anderen möglichen Meinungen über den Eros auf, bevor er dem Leser seine eigene Ansicht präsentiert.
  • Nietzsche sah das Symposion als Zeichen der Weltflucht: als Flucht vor dem, was ist, in die Welt der Ideen, der Liebe und des Schönen. Andere Autoren halten dem entgegen, dass Platon im Text die Idee der Liebe als Teil seiner Ideenlehre ausformuliert: Ohne eine Vorstellung von Liebe ist keine Liebe möglich.

Historischer Hintergrund

Im Wein liegt Weisheit: Das griechische Symposion

„Gastmahl“ ist eine häufig verwendete, aber irreführende Übersetzung für „Symposion“: Es geht nicht um reichliches Essen, sondern um geselliges Trinken. Doch obwohl Wein und Trunkenheit eine Rolle spielen, ist das Symposion im alten Griechenland nicht mit einem Saufgelage zu verwechseln. Der Rahmen der Handlung war ein kultischer: Es ging darum, dem Gott Dionysos zu huldigen und ihm dadurch nahe zu sein.

„Im Wein liegt Weisheit“ galt auch damals schon, aber nur, wenn ihm kontrolliert zugesprochen wurde. Man wählte einen „Symposiarchen“, der den Ablauf der Reden und des Trinkens festlegte und auf Ordnung achtete. Außerdem wurden Gaukler, Flötenspielerinnen und Komödianten dazugebeten. Von den Teilnehmern wurde Tugendhaftigkeit erwartet, d. h. sie sollten nach dem Gelage allein nach Hause gehen. Zu Beginn versammelten sich alle um den Hausaltar, wuschen sich die Hände, bekränzten sich mit Blumen und Schmuck, brachten Trankopfer dar und sangen Lieder: die Skolien, die oft nur für die Symposien bestimmt waren oder in diesen entstanden.

Ein wichtiger Bestandteil des Symposions war das gelehrte und gewitzte Gespräch, der intellektuelle Austausch der Teilnehmer. Die Reden wurden typischerweise aus dem Stegreif vorgetragen; besonders gern übte man sich darin, treffende Vergleiche zu finden. Auch Rätselspiele waren sehr beliebt. Wie ein Symposion formvollendet abzulaufen hatte, kann in Platons Die Gesetze nachgelesen werden.

Entstehung

Das Symposion entstand um 380 v. Chr., also vor oder gleichzeitig zu Platons eigentlichem Hauptwerk Der Staat. Es gehört zu den so genannten mittleren Dialogen, folgte also auf die frühen Werke, in denen der Philosoph seine Ideenlehre noch nicht in Angriff genommen hatte. Das Symposion ist Teil dieser Lehre, die davon ausgeht, dass das menschliche Denken durch Ideen, also Vorstellungen oder Begriffe, strukturiert wird, wodurch wir überhaupt erst in der Lage sind, etwas in der Welt zu erkennen oder zu begreifen.

Parallel zum Symposion schrieb Platon den Dialog Phaidros, ein weiteres Hauptwerk. Nachdem er sich in vielen Schriften der menschlichen Rationalität gewidmet hatte, ging er im Symposion ganz auf das Gefühl ein. Bereits Platons Onkel Kritias hatte eine Schrift zum gleichen Thema verfasst, die allerdings nicht erhalten ist. Und in einem frühen Dialog, Lysis, hatte sich auch Platon selbst schon ansatzweise mit dem Gott Eros auseinandergesetzt: Dort ging es um das Thema Freundschaft.

Das Gastmahl im Haus des Agathon geht auf ein Ereignis aus dem Jahr 416 v. Chr. zurück, als Agathon mit seinen Freunden in seinem Athener Haus den ersten Erfolg eines Theaterstücks feiern wollte.

Wirkungsgeschichte

Neben Platon verfasste auch der griechische Geschichtsschreiber und Heerführer Xenophon ein Werk mit dem Titel Symposion, wobei die Datierung nicht ganz klar ist. Xenophon war ebenso wie Platon ein Schüler des Sokrates. Das Werk ist Teil von Xenophons so genannten sokratischen Schriften und stark dialogisch aufgebaut – anders als Platons Symposion mit seinen längeren Redeeinschüben. Es ist nicht geklärt, inwieweit sich die Texte von Platon und Xenophon gegenseitig beeinflusst haben. An einigen Stellen scheinen Xenophons Redner die erotischen Hymnen bei Platon zu parodieren. Möglicherweise nahm aber auch Platon auf Xenophon Bezug.

Nach Platon wurden bereits in der Antike viele Symposien verfasst, wenn auch mit anderen Gesprächsthemen, etwa von Epikur, Aristoteles und Plutarch oder, aus römischer Feder, von Kaiser Julian. Auch neuzeitliche Werke lehnen sich an das Symposion an, etwa von Giordano Bruno und Voltaire, und Conrad Ferdinand Meyer ließ sich von Platon zu einem Gedicht inspirieren (Das Ende des Festes).

Der Maler Anselm Feuerbach schuf ein Bild des Platon’schen Symposions. Darauf stellt er den Moment dar, in dem der betrunkene Alkibiades hineinstürmt und von Gastgeber Agathon begrüßt wird, während Sokrates ungerührt weiterdiskutiert – eine eindeutige Stellungnahme gegen den Rausch und für das konzentrierte Gespräch und den Weg zur Weisheit. Sigmund Freud sah den Eros als eine der treibenden Kräfte der Seele und machte dadurch das Symposion in den Wissenschaften bekannt.

Über den Autor

Platon gilt als einer der größten philosophischen Denker aller Zeiten. Zusammen mit seinem Lehrer Sokrates und seinem Schüler Aristoteles bildet er das Dreigestirn am Morgenhimmel der westlichen Philosophie. Platon wird 427 v. Chr. in Athen geboren, als Sohn des Ariston, eines Nachfahren des letzten Königs von Athen. Da Platon aus aristokratischen Kreisen stammt, scheint eine politische Laufbahn vorgezeichnet. Doch die Politik verliert für ihn schnell an Reiz, als er sieht, wie die oligarchische Herrschaft der Dreißig im Jahr 404 v. Chr. Athen unterjocht. Platon betrachtet die Politik von nun an mit einem gewissen Abscheu, sie lässt ihn aber nie ganz los. Er wird ein Schüler des Sokrates, dessen ungerechte Hinrichtung im Jahr 399 v. Chr. ihn stark prägen wird. Fortan tritt Sokrates als Hauptdarsteller seiner philosophischen Schriften auf: 13 Briefe und 41 philosophische Dialoge sind überliefert. Nach der Verurteilung des Sokrates flüchtet Platon zu Euklid nach Megara (30 Kilometer westlich von Athen). Er reist weiter in die griechischen Kolonien von Kyrene (im heutigen Libyen), nach Ägypten und Italien. 387 v. Chr. kehrt er nach Athen zurück und gründet hier eine Schule: die Akademie. Deren Studienplan umfasst die Wissensgebiete Astronomie, Biologie, Mathematik, politische Theorie und Philosophie. Ihr berühmtester Schüler wird Aristoteles. 367 v. Chr. ergibt sich für Platon die einmalige Möglichkeit, sein in seinem Hauptwerk Der Staat entworfenes Politikideal in die Praxis umzusetzen: Er wird als politischer Berater an den Hof von Dionysios II., dem Herrscher von Syrakus, gerufen. Seine Hoffnungen, diesen in der Kunst des Regierens zu unterweisen, zerschlagen sich jedoch. Platon stirbt um 347 v. Chr. in Athen.

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